Nachfolgende Mitteilung gebe ich Ihnen zur Kenntnis.
Erläuterung:
Im Verlauf der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Liegenschaften und Verkehr am 07.05.2019 war die Verwaltung gebeten worden, zur nächsten Sitzung des Ausschusses einen Sachstandsbericht über das Bahnprojekt Hamburg-Bremen / Hannover (Alpha-Variante) vorzutragen.
Dieser Bericht wird urlaubsbedingt erst in der Sitzung am 22.08.2019 erfolgen können.
Bereits zuvor in der Sitzung am 06.12.2018 war die Verwaltung um eine Einschätzung hinsichtlich aktueller Verlautbarungen aus dem Raum Lüneburg bezüglich der Alpha-Variante gebeten worden.
Diese Nachfrage wird jetzt mit der vorliegenden Mitteilung beantwortet.
Sachverhalt:
Anlass für die Bitte um eine Einschätzung hinsichtlich aktueller Verlautbarungen aus dem Raum Lüneburg bezüglich der Alpha-Variante waren unterschiedliche Zeitungsartikel zu diesem Thema (z.B. HAZ am 30.11.2018: „Bahnprojekt: Lüneburg lehnt Bahnprojekt Alpha E ab“ bzw. dpa-Meldung vom 28.02.2019: „Lüneburg pocht auf Neubaustrecke für steigenden Bahnverkehr“ oder aktuell HAZ am 26.04.2019: „Alpha-Tier gegen Alpha-E“).
Mit dieser Vorlage möchte ich Sie über einige Hintergründe in Bezug auf diese Entwicklung in Kenntnis setzen:
Der Raum Lüneburg war 2015 von Anfang an u.a. mit der Stadt Lüneburg und dem Landkreis Lüneburg im Dialogforum Schiene Nord mit vertreten. Die Stadt Lüneburg war weiterhin in der AG „Mensch und Region“ des Dialogforums vertreten (wie auch die Stadt Burgdorf), in der die so genannten „Bedingungen der Region“ für eine erhöhte Akzeptanz steigenden Güterverkehrs ausgearbeitet worden waren. (Diese Bedingungen wurden im Rahmen der Ratsvorlage 2015 1010 der Stadt Burgdorf vom 17.12.2015 ausführlich erläutert und waren Voraussetzung für den zustimmenden Ratsbeschluss u.a. der Stadt Burgdorf zur Umsetzung der Alpha-Variante).
Noch in der Redaktionssitzung des Dialogforums Schiene Nord am 22.10.2015 (zwei Wochen vor dem letzten Forum am 05.11.2015) konnten Äußerungen zumindest eines Vertreters aus dem Raum Lüneburg als Zustimmung zum Gesamtpaket „Alpha-E plus Bedingungen“ gewertet werden.
Umso überraschender für die meisten Beteiligten war dann die im Rahmen des abschließenden Dialogforums am 05.11.2015 geäußerte Ablehnung Lüneburgs (Stadt und Kreis) zum bis dahin gefundenen (vermeintlichen) Konsens.
Im Raum Lüneburg wird seitdem folgende Position vertreten:
1. Man solle zur Rechtsstaatlichkeit zurückkehren. Das
Dialogforum sei nicht politisch legitimiert. Erforderlich sei ein
Raumordnungsverfahren, in welchem alle Trassenalternativen ausführlich
untersucht und bewertet würden. Auf dieser Basis sei dann eine abschließende
Trassenfestlegung vorzunehmen.
Anmerkung:
Es hatte bereits ein Raumordnungsverfahren stattgefunden. Als abschließende
Trasse war die so genannte Y-Trasse festgelegt worden. Diese war aber politisch
nicht durchzusetzen (vgl. Stuttgart 21, vgl. Vorlage 2015 1010, Kapitel 2). Es
sollte daher ein neuer Weg des Dialogs beschritten werden. Zur demokratischen
Legitimation des Dialogforums und dessen Besetzung vgl. auch Vorlage 2015 1010,
Kapitel 3.2. Ein erneutes Verfahren mit zu prüfenden Trassenvarianten würde den
ganzen Prozess der letzten 30 Jahre von vorne beginnen lassen.
2. Insbesondere sei in einem solchen geforderten
Raumordnungsverfahren eine neue Eisenbahntrasse nur für den
Schienengüterverkehr entlang der BAB 7 zu prüfen.
Anmerkung 1:
Im Nachgang des konstituierenden Dialogforums am 13.02.2015 wurde ein solcher
Trassierungsvorschlag von einem Teilnehmer des Forums eingebracht. Dieser
Vorschlag ist in der darauffolgenden Sitzung am 24.04.2015 nicht aufgegriffen
worden. Hier wäre für die Mitglieder des Dialogforums aus dem Raum Lüneburg die
Gelegenheit gewesen, sich offensiv für die Aufnahme der BAB-7-Variante in die
zu prüfenden Trassenalternativen einzusetzen. Dies ist aber nicht erfolgt.
Anmerkung 2:
Unter Anwendung der bekannten Kosten-Nutzen-Faktoren ist davon auszugehen, dass
eine reine Güterbahnvariante entlang der BAB 7 nicht zu den wirtschaftlichsten
gehören wird. Eine gutes Nutzen-Kosten-Verhältnis erhalten primär Trassen, die
dem schnellen Personenfernverkehr nutzen.
Anmerkung 3:
Eine BAB-7-Variante entspricht in ihrem südlichen Abschnitt der Y-Trasse. Nach
wie vor ist unklar, ob die Einbindung einer solchen Trasse in die
Bestandsstrecken über Burgdorf oder Isernhagen erfolgen würde. In jedem Fall
wäre Lehrte betroffen. Aus diesem Grund hat sich Burgdorf immer gegen eine
BAB-7-Variante ausgesprochen.
3. Die formulierten Bedingungen zur Umsetzung der Alpha-Variante
(z.B. verbesserter Lärmschutz) basierten nicht auf geltendem Recht, so dass es
keine Garantie für deren Einhaltung gebe. Die Realisierung der Alpha-Variante
erfolge einseitig zulasten der Menschen in Lüneburg. Überdies seien im
Projektbeirat zum großen Teil Mitglieder vertreten, die gar nicht von Alpha-E
betroffen seien.
Anmerkung 1:
Eben weil es keine Rechtsgrundlage für verbesserten Lärmschutz gibt, war es
wichtig, entsprechendes als Bedingung zu formulieren. Um die Erfolgsaussichten
zu erhöhen, versucht die Stadt Burgdorf schwerpunktmäßig darauf hinzuwirken,
- dass in der Bundespolitik ein Verständnis für die Wichtigkeit dieses
Anliegens entsteht,
- mögliche Untersuchungsansätze zu entwickeln, um den Aufwand für verbesserten
Lärmschutz zu quantifizieren und zu minimieren (Analyse mehrere
Lärmschutzvarianten durch die Bahn – diesen Auftrag hat die Bahn bereits - ;
Einsatz für die Prüfung städtebaulicher Mittel für besseren Lärmschutz – das
nds. Bauministerium hat Unterstützung hierbei zugesagt)
- und dass untersucht wird, auf welche Weise bei gleicher Schutzwirkung der
finanzielle Mehraufwand minimiert werden kann oder welcher zusätzliche Nutzen
jenseits der Bestimmungen zum NK-Verhältnis generiert werden könnte.
Der Schwerpunkt der inhaltlichen Arbeit der Stadt Burgdorf liegt also nicht
darin, das Ergebnis des Dialogforums Schiene Nord in Frage zu stellen, sondern
den formulierten Bedingungen zur Durchsetzung zu verhelfen.
Anmerkung 2:
Eine Realisierung der Alpha-Variante erfolgt nicht einseitig zu Lasten der
Menschen in Lüneburg, sondern streng genommen allgemein zu Lasten von Bewohnern
an Bestandsstrecken, also auch zu Lasten Burgdorfs und Lehrtes. Um diese Lasten
auszugleichen wurden entsprechende Bedingungen u.a. zum Lärmschutz formuliert.
Insofern ist die Stadt Burgdorf als stellvertretendes Mitglied im Projektbeirat
ebenfalls von Alpha-E betroffen und setzt sich entsprechend für die Einhaltung
der Bedingungen ein, ebenso wie z.B. die Stadt Verden/Aller.
Abschließende Bemerkung:
Obwohl die Städte Burgdorf und Lehrte an derselben Strecke liegen wie der Raum Lüneburg, ergeben sich jedoch folgende Unterschiede hinsichtlich der Einschätzung der Sachlage:
- Eine reine Güterbahn entlang
der BAB 7 würde den Raum Lüneburg in der Tat ganz erheblich entlasten; in
Burgdorf und Lehrte besteht jedoch das Risiko, dass die Strecke in das
jeweilige Stadtgebiet mündet, also keine Verbesserung eintritt.
- Die Stadtverwaltung Burgdorf
ist skeptisch, ob eine reine Güterbahn allein vom NK-Verhältnis her betrachtet
realistisch ist. Es besteht das Risiko, dass eine solche neue Trasse in erster
Linie Personenfernverkehr aufnimmt, mit dem verheerenden Ergebnis, dass die
Kapazität der Bestandsstrecke für den Güterverkehr deutlich erhöht würde.
Dieses Risiko wird im Raum Lüneburg offenbar nicht gesehen.
- Am realistischsten jedoch
erscheint, dass eine raumordnerisch festgestellte BAB-7-Variante aufgrund des
zu erwartenden massiven örtlichen Widerstands der betroffenen Bevölkerung
niemals gebaut wird (vgl. Geschichte der Y-Trasse), mit dem Ergebnis, dass die
Bahn mit allen verfügbaren und neuen Mitteln (z.B. ETCS) die Kapazitäten der
Bestandsstrecken erhöht – ohne dass die betroffenen Anlieger Anspruch auf
Lärmschutz hätten.
Auch dieses Risiko wird im Raum Lüneburg offenbar nicht gesehen.
Ich hoffe, dass ich mit diesen
Ausführungen die in der Ausschusssitzung vom 06.12.2018 aufgeworfene Frage
beantworten konnte. Sofern Sie weitere Informationen wünschen, stehe ich Ihnen
gerne zur Verfügung.
(Baxmann)