Betreff
Umbau 'Obere Marktstraße'; Nachhaltige Sanierung der Fahrbahnschäden;
Bezugsvorlagen-Nrn.: 2007 0262 und 2009 0601
Vorlage
2009 0626
Aktenzeichen
66
Art
Beschlussvorlage

Finanz. Auswirkungen in Euro

Haushaltsstelle

VwH

VmH

Einmalige Kosten:

102.000,00 €

 

Laufende Kosten:

 

Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:

 ja

 nein

 

 

Beschlussvorschlag:

 

1.     Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr empfiehlt dem Verwaltungsausschuss, den unter 2. formulierten Beschluss zu fassen.

 

2.     Der Verwaltungsausschuss beschließt,

        die Sanierung der "Oberen Marktstraße" in Asphaltbauweise zeitgleich mit den Baumaßnahmen zum Stadtstraßenumbau ausführen zu lassen und dem Rat zu empfehlen, über den Haushalt 2010 102.000,00 € im Ergebnishaushalt für die Sanierung der "Oberen Marktstraße" bereitzustellen.

Sachverhalt und Begründung:

 

 

I.       Vorgeschichte

 

        Die Stadt Burgdorf hatte im Jahr 2002 die "Obere Marktstraße" in Burgdorf umbauen lassen. Mit den Planungsarbeiten war die PVB Planungsgesellschaft VerkehrsBau mbH, 30161 Hannover, beauftragt worden. Mit der Ausführung wurde die Firma Franz Degenhard GmbH & Co.KG, Riethornweg 6, 31303 Burgdorf, nach öffentlicher Ausschreibung beauftragt.

 

        Die Bauarbeiten wurden mit der förmlichen Abnahme gemäß VOB beendet.

 

 

II.     Schadensbilder

 

        Im Jahr 2003 traten erste Schäden an den Pflastersteinen in Form von Kantenabplatzungen auf. In den Folgejahren waren lockere Pflastersteine und Verschiebungen und daraus resultierende Unebenheiten zu erkennen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist festzustellen, dass zum Teil größere Bereiche, insbesondere vor dem "Cramer Markt" und "Mc Geiz" nicht mehr im Pflasterbett verankert sind und es insbesondere nach Regenereignissen zu Steinverschiebungen und Verdrehungen kommt.

 

        Ebenso ist das Fahrbahnpflaster entlang der Gosse teilweise derart abgesackt, dass die Entwässerung nicht vollständig gegeben ist.

 

        Im Zuge eines eingeleiteten Beweissicherungsverfahrens kam der bestellte Gutachter zu dem Ergebnis, dass das Verlegen der Pflastersteine mit Kreuzfuge als Hauptursache für die Schäden angesehen werden kann. Ein weiterer Schadensgrund ist die zu geringe Pflasterdicke, sowie die Qualität der Schottertragschichten und des Bettungsmaterials.

 

 

III.    Außergerichtliches Verfahren

 

        Die aufgezeigten Schadensbilder sind laut Gutachten verursacht durch Fehler während der Planung, der Bauausführung und der Bauleitung. An Hand einer Quotelungstabelle ergab sich jeweils 1/3 Anteil (Stadt Burgdorf / Planungsbüro / ausführende Firma) an der Verantwortung am Mangel. Die Schadenssumme betrug lt. grober Kostenannahme des Sachverständigen, datiert vom 01.12.2005, 126.440,00 € brutto.

 

        Der 1/3-Schuldanteil der Stadt wird nach wie vor bestritten und ist nur gerichtlich zu klären.

 

        Daraufhin wurde die einbehaltene Bankbürgschaft der inzwischen insolventen Baufirma Degenhard GmbH & Co.KG gezogen. Seit dem 29.06.2009 steht ein Betrag in Höhe von 34.970,00 € auf einem Verwahrgeldkonto der Stadt Burgdorf zur Verfügung.

 

        Die PVB hat inzwischen ein außergerichtliches Vergleichsangebot, basierend auf einer Preisanfrage im Mai 2008, in Höhe von 45.000,00 € angeboten.

 

        Mit Beschluss vom 29.09.2009 hat der Verwaltungsausschuss dieses Angebot angenommen.

 

        Insgesamt stehen derzeit rund 80.000,00 € für die Sanierung der "Oberen Marktstraße" zur Verfügung.

 

 

IV.    Geänderte Planungsgrundlagen und Richtlinien

 

        Die Planung und Ausschreibung der Leistungen zum Umbau der "Oberen Marktstraße" basierten auf der Grundlage der Vorschriften und Richtlinien zum Stand der Technik 2001.

 

        In der Zwischenzeit haben sich die entsprechenden zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen (ZTV's) und technischen Lieferbedingungen (TL's) gravierend, insbesondere wegen Erfahrungen mit ähnlichen Schadensfällen, geändert.

 

        Zum Beispiel gilt seit 2004 die TL Gestein-Straßenbau, die den Einsatz von Kalkgestein unter befahrenen Pflasterflächen nicht mehr vorsieht. Hier kommt nunmehr Hartgestein zum Einsatz. Gleiches gilt für Bettungsmaterialien.

 

        Wurde seinerzeit die "Obere Marktstraße" in Bauklasse III eingestuft, ist nach nun gültiger Richtlinie für die Standardisierung des Oberbaus (RStO) bei einer Frequenz > 150 Busse pro Tag von Bauklasse II auszugehen. Dieser Lastfall ist hier gegeben.

 

 

V.      Sanierungsvarianten

 

        a)   Pflasterbauweisen sind laut einschlägigem Regelwerk (RStO, ZTV Pflaster-StB) für die Bauklassen SV (Schwerverkehr), I und II nicht zulässig.

             Eine gebundene Pflasterbauweise (Pflaster in Beton) stellt keine Regelbauweise dar. Sie ist als Sonderbauweise zu behandeln, für die Anforderungen zur Bauausführung sowie Materialeigenschaften in Form von ZTV's oder TL's (noch) nicht vorhanden sind. Auch die VOB regelt hier derzeit nichts. Lediglich im Merkblatt der WTA (Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft) wird die gebundene Pflasterbauweise bis Bauklasse II und I für möglich angesehen.

 

        b)   Asphaltbauweisen sind für die Aufnahme der hier vorliegenden Achslasten geeignet. Wie beim Umbau des ZOB sind für die Binder- und Deckschichten elastomer-modifizierte Bindemittel zu verwenden.

 

             In diesem Fall hat der Aufbau nach Bauklasse II, Zeile I RStO zu erfolgen.

 

             Für den bituminös gebundenen Oberbau aus Deckschicht, Binder und Tragschicht sind 26 cm vorzusehen. Die geforderte Dicke des frostsicheren Oberbaus muss mind. 65 cm betragen. Das bedeutet eine Stärke der Frostschutzschicht von 65 - 26 = 39 cm. Der in 2002 durchgeführte Oberbau wurde mit insgesamt 70 cm frostsicherem Aufbau hergestellt, so dass bei Rückbau der Pflastersteine und Erneuerung durch 26 cm Asphalt noch eine 44 cm starke Frostschutzschicht verbleibt und somit die Kriterien der Bauklasse II, Zeile I RStO 01 erfüllt sind. Die Tragfähigkeitswerte sowie die Entwässerung des Zwischenplanums müssen dabei noch kontrolliert und ggf. nachgearbeitet werden.

 

        c)   Reparaturarbeiten an der vorhandenen Pflasterdecke werden in unregelmäßigen Abständen durchgeführt. Insbesondere nach starken Regenereignissen ist ein Umpflastern erforderlich. Die durchschnittlichen Kosten für die punktuellen Maßnahmen belaufen sich derzeit auf ca. 3.000,00 €/Jahr (Zeitraum 2007 – 2009).

 

             Der Ablauf ist immer der gleiche:

 

             -    Die Schubkräfte der 10 to Achsüberrollungen zermahlen das Fugenmaterial, das Steinmehl verfüllt teilweise den Porenraum der darunter liegenden Schotterschicht.

             -    Einsetzender Regen sickert durch die Pflasterfugen und staut sich oberhalb der inzwischen undurchlässigen Tragschicht.

             -    Die Pflastersteine schwimmen auf und beim Überfahren entsteht ein Druck auf dem Wasserfilm, der die Energie durch die Fugen nach oben entlädt und das restliche Fugenmaterial mitreißt.

 

             Nach relativ kurzer Zeit liegen die Steine lose im Verband und klappern. Auch Entlastungsbohrungen durch die undurchlässige Schicht einschließlich Auffüllen mit filterstabilem Material bringen keine Abhilfe. Der oben beschriebene Vorgang wird sich ständig wiederholen.

 

 

VI.    Baukosten für Verkehrsfläche von 1.400 m²

 

        a)   Pflasterbauweise

                  

             1.   ungebunden

             -    Ausbau und Abfuhr des vorhandenen Pflasterbelages,

             -    Auskofferung der undurchlässigen Schottertragschicht,

             -    Einbau von filterstabilem Hartgesteinschotter mind. 25 cm stark,

             -    Einbau von Betonsteinpflaster gleicher Güte wie vorhanden

                   jedoch Steinstärke 12 cm und Diagonalverlegung im

                   Halbverband

 

                   Bauzeit 15 – 20 Werktage                                       ca.   125.000,00 €

 

             2.   gebunden

             -    Ausbau und Auskofferung wie vor

             -    Einbau einer Betontragschicht C 30/37 in 25 cm Stärke

             -    Einbau von Betonsteinpflaster gleicher Güte wie vorhanden

                   jedoch Steinstärke 12 cm und Diagonalverlegung im

                   Halbverband einschl. Fugenverfüllung mit Pflasterfugen-

                   mörtel und Nachbehandlung

                  

                   Bauzeit 25 – 30 Werktage                                       ca.   186.000,00 €

 

 

        b)   Asphaltbauweise

 

             -    Ausbau und Abfuhr des vorhandenen Pflasterbelages

             -    Auskofferung der vorhandenen Tragschicht bis 26 cm

                   unter Oberkante fertige Fahrbahnhöhe

             -    Einbau einer Asphalttragschicht AC 32 TS

                   14 cm stark mit Bindemittel 50/70

             -    Einbau einer Binderschicht AC 16 BS

                   8 cm stark mit elastomermodifiziertem Bindemittel

                   25/55-55

             -    Einbau einer Deckschicht SMA 11 S

                   4 cm stark mit elastomer-modifiziertem Bindemittel

                   25/55-55

 

             Die darunter liegenden vorhandenen Frostschutzschichten

             bleiben erhalten.

 

             Bauzeit 6 – 8 Werktage                                                ca.   102.000,00 €

 

       

        c)   Reparaturarbeiten über längeren Zeitraum

 

             Verwahrgeldkonto                                                        ca.    80.000,00 €

             80.000,00 € / 3.000,00 €/Jahr = ca. 26 Jahre Unterhaltung

 

             Nach Zahlungseingang der 45.000,00 € stehen ca. 80.000,00 € auf dem genannten Verwahrgeldkonto zur Verfügung. Unterstellt, dass die 3.000,00 € pro Jahr für weitere Unterhaltungsmaßnahmen auch in der Zukunft ausreichend sind, könnte mit den o.g. Mitteln eine Unterhaltung der Straße über gut 26 Jahre sichergestellt werden. Zu beachten ist hier, dass voraussichtlich der Aufwand in den nächsten Jahren für die Unterhaltung steigen wird. Zinserträge aus den genannten Haushaltsmitteln sind ebenfalls nicht in die Betrachtung eingeflossen.

 

 

VII.   Finanzierung

 

        Wie bereits erwähnt, hat/wird die Stadt aus dem abgeschlossenen Vergleich insgesamt ca. 80.000,00 € erhalten. Da diese Mittel bereits im Haushaltsjahr 2009 "fließen" und nicht in das nächste Haushaltsjahr übertragen werden können, müssten die für eine Sanierung in Asphaltbauweise benötigten Mittel in Höhe von 102.000,00 € über die HH-Beratungen 2010 zusätzlich im Ergebnishaushalt bereitgestellt werden.

 

       

 

VIII.   Schlussbetrachtungen

 

        Die Sanierungsmaßnahmen haben keinen Einfluss auf eine erneute Beitragsabrechnung. Die Beitragsfestsetzung für den Ausbau der "Oberen Marktstraße" ist abgeschlossen und rechtskräftig. Die Stadt ist lediglich gehalten, durch Reparaturarbeiten oder durch eine vorzeitige Erneuerung auf ihre Kosten die aufgetretenen Mängel zu beseitigen.

 

        Unter Abwägung aller vorgenannten Kriterien ist eine Sanierung in Pflasterbauweise nicht ratsam bei den hier vorherrschenden Verkehrsbelastungen. Auch bei einer Verlegung des Pflasters in ein Betonfundament, eine Sonderbauweise, die durchaus möglich ist, verbleibt das Risiko von ungeklärten Gewährleistungsansprüchen, sollten hier Mängel auftreten.

 

        Die Ausführung von Reparaturarbeiten über einen längeren Zeitraum führt zu Störungen der Anlieger und des Verkehrs. Technisch ist diese Lösung unbefriedigend und hat sicherlich eine Grunderneuerung nach 20 – 25 Jahren zur Folge.

 

        Betrachtet man eine Sanierung aus wirtschaftlichen Gründen, sprechen die Baukosten sowie die Bauzeit für eine Erneuerung der Fahrbahn in Asphaltbauweise. In Bezug auf die Verkehrsbelastungen entspricht diese Ausführung den derzeitigen anerkannten Regeln der Technik. Durch Einsatz von aufhellenden Gesteinskörnungen kann die Deckschicht optisch modifiziert werden. Bei zeitgleicher Ausführung mit dem Umbau der Stadtstraßen in 2010 können sich Synergieeffekte hinsichtlich Baustellenallgemeinkosten und Kommissionen beim Asphaltmischwerk und damit noch Kosteneinsparungen ergeben. Des Weiteren werden die Anlieger aufgrund der verhältnismäßig kurzen Bauzeit wenig belastet.