Betreff
ROV Erweiterung Designer Outlet Soltau, Stellungnahme
Vorlage
M 2022 0248
Aktenzeichen
61.012.005
Art
M i t t e i l u n g

Nachfolgende Mitteilung gebe ich Ihnen zur Kenntnis.

Im Februar 2021 wurde mit der Mitteilungsvorlage M 2021 1503 zu dem geplanten Raumordnungsverfahren (ROV) zur Erweiterung des Designer Outlets Soltau (DOS) infor­miert. Die Verkaufsfläche soll von ca. 9.900 m² auf 15.000 m² erweitert werden.

Im Juni 2022 wurde nun das ROV eingeleitet. Die Öffentlichkeit und auch die Stadt Burgdorf haben Gelegenheit, bis zum 19.08.2022 Stellungnahmen zu den Verfahrens­unterla­gen abzugeben. Die Verfahrensunterlagen stehen im Internet unter www.arl-lg.niedersachsen.de/rov-dos/rov-dos-einleitung-210920.html bereit. Dies wurde bereits mündlich im A-USB am 04.07.2022 berichtet und darauf hingewiesen, dass die Ver­waltung noch prüft, ob eine Stellung­nahme zu dem ROV abgegeben werden soll. Diese Prüfung hat ergeben, dass die Stadt Burgdorf ihre Einwände zur geplanten Erwei­terung des DOS offiziell als Stellungnahme abgeben wird. Die Stellungnahme gebe ich Ihnen nachfolgend zur Kenntnis.

Zum inhaltlichen Verständnis der Stellungnahme werden in der Anlage weitere Infor­mationen insbesondere zur Behandlung Burgdorfs in der ‘Untersuchung Einzel­handelsver­träglichkeit‘ (Dr. Lademann & Partner 2022) zur Verfügung gestellt. Diese Untersuchung gehört zu den Verfahrensunterlagen des ROV.

 


Text der Stellungnahme der Stadt Burgdorf: 

Warum in der ‘Untersuchung Einzelhandelsverträg­lichkeit‘ (Dr. Lademann & Partner 2022, S. 132) die Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt von Burgdorf als stabil bewer­tet wird, kann nicht nachvollzogen werden. In den letzten Jahren und nicht erst seit dem Ein­schnitt durch die Corona-Krise hat es auch in Burgdorf zahlreiche Geschäftsaufgaben gegeben. Insgesamt geht die Einzel­handelsverkaufsfläche in der Innenstadt seit etlichen Jahren zurück, obwohl es auch gelungen ist, die Verkaufsflächen von frequenzbringen­den, z.T. großflächigen Betrieben des periodischen Bedarfs (Nahrungs­mit­tel / Drogerie­waren) in der Innenstadt zu erhöhen. Diese Neuansiedlungen waren/sind im Bereich einer historisch gewachsenen Innenstadt mit hohen Kosten für die Investoren verbunden, weil dies aufwendige Gebäudeumbauten oder Abrisse und Neubauten erfordert.

In der ‘Untersuchung Einzelhandelsverträglichkeit‘ (Dr. Lademann & Partner 2022, S. 131) wird richtig ausgeführt, dass die zum Teil inhabergeführten Bekleidungs-/Schuh– und Sport­fachanbieter wesentliche Elemente der attraktiven Einzelhandelsstruktur in Burgdorf darstellen. Dabei handelt es sich zum Teil um Modehäuser des gehobenen An­spruchs. Auch diese Modehäuser bieten im Rahmen von besonderen Aktio­nen, wie z.B. verkaufsoffenen Sonntagen, Angebotswaren zu Sonderpreisen an. Warum dann die Schlussfolgerung gezogen wird, dass Überschneidungen mit den angebotenen Markenwa­ren im DOS nur im geringen Maß vorhanden seien (Dr. Lade­mann & Partner 2022, S. 132), ist nicht nachvollziehbar.

Um die Innenstadt als historisch gewachsenen, lebendigen Kern mit guter ÖPNV-Anbin­dung zu erhal­ten sowie weiterzuentwickeln und dem im Einzelhandel stattfindenden Struktur­wandel entgegenzuwirken, gibt es neben den oben bereits erwähnten Investi­tio­nen in die Einzelhandelsentwicklung umfangreiche Aktivitäten in Burgdorf. Für eine attraktive Innenstadt setzen sich mit großem Engagement zwei ehrenamtliche Organi­sa­tionen ein: der VVV-Burgdorf und das Stadtmarketing-Burgdorf (z.B. durch unter­schied­lichste Veranstaltungsangebote, Burgdorfer Geschenkgutschein und Online-Marktplatz). Stadtrat und Verwaltung investieren viel in die Gestaltung der Innenstadt und die räumliche Steuerung von Einzelhandelsansiedlungen. Diese Aktivitäten entsprechen den landesplanerischen Zielen zur Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels.

Entsprechend diesen Zielen setzen sich sowohl die Europäische Union als auch das Land Niedersachsen mit unterschiedlichen Förderprogrammen für den Erhalt und die Entwick­lung der Innenstädte ein, beispielsweise Sofortprogramm ‘Perspektive Innenstadt‘ oder ‘Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren‘. (Die Stadt Burgdorf hat aus dem Programm ‘Perspektive Innenstadt‘ umfangreiche Mittel zugewiesen bekommen, die zur Attraktivi­tätssteigerung der Innenstadt eingesetzt werden.) Warum entgegen diesen Zielen mit dem DOS überhaupt ein neues künstliches Einkaufszentrum geschaffen wurde, ist weiterhin verwunderlich. Denn auch im direkten Umfeld der Lüneburger Heide gibt es touristisch attraktive, historisch gewachsene Innenstädte, die zum ‘Event-Shopping‘ einladen und zudem gut mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sind.

Die in der ‘Untersuchung Einzelhandelsverträglichkeit‘ in Kapitel 8.2 (Lademann & Part­ner 2022, ab S. 56) dargestellten Ergebnisse von Erhebungen zu Kundenherkunft und Marktanteilen zeigen, dass nur 10% der Kunden Touristen in der Region Lüneburger Heide sind. Das ursprüngliche landesplanerische Ziel, die Tourismusregion zu stärken, wurde daher anscheinend mit dem DOS nicht erreicht. Zudem hat auch die Entwicklung in der Coronazeit gezeigt, dass die Tourismusregion Lüneburger-Heide eher von anderen, z.B. landschaftlichen Qualitäten profitiert.

Die geplante Erweiterung wird dazu führen, dass insbesondere weitere Marktanteile aus dem näheren und weiteren Umfeld des DOS (Hauptkundengruppen 71% bis 90 Fahr­mi­nuten-Zone) in das DOS fließen. Diese Marktanteile gehen den historisch gewachsenen Innenstädten verloren, die sowieso mit dem durch zunehmenden Onlinehandel bedingten Strukturwandel im Einzelhandel zu kämpfen haben. Rechnerisch mögen dies insgesamt auf das große Einzugsgebiet der Hauptkundengruppe und auch für die einzelne Her­kunfts­kommunen dieser Kundengruppe nur geringe Marktanteile in den jeweiligen Warensegmen­ten sein, aber insgesamt wird dies zu einer weiteren Schwächung der entsprechenden historisch gewachsenen Innenstädte führen.

Aus Sicht der Stadt Burgdorf kann eine raumverträgliche Entwicklung nicht darin beste­hen, die Weiterentwicklung dieser historisch gewachsenen und i.d.R. gut an den ÖPNV angebundenen Innenstädte zu schwächen und stattdessen ein nicht integriertes DOS, das den zentralörtlichen Prinzipien der Raumordnung nicht entspricht, weiterzu­ent­wickeln.                
Vor dem Hintergrund, dass es, wie in der Wirkungsprognose beschrieben, „zu weiteren erheblichen Umsatzrückgängen im stationären Einzelhandel kommen wird, der sich in Marktaustritt/Insolvenzen, Flächenverkleinerungen und rückläufigen Flächenproduktivitä­ten äußern wird“ (Lademann & Partner 2022, S. 266), ist nicht zu erkennen, warum eine Erweiterung des DOS zum jetzigen Zeitpunkt raumverträglich sein sollte. Daran wird auch die Reduzierung der Verkaufsflächenobergrenze im Segment Sport­bedarf (Lade­mann & Partner 2022, S. 254) nichts ändern. Die aktuellen negativen wirtschaftlichen Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sind in der Wirkungsprognose noch nicht einmal berücksichtigt.

 

 

Anlage:

·         Informationen aus den Verfahrensunterlagen des ROV Erweiterung DOS

 

 

 

 

 

 

 

(Pollehn)