Betreff
Anzeige eines Bürgerbegehren zur Entscheidung zum Bau eines Klärschlammzwischenlagers
Vorlage
BV 2019 1002
Art
Beschlussvorlage

Finanz. Auswirkungen in Euro

Produktkonto

ErgHH

FinHH

Einmalige Kosten:

 

Laufende Kosten:

 

Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:

 ja

 nein

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG wird festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG zum angezeigten Bürgerbegehren zur Entscheidung zum Bau eines Klärschlammzwischenlagers vorliegen.

 

Sachverhalt und Begründung:

 

In der Anlage 1 ist die Anzeige eines Bürgerbegehrens zur Entscheidung zum Bau eines Klärschlammzwischenlagers in Burgdorf beigefügt.

 

Gleichzeitig wurde beantragt, dass der Verwaltungsausschuss einen Beschluss treffen soll, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Sätze 1 bis 3 Nieders. Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) erfüllt sind.

 

Die Durchführung des Bürgerbegehrens (mit anschließendem Bürgerentscheid bei Zulässigkeit des Bürgerbegehrens) wird mit folgender Fragestellung beantragt:

 

„Lehnen Sie den Bau eines offenen Zwischenlagers für Klärschlamm am Klärwerk Dachtmisser Weg 35, wie vom Verwaltungsausschuss der Stadt beschlossen, ab und befürworten andere Möglichkeiten?“

 

Nach § 32 Abs. 2 NKomVG können Gegenstand eines Bürgerbegehrens nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Kommune sein, für die der Rat nach § 58 Abs. 1 oder 2 zuständig ist oder für die er sich die Beschlussfassung nach § 58 Abs. 3 Sätze 1 und 2 vorbehalten kann. Innerhalb der letzten zwei Jahre darf zudem kein Bürgerentscheid in der Angelegenheit durchgeführt worden sein. Daneben zählt das Gesetz noch acht Ausschlussgründe vor ein Bürgerbegehren auf.

 

Die Abwasserbeseitigung einer Kommune gehört zum eigenen Wirkungskreis. Die Entsorgung des Klärschlamms, der in der Kläranlage Burgdorf anfällt, ist Teil dieser Aufgabe, ebenso die ggf. erforderliche Zwischenlagerung. Der Gegenstand des Bürgerbegehrens ist damit eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises. Für die Beschlussfassung ist der Rat nicht originär zuständig, allerdings kann er sich nach § 58 Abs. 3 Satz 1 NKomVG im Einzelfall die Beschlussfassung vorbehalten, weil die Beschlusskompetenz des Verwaltungsausschusses im Rahmen der positiven Lückenkompetenz gegeben ist. Die Ausschlussgründe des § 32 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 8 NKomVG greifen nicht, so dass das angezeigte Bürgerbegehren die Voraussetzungen des § 32 Abs. 2 erfüllt.

 

Nach § 32 Abs. 3 Satz 1 NKomVG muss das Bürgerbegehren die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann. Die angezeigte Fragestellung erfüllt diesen gesetzlichen Anspruch. Die Sachentscheidung zum Bau eines offenen Zwischenlagers für Klärschlamm ist hinreichend bezeichnet, sie ist klar und eindeutig. Auf die Frage kann mit Ja oder Nein geantwortet werden.

 

Nach § 32 Abs. 3 Satz 2 NKomVG muss das Bürgerbegehren eine Begründung enthalten. Hierzu wird dort wie folgt formuliert:

„Es wird immer problematischer, Klärschlamm landwirtschaftlich als eine Art Dünger zu nutzen. Laut Umweltbundesamt ist dies bedenklich wegen der enthaltenen Schadstoffe. Hinzu kommt die mögliche Geruchsbelästigung für Anwohner. Die Stadt Burgdorf hat den Bau einer offenen Lagerhalle für künftig anfallenden Klärschlamm beschlossen. Erst nach diesem Beschluss sollen andere Optionen geprüft werden. Dies soll 750.000 € kosten und in 2020 realisiert werden. Ob ein Dach gebaut werden soll, ist noch offen.“

 

Die vorgeschriebene Begründung muss im Bürgerbegehren enthalten sein, damit die Bürger nachweisbar in Kenntnis aller wesentlichen Absichten und Umstände entscheiden können, ob sie das Begehren unterstützen wollen. Aus der Begründung müssen sich Sinn und Zweck des Bürgerbegehrens erschließen. Das Verwaltungsgericht Hannover führt in seinem Urteil vom 05.06.2018, 1 A 4391/16 zur Prüfung der Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens dazu aus, dass „an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, sondern es genügt, wenn die grundlegende Motivation des Begehrens knapp und aus dem Empfängerhorizont des Bürgers verständlich dargelegt wird. Da die Begründung Teil des politischen Meinungskampfes in Bezug auf die betroffene Sachfrage ist und der Werbung für das Anliegen des Begehrens dient, sind subjektive Wertungen und in einem gewissen Rahmen auch Überzeichnungen zulässig. Im Hinblick auf die mit der Begründung verfolgte Informationsfunktion ist ein Begehren jedoch wegen mangelhafter Begründung unzulässig, wenn die darin enthaltenen tragenden Tatsachen und rechtlichen Bewertungen in wesentlichen Punkten unrichtig und damit zur Täuschung der Bürgerschaft geeignet sind, wobei es auf eine etwaige Täuschungsabsicht der Initiatoren nicht ankommt.“ Weiter heißt es: „Bei der Prüfung, ob die in der Begründung angegebenen Tatsachen und rechtlichen Bewertungen in wesentlichen Punkten richtig oder unrichtig sind, ist zu berücksichtigen, dass zum einen die Begründung der Werbung für die von den Initiatoren des Bürgerbegehrens vertretene Auffassung dient und sie zum anderen nicht in gleicher Weise wie die Frage oder Aussage nach § 32 Abs. 3 Satz 1 NKomVG „in Stein gemeißelt“ ist. Vielmehr mündet die Begründung in die vor Durchführung des Bürgerentscheids ohnehin stattfindende politische Auseinandersetzung, bei der für die kommunalen Organe Gelegenheit besteht, sich mit den Angaben und Argumenten des Begehrens auseinanderzusetzen und für die ggf. abweichende eigene Position zu werben. In der Debatte vor dem Bürgerentscheid können sich sowohl die Initiatoren des Begehrens als auch die kommunalen Entscheidungsträger erneut inhaltlich positionieren und dabei die aus ihrer Sicht erforderlichen Richtigstellungen vornehmen.“

 

Gemessen an diesen Maßstäben stellt sich die vorliegende Begründung des Bürgerbegehrens nicht als in wesentlichen Punkten unrichtig dar. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Satz 2 NKomVG liegen vor.

 

Nach § 32 Abs. 3 Satz 3 NKomVG sind bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten. Als vertretungsberechtigt wurde Herr Reinhold Engelhardt benannt. Werden mehrere Vertreter benannt, stellt das allein eine Vorsorge für Verhinderungsfälle dar. Der Vertreter muss auf jeder Unterschriftenliste aufgeführt sein. Das vorgelegte Muster erfüllt diesen Anspruch. Damit sind auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Satz 3 NKomVG gegeben.

 

In dem vorgenannten Urteil legt das Verwaltungsgericht Hannover dar, dass dem Bürgermeister im Vorfeld des Bürgerentscheids sogar eine Informationspflicht zukommt (das Gesetz spricht im § 32 Abs. 3 Satz 6 NKomVG von einer Beratungspflicht auf Verlangen). Um der aus der Rechtsprechung sich ergebenden Informationspflicht nachzukommen, wurde dem Initiator zweimal fernmündlich (um Rückruf auf dem Anrufbeantworter gebeten) sowie einmal schriftlich (mit Schreiben vom 29.07.2019) ein Gespräch angeboten. Dieses hat Herr Engelhardt nicht in Anspruch genommen.

 

Gemäß § 32 Abs. 3 Satz 5 NKomVG hat der Verwaltungsausschuss unverzüglich die Entscheidung zu treffen, ob die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 2 und 3 Sätze 1 bis 3 NKomVG vorliegen. Es wird empfohlen, diese Entscheidung positiv zu treffen.

 

Weiteres Vorgehen:

 

Sobald die Entscheidung des Verwaltungsausschusses Herrn Engelhardt bekanntgegeben worden ist, beginnt die Frist zur Einholung der Unterstützungsunterschriften. Das Bürgerbegehren ist mit den zu seiner Unterstützung erforderlichen Unterschriften innerhalb von sechs Monaten in schriftlicher Form einzureichen. Nach § 32 Abs. 4 NKomVG muss das Bürgerbegehren von mindestens 10 % der wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet sein. Maßgeblich ist die bei der letzten Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten. Bei der Bürgermeisterwahl 2019 betrug die Zahl der Wahlberechtigten 24.946. Danach sind 2.495 Unterstützungsunterschriften von für die Kommunalwahl wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohnern notwendig.

Sobald das Bürgerbegehren mit den erforderlichen Unterschriften der Verwaltung vorgelegt wird, entscheidet der Verwaltungsausschuss gemäß § 32 Abs. 6 NKomVG unverzüglich über die Zulässigkeit. Da bereits eine Entscheidung nach Absatz 3 Satz 5 vorliegt, entscheidet der Verwaltungsausschuss lediglich darüber, ob die Voraussetzungen der Absätze 4 (Anzahl der Unterstützungsunterschriften) und 5 (Einhaltung der 6-Monats-Frist) vorliegen. Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid herbeizuführen.

 

    

 

(Baxmann)