hier: Rückforderung
Finanz. Auswirkungen in Euro |
Produktkonto |
ErgHH |
FinHH |
||
Einmalige Kosten: |
€ |
|
|
|
|
Laufende Kosten: |
€ |
|
|
|
|
Haushaltsmittel stehen zur Verfügung: |
nein |
||||
Beschlussvorschlag:
Gem. § 12 Abs. 2 S. 3 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) wird
von der Rückforderung der den Laufbahnbeamtinnen und Laufbahnbeamten der Stadt
Burgdorf für die Jahre 2009 und 2010 gezahlten Leistungsprämien abgesehen.
Sachverhalt und Begründung:
Im
Oktober 2005 wurde über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für
kommunale Arbeitgeber die Verpflichtung begründet, ein betriebliches System zur
leistungsorientierten Bezahlung ihrer Tarifbeschäftigten einzuführen. Danach
ist zusätzlich zum festen Tabellenentgelt auch ein Leistungsentgelt zu zahlen.
Dienststelle
und Personalrat hatten in der Folge eine entsprechende Dienstvereinbarung
abgeschlossen, die zum 01.01.2009 in Kraft getreten ist.
Leistungsorientierte
Entgelte sollen öffentliche Dienstleistungen verbessern, die Effektivität und Effizienz
der Organisation und Prozesse steigern und zugleich vor allem auch die
Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz stärken. Ein System zur
Einführung von Leistungsanreizen kann nur dann erfolgreich sein, wenn es
flächendeckend angewendet wird und die gesamte Mitarbeiterschaft, egal ob
tarifbeschäftigt oder verbeamtet, gleichermaßen einbezieht.
Aus diesem Grund hat der Rat in seiner Sitzung am 29.10.2009 beschlossen, für die Beamtinnen und Beamten ein System der leistungsorientierten Bezahlung in Anlehnung an die Regelungen des TVöD einzuführen und die hierfür benötigten Haushaltsmittel bereitzustellen.
Auf der Grundlage dieses Ratsbeschlusses ist mit dem Personalrat auch für die Beamtinnen und Beamten (ausgenommen Beamte auf Zeit, Ehrenbeamte, Beamte auf Widerruf und Ruhestandsbeamte) eine entsprechende Dienstvereinbarung abgeschlossen und rückwirkend zum 01.01.2009 in Kraft gesetzt worden.
An die Laufbahnbeamtinnen und -beamten wurden
2009 insgesamt 10.966,56 € und
2010 insgesamt 14.057,48 € als Leistungsentgelte, d. h. ausnahmslos als Leistungsprämien ausgezahlt.
Die Nieders. Kommunalprüfungsanstalt (NKPA) – jetzt Landesrechnungshof – hat in ihrem Bericht über die überörtliche Prüfung der Stadt Burgdorf (Haushaltsjahre 2007 bis 2009) vom 16.05.2011 „die Argumentation der Stadt unter dem Gesichtspunkt einer beabsichtigten erfolgreichen Verwaltungssteuerung als in sich schlüssig“ bezeichnet, gleichwohl aber aus rechtlichen Gründen die unverzügliche Einstellung der Leistungsentgeltzahlungen an die Beamtinnen und Beamten auf der Basis der Dienstvereinbarung gefordert.
Dieser Forderung ist die Verwaltung nachgekommen – mit Schreiben vom 29.08.2011 an den Personalrat wurde die Dienstvereinbarung (für die Beamten) seitens der Dienststelle gekündigt.
Mit Rundschreiben Nr. 13/2011 (15.01) vom 20.07.2011 hat die Kommunalaufsicht die regionsangehörigen Kommunen unter Hinweis auf den MI Erlass vom 06.07.2011 um einen Bericht über die örtliche Leistungsentgeltpraxis für Beamtinnen und Beamte gebeten. Dieser Bericht ist mit Schreiben vom 09.08.2011 erfolgt. Ergänzend wurde der Kommunalaufsicht auf deren Nachfrage vom 24.11.2011 mit Schreiben vom 28.11.2011 u. a. mitgeteilt, dass die Dienstvereinbarung ‚Leistungsorientierte Entgelte für Beamte‘ im Jahre 2011 und in der Zukunft keine Anwendung mehr findet und für die Gewährung von Leistungsentgelten nunmehr ausschließlich die Leistungsprämien und –zulagenverordnung (NLPZVO) zu Grunde gelegt wird.
Mit Schreiben vom 05.01.2012 wurde seitens der Kommunalaufsicht mitgeteilt, dass sie dem MI berichtet hat. Gleichzeitig wurde von ihr darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der Rückforderung von unrechtmäßig gezahlten Entgelten zu prüfen ist und ggf. verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten wären.
Am 02.02.2012 trafen sich Vertreter des Niedersächsischen Städtetages (NST), des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB) und verschiedener betroffener Städte und Gemeinden zu einem Gedanken- und Erfahrungsaustausch.
Bei dieser Gelegenheit wurde von Seiten der Kommunalen Spitzenverbände die vom MI vertretene Rechtsauffassung dargelegt und die Absicht zu erkennen gegeben, mit dem MI und dem MF das Gespräch über die auch aus ihrer Sicht angeratene Anpassung der NLPZVO zu suchen.
Mit Schreiben vom 15.05.2012 verwies die Kommunalaufsicht darauf, dass die disziplinarrechtliche Relevanz der Leistungsentgeltgewährung und – wie mit Schreiben vom 05.01.2012 aufgegeben - die Möglichkeit der Rückforderung von unrechtmäßig gezahlten Entgelten zu prüfen ist.
Eine Rückforderung der in den Jahren 2009 und 2010 als Einmalzahlungen
geleisteten Leistungsentgelte wäre nach § 12 Abs.2 BBesG i.V.m. § 812 BGB grds.
möglich, wenn und soweit Bezüge (als solche sind die Leistungsentgelte zu
bewerten) ohne rechtlichen Grund gezahlt wurden.
Die ursprünglich vertretene Rechtsauffassung, dass die Laufbahnbeamtinnen
und –beamten auf der Grundlage einer mit dem Personalrat abgeschlossenen
Dienstvereinbarung in ein dadurch flächendeckendes Leistungsentgeltsystem
eingebunden werden können, zumal jeweils im Einzelfall und auch in der
Gesamtsumme erheblich geringere Prämien gezahlt wurden, als dies nach der
NLPZVO möglich gewesen wäre, ist nach heutiger (Er-)Kenntnis nicht haltbar.
Insoweit sind die Zahlungen rechtsgrundlos erfolgt.
Die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge richtet sich nach §§ 812 ff
BGB. Sie ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die Bereicherung weggefallen
ist (§ 818 Abs.3 BGB).
Die Beamtin / der Beamte ist auf die Möglichkeit hinzuweisen, sich auf
den Wegfall der Bereicherung zu berufen. Macht er den Wegfall der Bereicherung
geltend, so ist er aufzufordern, sich innerhalb einer angemessenen Frist über
die Höhe seiner Einkünfte während des Überzahlungszeitraums und über deren
Verwendung zu äußern.
Der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Bezüge bleibt jedoch ohne
Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen, wenn und soweit die Bezüge
ausdrücklich unter Rückforderungsvorbehalt gewährt wurden oder der
Besoldungsempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes der Zahlung kannte oder
nachträglich erfuhr.
Die Rechtswidrigkeit der Zahlung hätte von den Beamtinnen und Beamten
nicht erkannt werden müssen, da ein vom Dienstherrn mit dem Personalrat
vereinbartes Leistungssystem umgesetzt wurde, dem zudem ein Ratsbeschluss
zugrunde lag.
In den Schreiben an die Beamtinnen und Beamten
(Leistungsentgeltempfänger) wurde als Fußnote der Hinweis gegeben, dass die
Auszahlung unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderung erfolgt. In
Anbetracht dessen ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf Rückzahlung ohne
Rücksicht auf den evtl. Wegfall der Bereicherung bestehen bleibt.
Allerdings kann aus Billigkeitsgründen (§ 12 Abs.2 S.3 BBesG) von der
Rückforderung überzahlter Bezüge abgesehen werden. Ob ein solcher Verzicht auf
die Rückforderung aus Billigkeitsgründen zum Tragen kommen kann, ist nach der
Rechtsprechung des BVerwG seitens der Dienststelle vor einer Rückforderung zu
prüfen.
Die Entscheidung über einen Billigkeitserlass ist nach pflichtgemäßem
Ermessen zu treffen und bedarf nach Nr. 12.2.17 der Verwaltungsvorschrift zum
Bundesbesoldungsgesetz (BBesGVwV) der Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder
der von ihr bestimmten Stelle. Die oberste Dienstbehörde ist gemäß § 107 Abs. 5
NKomVG der Rat.
Die Laufbahnbeamtinnen und –beamten haben jeweils im Einzelfall und auch
in der Gesamtsumme erheblich geringere Prämien erhalten, als dies nach der
NLPZVO als zulässige Rechtsgrundlage möglich gewesen wäre. Durchschnittlich
erhielten die Empfängerinnen und Empfänger Einmalzahlungen von 391,66 Euro im
Jahr 2009 und 484,74 Euro im Jahr 2010. Den Prämien stehen prämienwürdige
Leistungen gegenüber.
Tatsächlich wird auch davon auszugehen sein, dass das ausgezahlte Geld
verbraucht wurde und nicht mehr verfügbar ist.
Entscheidungserheblich kann darüber hinaus auch ein (Mit)Verschulden der
Behörde an der Überzahlung sein. Ein derartiges Verschulden der Stadt ist m.E.
hier gegeben.
Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Burgdorf wurde mit Datum
vom 04.11.2009 mitgeteilt, dass der Rat der Stadt in seiner Sitzung vom
29.10.2009 die Einführung einer leistungsorientierten Bezahlung auch für die
Beamtinnen und Beamten beschlossen hat und dass daraufhin mit dem Personalrat
eine einvernehmliche Dienstanweisung „Leistungsorientierte Entgelte für Beamte“
abgeschlossen wurde. Zur ordnungsgemäßen Umsetzung und Koordination der
leistungsorientierten Bezahlung wurde zudem eine Betriebliche Kommission aus 6
Mitgliedern eingerichtet. Entsprechend den Vorgaben dieser Dienstvereinbarung
erfolgte dann die Auszahlung des Leistungsentgelts für 2009 und 2010.
Die einzelnen Beamtinnen und Beamten konnten demzufolge darauf vertrauen,
dass die Auszahlung der Leistungsprämie dem geltenden Recht entsprechend
ausgestaltet war. Für die erst 2011 aufgeflammte Diskussion über die
Unrechtmäßigkeit dieser pauschalen Zahlungen gab es zum Zeitpunkt der
jeweiligen Zahlung und für die Zahlungsempfänger keinerlei Anhaltspunkte.
Daher sollte aus Billigkeitsgründen gem. § 12 Abs. 2 S. 3 BBesG von der
Rückforderung der den Laufbahnbeamtinnen und Laufbahnbeamten in den Jahren 2009
und 2010 gezahlten Leistungsprämien abgesehen werden.
Das Rechnungsprüfungsamt hat keine Einwände gegen ein solches Vorgehen
erhoben.
Der Personalrat unterstützt die Beschlussvorlage. Die
Gleichstellungsbeauftragte ist über den Sachverhalt informiert.
Nach meiner Auffassung ist der Stadt Burgdorf kein finanzieller Schaden
entstanden, da - wie bereits zuvor ausgeführt - die NLPZVO im Einzelfall und
auch in der Gesamtsumme erheblich höhere Prämien als die den Laufbahnbeamtinnen
und Laufbahnbeamten in den fraglichen Jahren tatsächlich gezahlten zugelassen
hätte. Insofern hielte ich Schadensersatzansprüche gem. § 48
Beamtenstatusgesetz gegen städt. Beamte für unbegründet. Unstrittig ist
zwischenzeitlich jedoch, dass die Gewährung von Leistungsprämien an Beamte nur
auf die NLPZVO gestützt und ggf. unter Berufung hierauf hinsichtlich der
Regressnahme eine andere Rechtsauffassung vertreten werden kann.
Der Rat bzw. das einzelne Ratsmitglied kann nach § 54 Abs. 4 NKomVG wegen
des im Oktober 2009 zur Einführung von Leistungsentgelten für Beamte gefassten
Beschlusses nicht haftbar gemacht werden (vgl. Thiele, Nds.
Kommunalverfassungsgesetz, Erl. 5 zu § 54).