Betreff
Veränderungen in der Besetzung der Vertretung in Verbänden, Gesellschaften usw./Organstreitverfahren
hier: Antrag zur Übernahme der Gerichtskosten
Vorlage
2010 0675/1
Aktenzeichen
10-022-17.2 Ro/En
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

 

1.       Der Verwaltungsausschuss empfiehlt dem Rat, den unter Ziffer 2 formulierten Be-        schluss zu fassen.

 

2.       Der Rat beschließt, den Antrag von Herrn Dr. Holger Zielonka vom 06.01.2010 zur Übernahme der Gerichtskosten - Kostenrechnung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 05.01.2010 - abzulehnen.

Auf der Basis des Schreibens der SPD-Fraktion/Gruppe SPD/WGS/Grüne vom 16.12.2009 zur beabsichtigten Abberufung von Herrn Dr. Holger Zielonka als Vertreter in der Verbandsversammlung des Unterhaltungsverbandes Nr. 44 „Untere Fuhse“ und in der Verbandsversammlung des Wasserverbandes Nordhannover sowie der Entziehung der Stellvertretung des Beisitzes im Verbandsausschuss des Wasserverbandes Nordhannover wurde die Vorlage 2009 0675 gefertigt.

 

Der vorgesehenen Abberufung widersprach Herr Dr. Holger Zielonka mit seinem Schreiben vom 22.12.2009 - siehe Anlage 1-.

 

Mit dieser Thematik setzte sich die Fachabteilung am 23.12.2009 auseinander. Es wurde ein Aktenvermerk noch an diesem Tage diktiert und mit der Kommunalaufsicht abgestimmt. Gegen Mittag des 23.12.2009 rief Herr Dr. Zielonka in der Fachabteilung an. Ihm wurde in dem Telefonat der Sachverhalt auf der Basis des am 28.12. ausgefertigten Aktenvermerks mitgeteilt (Siehe Anlage 2).

 

Am 28.12.2009 ging sodann das Schreiben des Verwaltungsgerichts Hannover (vorab per Fax) mit gleichem Datum bei der Verwaltung ein, dem a) der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VerwGO und b) der Antrag zur Entscheidung in der Hauptsache beigefügt waren (Anlage 3). In diesem Schreiben wurde dem Bürgermeister, in dieser - den Rat betreffenden Organklage - aufgegeben, dem Verwaltungsgericht eine schriftliche Rückäußerung bis 04.01.2010, 16.00 Uhr zuzuleiten.

 

Mit diesem Antrag beim Verwaltungsgericht war dann zugleich auch die Geschäftsgrundlage des Schreibens von Herrn Dr. Holger Zielonka vom 22.12.2009 (vorletzter Absatz: schriftliche Äußerung bis 04. Januar 2010 an Herrn Dr. Zielonka) entzogen.

 

Am 04.01.2010 wurde dem Verwaltungsgericht die angeforderte Stellungnahme (Anlage 4) zugesandt.

 

Unter dem 06.01.2010 beantragte Herr Dr. Zielonka die Übernahme der Gerichtskosten auf Basis der Kostenrechnung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 05.01.2010 (Anlage 5), über die nunmehr der Rat der Stadt Burgdorf zu entscheiden hat.

 

Die endgültige Entscheidung des Verwaltungsgerichts in dem Streitverfahren zu a) (einstweilige Anordnung) wurde der Stadt Burgdorf unter dem Datum vom 08.01.2010 zugestellt und ist dieser Vorlage als Anlage beigefügt (Anlage 6). Zu der Entscheidung zu b) (Hauptsache) kam es nicht mehr, da Herr Dr. Zielonka mit Erklärung vom 13. Januar 2010 die Klage zurücknahm. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Entscheidung des VG erging unter dem Datum vom 15.01.2010, wurde am 18.01.2010 ausgefertigt und am 20.01.2010 zugestellt. (Anlage 7)

 

 

Stellungnahme zur Übernahme der Gerichtskosten.

 

Hierzu ist eine entsprechende Stellungnahme des Justiziariats - Vermerk vom 14.01.2010 - beigefügt (Anlage 8).

 

Parallel hierzu werden jedoch die folgenden oberverwaltungsgerichtlichen Urteile als Beurteilungsgrundlage mit heranzuziehen sein:

 

1.       OVG Saarland vom 26.05.2008 - AZ 3 A 12/08

Leitsatz:

„Ein Ratsmitglied hat nur im Fall eines offensichtlich gebotenen Verfahrens gegen die Gemeinde Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten.

 

Wenn ein Ratsmitglied in dieser Eigenschaft gegen die Gemeinde einen Prozess beim Verwaltungsgericht führt und verliert, ist es zur Zahlung der Prozesskosten an das Gericht zunächst verpflichtet. Aus dieser finanziellen Belastung des Ratsmitglieds hat die Gemeinde jedoch generell eine Kostenerstattungspflicht, die allerdings nicht uneingeschränkt gilt. Das Gemeinderatsmitglied steht zu der Gemeinde in einem Treueverhältnis und hat bei seinen Handlungen auf das Gemeinwohl Rücksicht zu nehmen. Es muss sich bewusst sein, dass es die Gemeinde grundsätzlich nicht vermögensrechtlich binden kann, in dem es sie in einen Rechtsstreit zieht.

 

Nicht jede vermeintliche Wahrnehmung von gemeindlichen Aufgaben in Form einer Organstreitigkeit kann dazu führen, dass die Gemeinde zur Übernahme der Verfahrenskosten verpflichtet wäre.

 

Eine Erstattungspflicht besteht nur, wenn die Einleitung des Verfahrens tatsächlich geboten gewesen ist.“

 

Beschluss des BWVGH vom 01.09.1992 - 1 S 506/92

 

Leitsatz:

Unzulässigkeit einer Feststellungsklage im Rahmen kommunalverfassungsrechtlicher Streitigkeit (hier: Eilentscheidung des Bürgermeisters).

 

Ein Mitglied des Gemeinderats kann eine möglicherweise rechtswidrige Eilentscheidung des Bürgermeisters nicht mit einer kommunalverfassungsrechtlichen Feststellungsklage angreifen.

 

Aus den Gründen: (teilweise)

 

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klage, mit der der Kläger die Feststellung begehrt, dass die vom beklagten Oberbürgermeister getroffene Eilentscheidung rechtswidrig gewesen ist, als unzulässig abgewiesen. Im Einklang mit der Rechtssprechung des Senats (Urt. v. 14.12.1987 - 1 S 2832/86 -, NVwZ - RR 1989, 153; Urt. v. 24.02.1982 - 1 S 2249/91 -, DVBl. 1992, 981) hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es sich im vorliegenden Fall um einen kommunalverfassungsrechtlichen Organstreit in der Form der Feststellungsklage handelt. Eine solche erweist sich indes auch nur dann als zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch ein anderes Organ oder Organteil eine eigene Rechtsverletzung erfahren zu haben. Eine Klagebefugnis wäre daher nur dann gegeben, wenn der Kläger dartun kann, durch die gerügte Eilentscheidung des Beklagten unmittelbar in seinen eigenen Mitgliedschaftsrechten betroffen zu sein.

 

 

2.         OVG Lüneburg - Beschluss des OVG vom 08.12.1970 - V A 106/70 -

            OVGE 27, 351 = DÖV 1971, 280

 

            Leitsatz:

            In kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeiten sind nur solche Klagen zulässig, in denen geltend gemacht wird, der Kläger sei in seinen Rechten beeinträchtigt.

 

 

3.         OVG Saarlouis - Beschluss vom 05.10.1981 - 3 R 87/80 - AS 17, 52 = NVwZ 1982, 140

 

1.   Die durch eine kommunalverfassungsrechtliche Organstreitigkeit entstehenden Verfahrenskosten hat die Gemeinde zu erstatten, und zwar auch dann, wenn nicht nur ein Organ, sondern ein einzelnes Gemeinderatsmitglied den Rechtsstreit führt, sofern die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens geboten, d. h., es nicht mutwillig aus sachfremden Gründen in Gang gesetzt worden war.

 

2.   Die Erstattungspflicht umfasst auch die außergerichtlichen Kosten, die Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt jedoch nur, wenn die Vertretung von dem Betroffenen nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich gehalten werden durfte.

 

3.   Mutwillig erhoben ist die Klage beispielsweise dann, wenn eine verständige Partei, die die Kosten selbst tragen müsste, von einem Prozess absehen würde oder wenn auf eine Vorklärung der Streitfrage im Kommunalbereich grundlos verzichtet worden ist oder wenn an der Klärung zwar ein allgemeines Interesse besteht, die Frage aber im konkreten Sachzusammenhang ohne Bedeutung ist.

 

4.   Diese Grundsätze für eine Erstattung von Prozesskosten gelten auch bei einer von Gemeinderatsmitgliedern erhobenen Klage gegen eine die Anfechtung einer Bürgermeisterwahl zurückweisende Entscheidung der Kommunalaufsichtsbehörde.

 

 

Hinzuweisen ist darauf, dass es nach meiner Einschätzung nicht einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung im vorliegenden Fall bedurft hätte.

 

Hier hätte es genügt, die Ratsentscheidung abzuwarten, hiernach durch das betroffene Ratsmitglied, Herrn Dr. Holger Zielonka, einen entsprechenden Einspruch einzulegen und diesen als Organstreitverfahren durch die Verwaltung mittels Vorlage für den Rat vorzubereiten und dazu dann letztendlich eine endgültige Entscheidung durch den Rat - ggf. bei gleichzeitiger Beteiligung der Kommunalaufsicht - treffen zu lassen. In diesem Verfahren hätten dann auch die rechtlichen Argumente sowohl von Seiten der Verwaltung als auch von Seiten der Kommunalaufsicht ausgetauscht werden können, ohne ein kostenträchtiges gerichtliches Verwaltungsstreitverfahren in Anspruch nehmen zu müssen.

 

In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die zuvor zitierten OVG Urteile verwiesen (OVG Saarland v. 26.05.2008/OVG Saarlouis v. 05.10.1981 - hier insbesondere Ziffer 3 und OVG  Lüneburg vom 08.12.1970).

 

Auch ist zu erwähnen, dass das VG Hannover in seinem Beschluss vom 08. Januar 2010 darauf hingewiesen hat, dass der Kläger, Herr Dr. Holger Zielonka, nicht in eigenen ihm persönlich zustehenden Mitgliedschaftsrechten handelnd tätig ist, sondern es sich hier um die Wahrnehmung öffentlicher Interessen der Gemeinde handelt (Seite 3 Absatz 2 des Beschlusses).

 

Auf die zuvor zitierten Urteile BWVGH vom 01.09.1992 und OVG Lüneburg vom 08.12.1970 wird in diesem Zusammenhang hingewiesen.

 

Unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der eindeutigen Rechtssprechung auf Ebene der Oberverwaltungsgerichte kann aus meiner Sicht gesehen der Antrag auf Kostenübernahme vom 06.01.2010 nicht befürwortet werden.