Anliegende Informationen erhalten Sie zur
Kenntnis.
Anlass
In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt
und Verkehr am 23.01.2014 wurde auf Antrag der Ratsfraktion Bündnis 90/Die
Grünen vom 12.01.2014 (Vorlage 2014 0544) die Verwaltung aufgefordert, die
derzeitige Pflegepraxis der öffentlichen Grünflächen in einer Vorlage darzustellen.
Umwandlung
von Bodendeckerflächen
Auslöser für den Antrag war die Umwandlung
von Bodendeckerflächen in Rasenflächen (Mitteilungs-Vorlage 2013 0486). Bei
diesen handelt es sich jedoch nicht um „Hecken“, wie in der Ausschusssitzung
angemerkt, sondern i. d. R. um bis zu ca. 50 cm hohe nicht heimische
bodendeckende Gehölze, die sich zumeist zwischen Straße und Gehweg oder
zwischen Parkflächen befinden (s. Abbildung 1 – 4 in der Anlage).
Diese sind aufwändig zu pflegen, da sie
regelmäßig an allen Seiten zurückgeschnitten werden müssen und das Wildkraut
nur schwierig zu entfernen ist, was aufgrund des Arbeitsaufwandes nur ein- bis zweimal
im Jahr möglich ist. Dadurch sehen die Flächen schnell ungepflegt aus.
Gleichzeitig sammelt sich hineingeworfener oder –gewehter Müll, der aufwändig
zu entfernen ist und den ungepflegten Eindruck verstärkt. Verschärft wird die
Situation durch den Umstand, dass seit 2011 keine gesonderten Kräfte für das Sammeln
des Mülls im Stadtgebiet mehr zur Verfügung stehen.
Aufgrund der geringen Höhe und der
regelmäßigen Beunruhigung dieser Flächen durch den anliegenden Verkehr (Autos,
Fahrradfahrer, Fußgänger) dienen sie weniger Vögeln als Kleinsäugern und
Insekten als Lebensraum.
Die Ansaat der Flächen soll mit einer
kräuterreichen Rasenmischung erfolgen. Die Flächen werden in einem Abstand von
ca. 6 – 8 Wochen gemäht, d. h. ca. 4 – 5 mal pro Jahr. Eine höhere Mahdfrequenz
ist aufgrund der Vielzahl der Flächen nicht möglich. Dadurch können sich
verschiedene Kräuter entwickeln, die zu wechselnden Blühaspekten führen.
Nachweislich ist die Pflege der
Rasenflächen trotz der höheren Frequenz zeitlich deutlich weniger aufwändig als
die manuelle Pflege der Bodendeckerflächen. Zudem sammelt sich weniger Müll auf
den Flächen.
Der Großteil der zur Umwandlung
vorgesehenen Flächen liegt so, dass es keine direkten Anlieger gibt (z.B.
Niedersachsen- und Berliner Ring, Marris-Mühlenweg, Am Güterbahnhof), die sich
den Flächen so „zugehörig“ fühlen, dass eine Pflegepatenschaft, die sich auch
nur schwerlich realisieren lässt, aus dem Interesse einer gepflegten
Eingangssituation in Frage käme.
Grundsätzliche
Gestaltungs-/Pflegleitlinien
Straßenbegleitgrün
Gestaltung
Flächen im Straßenseitenraum entlang von
Straßen und an Parkplätzen werden als Rasenflächen angelegt. Bei Neuanlagen
wird darauf geachtet, artenreiche Ansaatmischungen zu verwenden, sodass sich
zwischen den Mähgängen auch Blühaspekte entwickeln können und Blüten
nektarsammelnden Insekten Nahrung bieten. In die Rasenflächen werden, soweit es
die Platzverhältnisse und Leitungsverläufe zulassen, einzelne Solitärsträucher
und Bäume – nach Möglichkeit mit Blüh- und/oder attraktivem Herbstfärbungsaspekt
– gepflanzt. Zusätzlich werden an repräsentativeren Stellen oder in langgezogenen,
schmalen Streifen, die keine Bepflanzung zulassen, Blumenzwiebeln eingesetzt
(s. Fotos 5 und 6 in der Anlage).
An ausgewählten, repräsentativen Stellen
werden in größeren Beeten zusätzlich Bodendeckerrosen verwendet (z.B.
Bahnhof-/Marktstraße).
Da die Flächen im unmittelbaren Umfeld der
Bäume und Solitärsträucher nur einmal jährlich gemäht werden, um
Rindenverletzungen zu vermeiden und zeitaufwändige Arbeitsprozesse zu
reduzieren, wird seit 2012 getestet, bei Einebnung der Gießränder (ca. im 3. –
4. Standjahr) eine mehrjährige Staudenmischung anzusäen, um Blühinseln zu entwickeln.
Derzeit sind verschiedene Saatmischungen in der Erprobung (Beispiel s. Fotos 17
u. 18 in der Anlage).
Einen Sonderstatus bzgl. der Gestaltung
haben die Flächen am Hauptbahnhof/ZOB, die im Zuge der Umgestaltung als
Staudenflächen angelegt wurden (s. Fotos 13 u. 14 in der Anlage).
Pflege
·
Mahd der Rasenflächen alle 6 – 8 Wochen = 4 – 5
mal/Jahr
·
Mahd im Umfeld von Gehölzen, an Pollern,
Gebäudekanten – 1 mal/Jahr
Anmerkung: Im Straßenseitenraum
besteht beim Einsatz von Freischneidern, die für die Beseitigung von höherem Aufwuchs
an Kanten und für Rasenmäher nicht zugänglichen Stellen verwendet werden, eine
erhöhte Gefahr von Schäden durch Steinschlag. Seit kurzem wird ein anderer Mähkopf
für Freischneider mit gegenläufigen Messern eingesetzt, der das
Steinschlagrisiko minimiert. Jedoch mit der Folge, dass nicht bis unmittelbar
an das Hindernis herangearbeitet werden kann, sondern 1 – 2 cm Abstand gehalten
werden muss, sodass hier vereinzelt höherer Aufwuchs nicht erfasst werden kann.
Grünanlagen
Gestaltung
Bei der Neuanlage größerer Grünanlagen
waren in den vergangenen Jahren in der Regel zwei Aspekte zu kombinieren:
Naherholungsfunktion und Kompensation für Baumaßnahmen (z.B. Grünanlage am
Gewerbepark Nordwest). Daher kommen hier ausschließlich standortheimische
Gehölze zum Einsatz. Es entstehen dichte Gehölzpflanzungen sowie extensiv
gepflegte Wiesenflächen, die mit artenreichen Wiesenmischungen angesät sind.
(s. Fotos in der Anlage). Geh- und Radwege machen die Anlagen erlebbar.
Auch bei kleineren Grünanlagen wird eine
abwechslungsreiche Gestaltung angestrebt. Je nach zur Verfügung stehender
Fläche werden auch hier Strauchpflanzungen, Einzelbäume und Wiesenflächen
angelegt. Bei zu kleinen Flächen bzw. zu schmalen Streifen können keine
extensiv gepflegten Wiesen angelegt werden, da entlang der Wege ca. 0,5 m
breite Streifen häufiger gemäht werden müssen, um ein witterungsbedingtes Umkippen
der höheren Gräser und Kräuter auf die Wege zu verhindern.
Pflege
·
Gehölze: bedarfsgerechter Rückschnitt (Lichtraum,
Sichtdreiecke, Einwuchs in Wege, Strauchflächen: Verjüngung durch
abschnittweises auf den Stock setzen ca. alle 10 – 15 Jahre)
·
Rasen-/Wiesenflächen:
o
Besonders Intensiv genutzte Flächen:
Ausschließlich einige große Rasenflächen im Stadtpark: wöchentliche bis
14tägige Mahd mit Großflächenmäher – In Absprache mit dem NABU werden auch dort
je nach Aufwuchs an wechselnden Stellen niedrige Blühinseln (Klee,
Gänseblümchen, Hahnenfuß u.ä.) über Zeiträume von 1 – 2 Mahdintervallen erhalten.
o
Durchschnittlich genutzte Flächen bzw.
Wegeseitenräume innerhalb extensiver Wiesen: alle 6 – 8 Wochen = 4 – 5 mal pro
Jahr
o
Extensive Wiesenflächen: 1 – 2 mal pro Jahr
o
Randbereiche Gehölzflächen, Baumumfeld: Mahd 1
mal pro Jahr
·
Ausnahme Stadtpark: Diese größte innerstädtische
Grünanlage ist ein vielfältiges Mosaik unterschiedlichster Flächen, die je nach
Nutzung sehr unterschiedlich gepflegt werden: wöchentlich (s. oben) in
Bereichen, die intensiv durch Spaziergänger und Veranstaltungen genutzt werden
bis Mahd alle zwei Jahre in Bereichen mit besonderer Lebensraumfunktion.
Hierfür wurde u.a. der Pflege- und Entwicklungsplan erarbeitet.
·
Insgesamt besteht ein enger Austausch mit dem
NABU (s. z.B. Blühinseln, Nistkästen, Kopfbäume und Infotafeln im Stadtpark
oder Fledermausröhre in der Grünanlage am Gewerbepark Nordwest), dessen
Anregungen und Hinweise soweit möglich in die tägliche Arbeit des
Gärtnerbauhofs mit einfließen.
Allgemeine Hinweise
Die Pflege öffentlicher Grünflächen hat
sich im Laufe der Zeit aufgrund der sich ständig verändernden Bedingungen wie technische
Möglichkeiten (Maschineneinsatz), haushaltspolitischer Vorgaben
(Sparmaßnahmen), gesetzlicher Vorgaben (Verbot von Spritzmitteln,
Verkehrssicherungspflicht, Anlage von Kompensationsflächen), neuerer wissenschaftlicher
Erkenntnisse und veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (weniger
„ordentlich“, Berücksichtigung ökologischer Aspekte) ständig verändert und wird
es wahrscheinlich auch weiterhin tun.
Die vielfältigen, sich zum Teil
wiedersprechenden Anforderungen an ästhetischen Anspruch mit gutem
Pflegestandard bei gleichzeitiger Berücksichtigung von ökologischen Aspekten
und Betreuung von einer immer größeren Anzahl von Flächen bei gleichbleibendem
Personalstamm lassen sich nicht alle immer und überall erfüllen.
Die dargestellte Pflegepraxis versucht
möglichst vielen der Ansprüche gerecht zu werden. Durch Fachliteratur und
Fortbildungen werden die wissenschaftlichen Entwicklungen sowie das Vorgehen
anderer Kommunen verfolgt und wenn für sinnvoll erachtet auch angewandt. So hat
sich z.B. die Praxis bei der Pflanzvorbereitung für Straßenbäume in den
vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Für die Pflanzung werden im Straßenraum
getestete Sorten verwendet (z.B. Amberbaum „Paarl“ Bahnhof- u. Poststraße,
Spitzahorn „Columnare“ Marktstraße), .
Zu den auf den Kreiseln verwendeten
Blühmischungen oder die blütenreichen Wiesenmischungen finden sich auch vielfach
Berichte anderer Kommunen in Fachzeitschriften wieder.
Einige der neuen Erkenntnisse oder
Versuche der Pflegeumstellung (z.B. Ansaat der Baumscheiben) müssen zunächst
auf Praxistauglichkeit getestet und ggf. angepasst werden. Diese Umstellungen
erfolgen schrittweise. Insofern ist die Pflegepraxis ständig im Fluss und jede
Darstellung nur eine Momentaufnahme.
Erfahrungen
mit Pflege durch Anwohner / „Paten“
Die bisherigen Pflegezusagen für Flächen ,
die von Firmen/Sponsoren übernommen wurden, sind nur unzureichend bis gar nicht
eingehalten worden. Die Bereiche mussten dann doch von städtischen Mitarbeitern
gepflegt (z.B. Beet an Querungshilfe Immenser Straße (im Zuge Bau KVP Schwarzer
Herzog entfallen)) oder müssen wieder eingeebnet werden (z.B. Beet an
Ortseingang Hülptingsen).
Bei den im Rahmen des
Spielplatzkonsolidierungskonzeptes in 2004 beworbenen Spielplatzpatenschaften
konnte nur für einen Spielplatz eine Patenschaft abgeschlossen werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass offizielle
Patenschaften von Privatpersonen für Grünflächenpflege auf öffentlichen Flächen
einen erheblichen verwaltungstechnischen Aufwand nach sich ziehen: Die Paten
sind beim kommunalen Versicherungsträger mitzuversichern und müssten nach
dessen Vorgabe auch die Auflagen der Berufsgenossenschaft bei der Ausübung der
Pflegetätigkeit erfüllen und entsprechend eingewiesen werden (Sicherheitsschuhe,
Handschuhe, ggf. Gehörschutz usw.).
Bei einer größeren Anzahl bzw. häufig
wechselnden Patenschaften kann dies von der Verwaltung nur mit zusätzlichem
Personal gleistet werden.
Zu bedenken ist, dass die meisten
Anlieger, die an der Übernahme einer Pflege des öffentlichen Grüns interessiert
sind, im Wesentlichen an einem „ordentlichen“ Eindruck der Flächen an ihrem
Grundstück interessiert sind. Das bedeutet i.d.R. häufige (wöchentliche –
14tägige) Mahd und/oder einzelne Pflanzen mit gehacktem und geharktem Boden dazwischen),
was aus ökologischer Sicht und überwiegend auch aus gestalterischer Sicht nicht
wünschenswert ist.
Pflege ohne offizielle Patenschaft wird
seitens der Stadt weitgehend toleriert (Rasenmahd, kleinflächiges Pflanzen
krautiger Blumen u.ä.).
An einigen Stellen kommt es aber zum Teil
bereits jetzt vor, dass Anwohner durch das Entfernen von Graswuchs in Straßenseitenstreifen
Stolperkanten am Übergang zu befestigten Flächen verursachen.
Resümee
Aus Sicht der Verwaltung sind die bestehenden
Pflege- und Gestaltungsgrundsätze den Erfordernissen gut angepasst. Sie
kombinieren möglichst geringen Pflegeaufwand mit ansprechender Optik
(Blühaspekte über Gehölze, Blumenzwiebeln, Blühmischungen) unter Einbeziehung
ökologischer Aspekte (extensive Mahd großer Wiesenflächen und Baumscheiben mit
artenreichen Ansaaten und standortheimische Gehölzpflanzungen).
Anregungen aus der Fachliteratur werden
aufgenommen und ggf. kleinflächig getestet, um ihre Tauglichkeit für weitere
Flächen zu prüfen (z.B. Ansaat von Baumscheiben mit Staudenmischungen,
Pflanzung von Rosa rugosa im Einflussbereich von Streusalz).
Das vorhandene Pflegekonzept ist aus Sicht
der Verwaltung praxisnah und wird in der täglichen Abwicklung laufend auf
mögliche Verbesserungsmöglichkeiten überprüft.
Derzeit wird die Anschaffung eines
Programms für die Anlage eines Grünflächenkatasters vorbereitet. Ab 2015 sollen
innerhalb der nächsten ca. 6 Jahre nach und nach Flächenaufnahmen der Ortsteile
beauftragt werden, um die verschiedenen Grünflächen dort einzuspeisen. Ziel ist
es einen flächenscharfen Überblick über die städtischen Grünflächen und deren
Pflegestandard zu erhalten, um auf dieser Grundlage die Arbeits- und Pflegeprozesse
zu optimieren.
Die kurzfristige Erarbeitung eines
flächenscharfen Pflegekonzeptes und seine Fortschreibung kann aufgrund des hohen
Arbeitsaufwandes, der dafür erforderlich ist, verwaltungsintern nicht geleistet
werden. Eine solche Erarbeitung müsste über eine Fremdvergabe erfolgen, für die
entsprechende Haushaltsmittel eingestellt werden müssten.
Daher wird vorgeschlagen, die derzeitige
Praxis beizubehalten und für weitergehende Konzepte den Aufbau des
Grünflächenkatasters abzuwarten.
Die für die Grünflächenplanung und –pflege
zuständigen Sachbearbeiterinnen sind jedoch jederzeit für Anregungen und
Hinweise offen, wie dies in der Praxis z.B. auch seit Jahren in der
Zusammenarbeit mit dem NABU praktiziert wird.