Betreff
Tiny Houses in Burgdorf
- Ergebnis der Prüfung zum Antrag A 2021 1510 der FDP-Fraktion vom 14.02.2021
Vorlage
M 2022 0130
Aktenzeichen
00.001.001-2021/000397
Art
M i t t e i l u n g
Referenzvorlage

Nachfolgende Mitteilung gebe ich Ihnen zur Kenntnis.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sachverhalt

 

1 Ausgangslage

 

Der Verwaltungsausschuss stimmte am 11.05.2021 dem Antrag der FDP-Fraktion zu, die Errichtung von Tiny Houses in Burgdorf zu prüfen. Der Antrag, der unter der Nummer A 2021 1510 geführt wird, beinhaltete folgende Prüfaufträge:

 

  1. Die Stadtverwaltung erstellt Szenarien, Tiny Houses oder Tiny House-Siedlungen in das Wohnangebot der Stadt aufzunehmen. Dabei nennt die Verwaltung mögliche Areale und Grundstücke im Eigentum der Stadt und städtischer Gesellschaften, die für das Stellen von Tiny Houses möglich sind.
  2. Die Verwaltung prüft insbesondere die Möglichkeit und rechtlichen Voraussetzungen, Tiny Houses dort einzusetzen, wo gewöhnlicher Wohnungsbau nicht mehr möglich ist.
  3. Die Verwaltung legt dar, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um ein Tiny House und eine Tiny House-Siedlung auf Burgdorfer Gemarkung zu ermöglichen.

 

2 Hintergrund

 

Bevor die Ergebnisse der Prüfung vorgestellt werden, soll eine Einordnung des Begriffs „Tiny House“ erfolgen. Der Begriff „Tiny House“ ist kein Begriff, der im Baurecht definiert ist. In den USA – wo dieser Begriff ursprünglich herstammt – ist der Begriff im Baurecht verankert und meint damit Häuser mit einer Wohnfläche von maximal 37 m². Häufig findet man dort auch Tiny Houses on Wheels (Minihäuser auf Rädern). In Deutschland fallen verschiedene Gebäude unter diesen Begriff. So gibt es Kleinsthäuser, die deutlich unter 30 m² Wohnfläche haben, aber auch Häuser mit einer Wohnfläche von bis zu 60 m². Auch in Deutschland findet man mobile und immobile Tiny Houses.


Tiny Houses sollen eine neue Form des Wohnens darstellen. Gründe für den Bezug eines Tiny Houses sind vielfältig. In den USA erlebten die Häuser nach der Finanzkrise aufgrund des geringen Preises einen Aufschwung. Während sich in Deutschland häufig, insbesondere Menschen über 55 Jahren eine Verkleinerung der Lebensverhältnisse wünschen, ohne auf Eigentum und eigenen Garten verzichten zu müssen, setzen einige Individualisten darauf, ihren Konsum zu reduzieren und möglichst nachhaltig zu leben. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Tiny Houses nicht immer das halten, was man sich von ihnen verspricht.

 

Tiny Houses, als Einzelhäuser auf einem eigenen Grundstück errichtet, sind beispielsweise keinesfalls für das Klima besonders zuträglich. Aufgrund der geltenden Abstandsbestimmungen und der sehr geringen städtebaulichen Dichte, ergibt sich hier ein für die geringe Wohnfläche verhältnismäßig hoher Flächenverbrauch. Aus demselben Grund sind Tiny Houses auch nicht geeignet, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken (wenig Wohnraum, hoher Flächenverbrauch). Positiv ist hingegen, dass Tiny Houses häufig aus Holz und damit einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt werden. Auch der Energieverbrauch von Tiny Houses ist im Verhältnis zu Einfamilienhäusern natürlich deutlich höher. Mehrfamilien- und auch Reihenhäuser sind im Hinblick auf Flächen- und Energieverbrauch (pro m² Wohnfläche) aufgrund der Dichte deutlich umwelt- und klimafreundlicher und bieten entsprechend mehr Menschen Wohnraum. [1]

 

Außerdem muss die Annahme, dass Tiny Houses besonders günstig sind, relativiert werden. Der Quadratmeterpreis eines Tiny Houses kann durchaus höher liegen, als bei einem Einfamilienhaus. Sie sind aufgrund ihrer geringen Größe beim Gesamtpreis zwar trotzdem günstiger als ein Eigenheim, jedoch lag der Quadratmeterpreis 2020 laut Internetrecherchen bei etwa 2.300 €/m² (zum Vergleich: die Baukosten in Niedersachsen für „herkömmliches“ Bauen lag bei circa 1.600 €/m²).[2] So fallen für ein 30 m² großes Tiny House durchschnittlich bereits 69.000 € an.

 

 

3 Ergebnisse

 

Die Errichtung eines Tiny Houses zum Dauerwohnen unterscheidet sich in den Anforderungen nicht von der Errichtung anderer Wohngebäude. Das bedeutet, dass Tiny Houses nur dort errichtet werden können, wo geltendes Baurecht herrscht (Bebauungsplan oder Baurechte im unbeplanten Innenbereich). Zudem gelten die Anforderungen der niedersächsischen Bauordnung sowie des Gebäudeenergiegesetzes und der weiteren flankierenden Gesetze im Zusammenhang mit dem Neubau von Wohngebäuden. Auch örtliche Satzungen wie Gestaltungssatzungen sind bei der Errichtung oder Aufstellung eines Tiny Houses zu beachten. Eine Erschließung an die Strom- und Wasserversorgung sowie an die Kanalisation ist vorgeschrieben. Erleichterungen für den Bau von Tiny Houses, wie aufgrund der geringen Fläche von Tiny Houses zu vermuten wäre, gibt es nicht.

 

Soll ein Tiny House lediglich wenige Monate im Jahr bewohnt werden, kann ein Dauerstellplatz auf einem Campingplatz eine Lösung sein.

 

Daraus ergibt sich, dass für die Errichtung von Tiny Houses auf Burgdorfer Gemarkung die gleichen Voraussetzungen zu erfüllen sind, wie für jede andere Bebauung mit Wohngebäuden auch. Um Bauplätze auf stadteigenen Grundstücken anbieten zu können, müsste die Stadtverwaltung einen Bebauungsplan aufstellen, in dem die Häuser zulässig wären. Die Verwaltung hat sich hierzu mit der Stadt Celle, die derzeit einen Bebauungsplan für eine solche Tiny House Siedlung aufstellt, ausgetauscht. Wichtig sei demnach bei der Entwicklung eines derartigen Baugebiets, dass der Standort keine Immissionsvorbelastungen aufweist, da Lärmschutzmaßnahmen an Tiny Houses schwer umsetzbar und kostenintensiv seien. Auch sei eine innenstadtnahe Lage von Vorteil, da Bewohner*innen von Tiny Houses oftmals auch Alternativen zum PKW nutzen.

 

Insbesondere in Burgdorf fehlt es an entsprechenden, zentrumsnah gelegenen Flächen, die noch für eine Wohnbebauung entwickelt werden können. Mit der Zusammenlegung der Bauhöfe könnten zwar innenstadtnah Flächen für eine Wohnbebauung entstehen, es ist jedoch fraglich, ob diese aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts nicht für eine dichtere Bebauung vorgesehen werden sollten, um mehr Wohnraum zu schaffen. Darüber hinaus ist am Standort des derzeitigen Gärtnerbauhofs in der Südstadt fraglich, inwieweit Auflagen zum Lärmschutz aufgrund der Bahnstrecke eingehalten werden können.

 

Weitere Flächen, die laut Flächennutzungsplan zur Entwicklung von Wohnbauland in der Kernstadt angedacht sind, liegen deutlich außerhalb des Innenstadtbereichs (z.B. Flächen westlich des Ahrbergenwegs).

 

In dem derzeit in der Vermarktung befindlichen Baugebiet in Ehlershausen („Ehlershäuser Weg“) wäre die Realisierung von Tiny Houses bauplanungsrechtlich möglich, sofern die örtlichen Bauvorschriften eingehalten werden (u.a. Satteldach). Dies gilt auch für das geplante Baugebiet in Schillerslage „Hornweg“. Im Gegensatz zum Baugebiet in Ehlershausen ist eine Teilung der doch relativ großen Grundstücke aufgrund der Versickerungs- und Erschließungsbedingungen hier nicht möglich. Im Baugebiet „Nordwestlich Weserstraße“, das ebenfalls noch in diesem und im nächsten Jahr vermarktet werden soll, stehen die Festsetzungen zur effizienten Flächennutzung (mindestens 2geschossige Bebauung) einer Nutzung durch Tiny Houses entgegen.

 

 

4 Zusammenfassung

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für Tiny Houses, die zum dauerhaften Wohnen bestimmt sein sollen, im Wesentlichen dieselben Anforderungen gelten, wie für die Errichtung eines jeden anderen (Wohn-)Gebäudes. Dementsprechend ist eine Realisierung von Tiny Houses auf Flächen, die für eine „normale“ Wohnbebauung schon nicht in Frage kommen, auch nicht möglich.

 

Von den drei Baugebieten, die sich derzeit in der Entwicklung befinden, wären in zwei Gebieten (Ehlershausen und Schillerslage) Tiny Houses realisierbar. Darüber hinaus können Tiny Houses in Bereichen mit Baurechten nach § 34 BauGB errichtet werden (z. B. in großen Gärten privater Grundstückseigentümer*innen). Die entsprechenden Regelungen zum Einfügen in die umliegende Bebauung sind dabei zu beachten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Pollehn)