Betreff
Mitteilung zum Antrag der FDP-Fraktion zum Thema Wolf vom 11.08.2023
Vorlage
M 2023 0581/1
Art
M i t t e i l u n g
Referenzvorlage

Nachfolgende Mitteilung gebe ich Ihnen zur Kenntnis.


Die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Burgdorf hat mit ihrem Antrag vom 11.08.2023
(A 2023 0581) 3 Beschlussvorschläge zum Thema Wolf eingereicht:

  1. Der Rat möge beschließen, dass bei allen Nutz- und Weidetierrissen eine B-Probe durch die Stadt Burgdorf in Auftrag gegeben und bezahlt wird.
  2. Der Rat möge beschließen, dass der Bürgermeister beim nächsten Riss, der dem Burgdorfer Rudel zugeordnet werden kann, eine Abschussgenehmigung an die dafür zuständige Stelle stellt.
  3. Der Rat möge beschließen, dass die Verwaltung im Kerngebiet des Rudels im Burgdorfer Holz Hinweisschilder zur Warnung der Bevölkerung aufstellen lässt.

Für die Beratung der v. g. Beschlussvorschläge gebe ich Ihnen nachfolgende Hintergrundinformationen zur Kenntnis:

 

Zu 1.:

Die Fraktion der Freien Demokraten hat angegeben, dass die Kosten für B-Proben um die 150 EUR pro Probe beträgt und das Budget damit sehr überschaubar sei.

Laut Auskunft der Website der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (Stand: Januar 2019, Wolfsmonitoring FAQ | Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung) werden die genetischen Untersuchungen von der verantwortlichen Länderstelle finanziert. In Niedersachsen hat laut Niedersächsischem Wolfsmanagementplan (Stand: Oktober 2022, Kontakt zum Wolfsbüro | Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (niedersachsen.de)) das Wolfsbüro im NLWKN die Aufgabe, genetische Untersuchungen unter anderem im Zusammenhang mit Nutztierschäden anhand von Haar-, Blut-, Speichel oder Losungsproben durchführen zu lassen. Die Kosten trägt der NLWKN.

Die Kosten pro Probe betragen dabei in der Regel 100-200 EUR, je nach Art, Dauer und Methodik der Untersuchung. Das Senckenberg-Institut untersucht als zentrales Labor und nationales Referenzzentrum für genetische Untersuchungen bei Luchs und Wolf alle bundesweit anfallenden genetischen Proben. Allerdings darf das Labor, nach Auskunft der Projektmanagerin für Wildtiergenetik, Michelle Müller, in Absprache mit Bund und Ländern ausschließlich Proben der offiziellen Länderstellen untersuchen. In Niedersachsen ist das Wolfsbüro des NLWKN dafür zuständig, entsprechende Analysen in Auftrag zu geben.

Nach Informationen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Stand: 14.02.2022, Wolfsmanagement: Landwirtschaftskammer übernimmt Rissbegutachtung : Landwirtschaftskammer Niedersachsen (lwk-niedersachsen.de)) werden Genproben zwar noch genommen, sind jedoch nicht mehr für den Ausgleich des finanziellen Schadens entscheidend. Hierfür reiche das Rissprotokoll der Bezirksförster*innen aus. Die Genproben werden nur noch analysiert, um herauszufinden, von welchem Wolfsrudel der Schaden ausgegangen ist. Wenn gemäß Rissprotokoll der Bezirksförster*innen festgestellt wurde, dass es sich definitiv um einen Wolfsriss handelt, greift zudem Paragraph 45a Absatz 2 BNatSchG. Dieser regelt, dass, wenn Schäden bei Nutztierrissen keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet worden sind, der Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Wolfsrudels in engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen auch ohne Zuordnung der Schäden zu einem bestimmten Einzeltier bis zum Ausbleiben von Schäden fortgeführt werden darf. Ernste wirtschaftliche Schäden im Sinne von § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 können auch drohen, wenn ein Wolf nicht landwirtschaftlich gehaltene Weidetiere reißt, soweit diese durch zumutbare Herdenschutzmaßnahmen geschützt waren. Die in Satz 1 geregelte Möglichkeit des Abschusses weiterer Wölfe gilt auch für Entnahmen im Interesse der Gesundheit des Menschen nach § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 4.

Auf dieser gesetzlichen Grundlage ist es somit nicht erforderlich, eine zusätzliche
B-Probe seitens der Stadt in Auftrag zu geben.

Um zu erfahren, wie hoch die Kosten für zusätzliche Beprobungen (B-Probe) ausfallen könnten, sind folgende Recherchen hilfreich:

Die bestätigten Nutztierschäden durch den Wolf im Stadtgebiet von Burgdorf seit 2015 laut dem Umweltkartenviewer des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz sind in Abbildung 1 dargestellt.

 

 

Abbildung 1: Alle Nutztierschäden im Stadtgebiet von Burgdorf seit 2015;
Quelle:
Niedersächsische Umweltkarten (umweltkarten-niedersachsen.de)

 

Bei genauerer Betrachtung der Daten (s. Tabelle in Anlage 1, Stand: 17.08.2023, Niedersächsische Umweltkarten (umweltkarten-niedersachsen.de)) lässt sich für das Stadtgebiet Burgdorf zusammenfassend festhalten, dass es zwischen dem 03.04.2015 und 13.08.2023 insgesamt 26 gemeldete Fälle von Nutztierschäden gab. Hierbei fällt jedoch auf, dass drei Fälle davon in Immensen gemeldet wurden. Warum diese Daten der Gemeinde Burgdorf zugeordnet werden, ist nicht ersichtlich. Wenn man nur die Fälle ohne Immensen betrachtet, bei denen der Wolf als Schadensverursacher bestätigt werden konnte, gab es in den letzten 8,5 Jahren insgesamt 19 Fälle. Hierbei waren in 14 Fällen Schafe und in 5 Fällen Pferde betroffen. Insgesamt wurden bei den 19 aufgenommenen Nutztierschäden 38 Tiere getötet, 31 Tiere verletzt und 3 Tiere wurden als verschollen gemeldet.

 

Abbildung 2: Gemeldete Nutztierschäden durch den Wolf in Burgdorf (ohne Immensen) nach Jahren; Daten vom NLWKN, Stand: 17.08.2023

 

Auch wenn die Kosten der B-Proben bei nur ca. 150 EUR je Probe liegen, hätte die Stadt Burgdorf in den letzten Jahren trotzdem mit 150 bis 1050 EUR pro Jahr kalkulieren müssen, wenn bei jedem bestätigten Wolfsriss eine Gen-Probe entnommen und von der Stadt in Auftrag gegeben worden wäre. Wie das Diagramm in Abbildung 2 zeigt, ist die Tendenz der bestätigten Wolfsrisse steigend. Somit sollten für die Analyse der B-Proben Mittel in Höhe von mindestens 1.000 EUR jährlich eingeplant werden, um eine kontinuierliche Beprobung und Analyse garantieren zu können. Die genaue Höhe der benötigten Haushaltsmittel kann momentan nicht abgeschätzt werden.

Für die Analyse der B-Proben stehen im Doppelhaushalt 2023/2024 keine Mittel zur Verfügung. Es müsste folglich ein Nachtrag im Haushalt angemeldet oder eine anderweitige Kostendeckung gefunden werden.

 

Zu 2.:

Bisher wurden folgende, in Tabelle 1 dargestellte Ausnahmegenehmigungen gemäß §§ 45, 45a Bundesnaturschutzgesetz für Wölfe in Burgdorf erteilt (Stand: 15.02.2023, Informationen zu artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen und erfolgten Entnahmen beim Wolf in Niedersachsen | Nds. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz):

 

Tabelle 1: Erteilte Ausnahmegenehmigungen für die Entnahme von Wölfen in Burgdorf; Quelle: www.umwelt.niedersachsen.de

Individuum

Zeitraum

Behörde

GW1423f, GW950m (Rudel Burgdorf)

13.10.2020-31.03.2021

NLWKN

GW 1423f, GW950m (Rudel Burgdorf)

31.01.2021-31.08.2021

NLWKN

GW950m (Rudel Burgdorf)

06.10.2022-31.01.2023

Region Hannover

 

 

Ein Wolf wurde am 21. April 2021 innerhalb des Geltungsbereichs der erteilten Ausnahmegenehmigung abgeschossen. Es handelt sich nach Informationen des MU um einen ein- bis zweijährigen weiblichen Wolf. Die beiden Leittiere, für die die Abschussgenehmigungen ausgestellt wurden, konnten bisher nicht entnommen werden.

Als Bürgermeister der Stadt Burgdorf habe ich bereits klar Stellung für die Jäger und Tierhalter bezogen und die Wichtigkeit eines aktiven Wolfsmanagements mit gezielter Entnahme von Wölfen betont.

 

Zu 3.:

Bezüglich der Beschilderung im Kerngebiet des Rudels im Burgdorfer Holz zwecks Warnung der Bevölkerung sind einige Aspekte zu bedenken:

  • Die wichtigste Frage ist, wie viele Schilder aufgestellt werden sollen, um die hierbei entstehenden Kosten grob abschätzen zu können. Wenn man sich an den Standorten der Beschilderung für das Landschaftsschutzgebiet Burgdorfer Holz (LSG-H16) orientiert, kommt man insgesamt auf mindestens 53 Schilder, die benötigt werden (s. Abbildung 3). Hierauf entfallen 25 Schilder für das Betreten des Rudel-Territoriums ab Burgdorf, 9 Schilder ab Dachtmissen und 19 Schilder, die an der Gemeindegrenze aufgestellt werden müssten, um auch Passant*innen aus der Gemeinde Uetze oder Lehrte zu informieren, dass auf dem Gemeindegebiet von Burgdorf Wölfe leben.

 

Abbildung 3: Potentielle Standorte Beschilderung: 25 ab Burgdorf (rot), 9 ab Dachtmissen (gelb) und 19 an Gemeindegrenzen (blau). Das Territorium des Wolfsrudels ist in hellblau hinterlegt; Quelle: Niedersächsische Umweltkarten (umweltkarten-niedersachsen.de)

 

  • Die Kosten für die rund 53 Schilder sind abhängig vom Design (farbliche Gestaltung) und der Größe der Schilder. Es sollten jedoch pro Beschilderung mindestens 80 EUR für das Schild sowie ca. 80 EUR für Schellen und Masten veranschlagt werden. Für die Aufstellung der Schilder ist – je nach Länge der Anfahrt - von mindestens 150 EUR pro Schild auszugehen – genauere Kosten müssten noch ermittelt werden. Somit ist mit mindestens 8.500 EUR für die (reine) Beschilderung an den in Abbildung 3 dargestellten Standorten plus die Anbringungskosten in Höhe von mind. 8.000 EUR zu kalkulieren – in Summe mind. 16.500 EUR. Diese Mittel stehen im Doppelhaushalt 2023/2024 nicht zur Verfügung. Dafür müsste ein entsprechender Nachtrag gestellt werden.
  • Abschließend ist grundsätzlich zu entscheiden, ob die Maßnahme der Beschilderung an sich und wenn ja, zeitnah umgesetzt werden soll oder ob die dafür erforderlichen Mittel erst mit dem nächsten Doppelhaushalt anzumelden sind (auf den letzten Punkt wird an dieser Stelle verwiesen – Vorgehen der Region).
  • Da das Wolfsrudel nicht nur auf dem Stadtgebiet von Burgdorf, sondern auch auf dem Gebiet der Gemeinde Uetze und der Stadt Lehrte beheimatet ist, sollte überlegt werden, ob hier ein Gemeinschaftsprojekt der drei Gemeinden zum Aufstellen der Beschilderung mit Warnhinweisen vor dem Wolf zu initiieren ist. Hierdurch könnten Doppelungen der Beschilderung an den Gemeindegrenzen sowie eine dadurch entstehende Ressourcenverschwendung vermieden werden. Statt den oben aufgeführten mindestens 53 Schildern würden somit nur noch ca. 34 Beschilderungen benötigt werden.
  • Für die Aufstellung der Schilder sind evtl. Absprachen mit den Niedersächsischen Landesforsten erforderlich, wenn diese Hinweisschilder nicht auf städtischen Flächen/ Wegen aufgestellt werden. Zudem bedarf es unter Umständen auch einer verkehrsrechtlichen Anordnung der Schilder, wenn diese auf öffentlichen Wegen aufgestellt werden.
  • Laut telefonischer Auskunft von Herrn Hollenbach (UNB) plant die Region Hannover keine Schilder aufzustellen und bezweifelt auch die Sinnhaftigkeit solcher Schilder, da allgemein bekannt sei, dass in dem Gebiet Wölfe vorkommen. Die Wölfe selbst würden durch die Schilder ihr Verhalten nicht ändern und Nutztierhalter*innen sollten über das Vorkommen des Rudels bereits eingängig informiert sein. Höchstens Hundebesitzer*innen könnten durch solche Schilder auf das Anleinen der Tiere hingewiesen werden, wodurch evtl. auch der Leinenpflicht verstärkt nachgekommen werde. Allerdings müsse das Aufstellen von Schildern im LSG mit der UNB abgestimmt werden und bedarf ggf. auch einer Genehmigung durch die UNB. Herr Hollenbach schlägt vor, kostenlose Informationsflyer des NLWKN (s. Anlage 2) zu Verhaltensempfehlungen bei Wolfsbegegnungen im Gemeindegebiet zu verteilen, statt Schilder in der Landschaft aufzustellen.

 

 

Dem Wolfsbüro des NLWKN wurde von der Stadt Burgdorf ein Fragenkatalog vorrangig zur B-Probe übergeben, welcher bisher zwar beantwortet, aber noch nicht für die Veröffentlichung freigegeben wurde. Sollte der NLWKN der Veröffentlichung dieser Antworten zustimmen, wird eine zusätzliche Anlage mit den entsprechenden Fragen und Antworten nachgereicht.

 

 

Anlage 1: Tabelle mit allen gemeldeten Nutztierschäden für die Gemeinde Burgdorf seit 2015; Daten: Niedersächsische Umweltkarten (umweltkarten-niedersachsen.de), Stand: 17.08.2023

 

Anlage 2: Informationsflyer „Der Wolf ist zurück in Niedersachsen – Informationen und Verhaltenstipps“; NLWKN (2021)

 

 

 

 

 

 

(Pollehn)