Betreff
Bebauungsplan Nr. 4-07 "Hornweg"
- erneuter Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs.1 BauGB
Bezug: Vorlage BV 2023 0392
Vorlage
BV 2023 0573
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage
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Beschlussvorschlag:

 

Der Beschluss zur Aufstellung Bebauungsplans Nr. 4-07 „Hornweg“ im Ortsteil Schillerslage wird erneut gefasst.

 

Ziel ist die Abrundung des nördlichen Ortsrandes von Schillerslage durch Wohnbebauung.

 

Der geplante Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst die in der Anlage umgrenzten Flächen.

 

Die Verwaltung wird aufgefordert, mit dem noch zu erstellenden neuen Vorentwurf des Bebauungsplans die frühzeitige Beteiligung der Behörden nach § 4 Abs. 1 BauGB durchzuführen und diesen Vorentwurf den politischen Gremien im Nachgang zur Kenntnis zu geben.

 

Sachverhalt und Begründung:

 

Mit Urteil Nr. 59/2023 vom 18. Juli 2023 hat das Bundesverwaltungsgericht BVerwG in Leipzig entschieden, dass Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b Satz 1 BauGB ohne Umweltprüfung überplant werden dürfen, weil dies nach Ansicht des Gerichts gegen Europarecht verstößt.

 

Folglich darf § 13b BauGB für die Schaffung von Baurechten nicht (mehr) angewendet werden.

 

Das Bebauungsplanverfahren für den Bebauungsplan Nr. 4-07 „Hornweg“, Schillerslage, wurde bislang nach diesem § 13b BauGB betrieben.

 

Hintergrund hierfür war die sehr geringe Flächengröße des Plangebiets und der Umstand, dass im § 13b-Verfahren keine Umweltprüfung erforderlich war, der Eingriff in Natur und Landschaft nicht ausgeglichen und der Flächennutzungsplan nicht geändert werden musste, sondern dieser im Weg der Berichtigung lediglich angepasst werden konnte.

 

Nachdem im Frühjahr dieses Jahres die öffentliche Auslegung nach § 3 (2) BauGB sowie die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 (2) BauGB erfolgt war, sollte nun eigentlich der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan erfolgen (Ortsrat Schillerslage 07.09.2023, A-USB 25.09.2023, VA 10.10.2023, Ratsbeschluss 16.11.2023).

 

Dies ist nun nicht mehr möglich.

 

Dies ist auch deswegen sehr bedauerlich, weil im bisherigen Planverfahren für den Bebauungsplan 4-07 „Hornweg“ Umweltbelange eine sehr große Rolle gespielt und maßgeblich zur Formulierung der getroffenen Festsetzungen beigetragen haben (sehr geringe Grundflächenzahl GRZ, Festsetzung von Anpflanzungen, Berücksichtigung des Baumbestands mittels Festlegung von Zufahrtsbereichen sowie Verlegung der Trinkwasserleitung, klimaoptimierte Positionierung der Baukörper etc.). Es ist daher keineswegs so, dass – wie das Bundesverwaltungsgericht unterstellt – in §13b-Verfahren automatisch mit Umweltbelangen in europarechtlich bedenklicher Weise umgegangen wird:

 

Im Fall des Bebauungsplans 4-07 „Hornweg“ fand durchaus eine Art Umweltprüfung statt (siehe bisherige Anlagen 1, 2 und 5), wenn auch nur in sehr einfacher Weise. Auch die Darstellung dieser Belange in der Begründung zum Plan hat stattgefunden, nur eben nicht in der ausführlichen und sehr formellen Form eines Umweltberichts gemäß § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB.

 

Allerdings ist nicht zu erwarten, dass der Bundesgesetzgeber § 13b BauGB kurzfristig dahingehend novelliert, dass 13b-B-Pläne, die a) nachgewiesenermaßen die Umweltbelange geprüft, b) diesen Umweltbelangen ein hohes Gewicht eingeräumt und c) dies auch dokumentiert haben (wie der eigentlich kurz vor dem Satzungsbeschluss stehende Bebauungsplan 4-07 „Hornweg“), europarechtlich einwandfrei zur Rechtskraft gebracht werden können.

 

Daher stehen nun drei alternative Optionen zur Wahl:

 

1.    Fortsetzung der Planung im sog. „Normalverfahren“, d.h. Wiederholung (nahezu) des gesamten Verfahrens

Hierfür stünden folgende Arbeitsschritte an:

1.1. Bilanzierung des ökologischen Eingriffs sowie Ausgleich desselben mittels Festsetzung von Flächen und Maßnahmen für den ökologischen Ausgleich,

1.2. dementsprechend Vergrößerung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans und erneuter Aufstellungsbeschluss nach § 2 BauGB

1.3. Durchführung einer Umweltprüfung und Erstellung eines Umweltberichts,

1.4. zuvor: Wiederholung (zumindest) des frühzeitigen Beteiligungsverfahrens nach § 4 (1) BauGB, um den Umfang und den Detaillierungsgrad der Umweltprüfung fachlich mit den Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange abzustimmen.

1.5. Wiederholung der öffentlichen Auslegung nach § 3 (2) BauGB und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 (2) BauGB

1.6. Zugleich Änderung des Flächennutzungsplans im „Normalverfahren“, d.h.
- frühzeitige Beteiligungen nach §§ 3 (1) und 4 (1) BauGB;
- Durchführung Umweltprüfung und Erstellung Umweltbericht
- Beteiligung nach §§ 3 (2) und 4 (2) BauGB
- Feststellungsbeschluss
- Genehmigung durch die Region Hannover
Die Verwaltung prüft derzeit, ob das FNP-Änderungsverfahren im vereinfachten Verfahren nach §13 BauGB betrieben werden kann; die frühzeitigen Beteiligungsverfahren und die Umweltprüfung samt Umweltbericht entfielen dann. Hierzu ist die Verwaltung derzeit mit der zuständigen Genehmigungsbehörde, der Region Hannover im Gespräch.

1.7. Erst nach Genehmigung der FNP-Änderung kann der B-Plan in Kraft treten.

 

oder

 

2.    Erstellung einer Satzung nach § 34 (4) Nr. 3 BauGB (sog. Ergänzungs- oder Abrundungssatzung)

Hierfür stünden folgende Arbeitsschritte an:

2.1. Bilanzierung des ökologischen Eingriffs sowie Ausgleich desselben mittels Festsetzung von Flächen und Maßnahmen für den ökologischen Ausgleich,

2.2. Wiederholung der öffentlichen Auslegung nach § 3 (2) BauGB und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 (2) BauGB

2.3.  (absehbar) hier keine FNP-Änderung erforderlich (gemäß Arbeitshilfe des dt. Instituts für Urbanistik difu zu den Satzungen nach BauGB: „Die Darstellung als Fläche für die Landwirtschaft steht der Satzung … regelmäßig nicht entgegen“).

Hintergrund hierfür ist wohl, dass zu einer Satzung nach § 34 (4) Nr. 3 BauGB im Gesetzestext kein Verweis auf § 8 (2) BauGB (erforderliche Entwicklung aus dem FNP) erfolgt; die Satzung muss lediglich „ mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar“ sein. Dies ist vorliegend der Fall.
Überdies gibt es entsprechende Rechtsprechung und Kommentierungen:
„Handelt es sich lediglich um Randflächen, kann noch von einem „Entwickeln ausgegangen werden, andernfalls wird diese Grenze überschritten (vgl. BVerwG Beschluss vom 26.02.1999 – 4 CN 6/98; im Nachgang VGH Mannheim Urteil vom 02.02.2001 – 3 S 1000/99 - , der den Verstoß gegen das Entwicklungsgebot bei einem reinen Wohngebiet mit 28 Bauplätzen im Falle einer im Flächennutzungsplan angelegten Dominanz landwirtschaftlicher Flächen als i.S. des § 214 Abs. 2 Nr. 2 unbeachtlich ansieht).“

(ERNST /ZINKAHN /BIELENBERG/ KRAUTZBERGER: BAUGESETZBUCH – KOMMENTAR; 149. ERGÄNZUNGSLIEFERUNG, MÜNCHEN 2023, § 8 BauGB, Rn 37)

 

In einer Ergänzungs- oder Abrundungssatzung dürfen einzelne Festsetzungen wie in einem Bebauungsplan getroffen werden.

Die Vielzahl der im vorliegenden Fall zu treffenden Festsetzungen aufgrund der erforderlichen Beachtung einer Vielzahl unterschiedlicher Belange spricht allerdings eher gegen die Zulässigkeit einer solchen Satzung im vorliegenden Fall!

 

 

oder

 

3.    Einstellung der Planungsabsichten: Keine Bebauung

-      Keine Bearbeitungsschritte erforderlich

 

Im Falle einer Entscheidung gemäß o.g. Nr. 1 (Neubeginn des Verfahrens) ergeben sich folgende Überlegungen:

 

·         Zunächst ist eine ökologische Eingriffsbilanzierung sowie eine Konzeption für den ökologischen Ausgleich zu erstellen. Zudem sollte eine Entwurfsfassung für den nun erforderlichen Umweltbericht erstellt werden.

·         Auf dieser Basis ist der bisherige Bebauungsplanentwurf als neuer Vorentwurf zu ergänzen, und es sollte auf dieser Basis (zumindest) die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange (erneut) nach § 4 (1) BauGB erfolgen, um den Umfang und den Detaillierungsgrad der Umweltprüfung fachlich abzustimmen (theoretisch könnte dieses „Scoping“ auch ohne die genannten Unterlagen erfolgen, die Rückmeldungen werden dann nur wenig Aussagekraft haben).

·         Die genannten Unterlagen werden aber zur Sitzung des Ortsrates Schillerslage am 07.09.2023 nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt werden können.
Demzufolge könnte sich der Ortsrat Schillerlage erst in seiner Sitzung am 02.11.2023 mit dem neuen Vorentwurf des Plans befassen, der A-USB am 07.11.2023 und der VA am 14.12.2023.

·         Die Beteiligung nach § 4 (1) BauGB würde dann vom 27.11.23 bis Ende Dezember 2023 erfolgen.

·         Eine überarbeitete Entwurfsfassung für die Wiederholung der öffentlichen Auslegung nach § 3 (2) BauGB und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 (2) BauGB wäre demzufolge unter Umständen zur geplanten darauffolgenden Sitzung des Ortsrates Schillerslage am 08.02.2024 fertiggestellt (sofern keine neuen Schwierigkeiten auftreten und die Ausarbeitung des neuen Entwurfs innerhalb der ersten beiden Januar-Wochen 2024 gelänge). Sofern am 12., 13, 15. oder 19.02. eine Sitzung des A-USB stattfindet (Sitzungskalender 2024 ist noch nicht fertig), könnte der VA am 20.02.2024 entscheiden, und die öffentliche Auslegung einschließlich Behördenbeteiligung könnte vom 04.03. bis 04.04.2024 erfolgen.
Falls die Ausarbeitung des neuen Entwurfs dagegen nicht innerhalb der ersten beiden Januar-Wochen 2024 gelänge, könnte der Orstrat Schillerslage erst in seiner Mai-Sitzung über den Entwurf beraten (VA dann 28.05.2034, erneute öffentlichen Auslegung dann vom 10.06. bis (mindestens) 10.07.2024 (Sommerferien!).

·         Frühester Termin für den Satzungsbeschluss des Rates ist demnach

entweder der 13.06.2024 (Ortsrat Schillerslage 02.05.2024 plus anschließende Sitzungsfolge A-USB und VA), vorher nicht, da für den Ratstermin am 18.04.2024 kein ausreichend langer zeitlicher Vorlauf vorhanden ist,

oder der 24.10.2024 (Ortsrat Schillerslage 19.09.2024 plus anschließende Sitzungsfolge A-USB und VA).

·         Eine ähnliche Zeitabfolge ergibt sich für die parallel verlaufende Änderung des Flächennutzungsplans bzw. es bietet sich an, den Bearbeitungsschwerpunkt auf diese FNP-Änderung zu legen (mit Feststellungsbeschluss des Rates zur FNP-Änderung (frühestens) am 13.06.2024 – Sitzungsfolge wie oben beim B-Plan) und aufgrund der ohnehin gegebenen Genehmigungsdauer der FNP-Änderung durch die Region Hannover von einem Monat den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan für den Herbst 2024 anzupeilen.

 

Vor dem Hintergrund dieser wenig akzeptablen langen Verfahrensdauer schlägt die Verwaltung folgende alternative Vorgehensweise vor:

 

A)     Beratung über die Fortführung des Verfahrens und eines erneuten Aufstellungsbeschlusses mit erweitertem Geltungsbereich (für die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen) in Sitzung des Ortsrates Schillerslage am 07.09.2023 sowie anschließend im A-USB und VA.
Überarbeitete Vorentwurfsunterlagen (mit Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung, Umweltbericht etc.) werden aber bis dahin nicht rechtzeitig fertiggestellt sein können!

B)     Die genannten Vorentwurfsunterlagen (mit Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung, Umweltbericht etc.) werden parallel schnellstmöglichst erstellt, um das wiederholte Verfahren nach § 4 (1) BauGB („Scoping“) beginnen zu können, allerdings ohne entsprechenden politischen Beschluss zu einem überarbeiteten Vorentwurf (VA wäre erst am 10.10.2023), sondern als Geschäft der laufenden Verwaltung.
Stattdessen würden die Vorentwurfsunterlagen den Gremien dann nachträglich z.K. gegeben. Begründung für dieses Vorgehen: Die Gremien haben wiederholt ihr Interesse an einer zügigen Planbearbeitung geäußert.
Die vorliegende Beschlussvorlage ist daher um eine entsprechende Ermächtigung ergänzt worden, dass die Verwaltung ausnahmsweise ohne zuvor politisch diskutierte Planunterlagen die frühzeitige Beteiligung der Behörden durchführt.

C)     Das wiederholte frühzeitige Beteiligungsverfahren nach § 4 (1) BauGB könnte in diesem Fall ca. Mitte September bis Mitte Oktober 2023 durchgeführt werden, nach zügiger Erarbeitung eines neuen Vorentwurfs einschließlich Eingriffs-Ausgleichs-Bilanzierung und Vorentwurf des erforderlichen Umweltberichts.

D)    Die Verwaltung prüft derzeit in Abstimmung mit der Region Hannover, ob der Flächennutzungsplan im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB geändert werden kann (Arbeitstitel: 67. Änderung des FNP).

E)     In diesem Fall ergäbe sich folgender Zeitablauf:

-      Verfahren nach § 4(1) BauGB: abgeschlossen Mitte Oktober 2023

-      Verfahren nach §§ 3(2) (öffentliche Auslegung und 4(2) (Behördenbeteiligung) BauGB: Ende November bis Ende Dezember 2023 (B-Plan und FNP-Änderung)

-      Satzungsbeschluss B-Plan und Feststellungsbeschluss FNP-Änderung jeweils am 22.02.2024, aber nur, wenn im vorgenannten Beteiligungsverfahren keine neuen Hindernisse mit erhöhtem Bearbeitungs- und Abwägungsaufwand auftauchen;
andernfalls 13.06.2024
(der Ratstermin 18.04.2024 kann leider nicht genutzt werden, es sei denn es fänden im unmittelbaren Vorfeld Sitzungen des ORS und des A-USB statt).

-      Erst nach Genehmigung der FNP-Änderung durch die Region Hannover (Dauer: 1 Monat) kann dann der B-Plan in Kraft gesetzt werden.
Nach Lage der Dinge wird der Vertrag mit dem derzeitigen Flächeneigentümer zum 30.04.2024 unwirksam! Ein Satzungsbeschluss bzw. die Genehmigung der FNP-Änderung durch die Region Hannover ist daher möglichst vor Ende April 2024 anzustreben. Ansonsten müsste mit dem derzeitigen Flächeneigentümer ein neuer Vertrag geschlossen werden.
Ideal wäre daher, die entsprechenden Beschlüsse wie oben dargestellt in der Ratssitzung im Februar 2024 fassen zu können.

 

Anlage: erweiterter Geltungsbereich des Bebauungsplan Nr. 4-07 „Hornweg“

 

(Pollehn)