Beschlussvorschlag:
Ein Beschlussvorschlag wird im Rahmen der Beratungen formuliert.
Sachverhalt und Begründung:
In der Sitzung des Ausschusses für
Haushalt, Finanzen und Verwaltungsangelegenheiten am 27.11.2017 wurde die Verwaltung gebeten zu prüfen, ob gerade im Hinblick auf den
Wechsel des Bürgermeisters und des Ersten Stadtrates im Jahr 2019 ein Vorteil
für die Erstellung eines Doppelhaushaltes 2019/2020 zu erkennen sei.
Die Möglichkeit zur Aufstellung eines Doppelhaushaltes
ergibt sich aus § 112 Abs. 3 Satz 2 NKomVG. Danach kann die Haushaltssatzung
Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, enthalten.
Dementsprechend ist in § 7 KomHKVO weitergehend ausgeführt, dass im
Haushaltsplan die Erträge und Aufwendungen, die Einzahlungen und die
Auszahlungen und die Verpflichtungsermächtigungen für jedes Haushaltsjahr
getrennt veranschlagt werden, wenn in der Haushaltssatzung Festsetzungen für
zwei Haushaltsjahre getroffen werden. Folglich sind sämtliche Haushaltsansätze
auf ein Jahr zu beschränken, eine kumulierte Inanspruchnahme ist nicht möglich.
Da
sämtliche Vorschriften für den Haushaltausgleich, Kreditaufnahmen,
Inanspruchnahme von Haushaltsansätzen, Mittelübertragungen etc. für jedes
Haushaltsjahr getrennt anzuwenden sind, besteht die Haushaltsplanung für zwei
Jahre daher de facto aus zwei Haushaltsplänen, die für zwei aufeinander
folgende Jahre zusammengefasst und nebeneinander dargestellt werden.
Durch einen Doppelhaushalt würden sich im Wesentlichen folgende Vorteile
ergeben:
Ø Die
Verwaltung und auch die politischen Gremien würden im zweiten Jahr vom
aufwendigen Haushaltsplanaufstellungs- und -beratungsverfahren entlastet
werden, was insbesondere im Hinblick auf den Wechsel der Verwaltungsleitung
einen Vorteil darstellt. Zwar erhöht sich der Planungsaufwand für die
Erstellung des Doppelhaushaltes für die Verwaltung, jedoch bleibt der Aufwand insgesamt
geringer als bei der Aufstellung von zwei einzelnen Haushalten.
Ø Es
wäre hierdurch eine längerfristige Planungssicherheit gegeben.
Die Verwaltung kennt die umzusetzenden
Maßnahmen für die kommenden zwei Jahre, damit ist ein wesentlich größerer
Planungshorizont geschaffen, der einen besseren und wirtschaftlicheren Einsatz
sachlicher und personeller Ressourcen ermöglicht.
Ø Im
zweiten Jahr entfällt die Phase der vorläufigen Haushaltsführung.
Da die Haushaltssatzung des Folgejahres
bereits genehmigt und in Kraft ist, kommen die einschränkenden Regelungen der
vorläufigen Haushaltsführung nicht zur Anwendung. Dies erleichtert und
beschleunigt den Haushaltsvollzug, da hierfür dann ein volles Jahr zur
Verfügung steht. Dies brächte vor allem im Hoch- und Tiefbaubereich erhebliche
Vorteile, da Ausschreibungen früher vorgenommen und Baumaßnahmen entsprechend
früher begonnen werden könnten. Hierdurch könnten ggf. auch bessere
Ausschreibungsergebnisse erzielt werden, da die Ausschreibungen nicht in einen
Zeitraum fielen, in dem viele Ausschreibungen auf dem Markt sind bzw. die
bauausführenden Firmen ihre Kapazitäten anders auslasten könnten.
Der Nachteil eines Doppelhaushaltes liegt vor allem
in der zum Zeitpunkt der Haushaltsplanaufstellung relativ großen
Planungsunsicherheit für das zweite Planjahr. Steuerschätzungen, Gesetzesänderungen,
unerwartete konjunkturelle Veränderungen, Tarifabschlüsse, Erkenntnisfortschritte
bei Projekten und Schwerpunkten des Investitionsprogramms u. ä. können zu
erheblichen Veränderungen führen.
Die Daten zur Berechnung der Zuweisungen aus dem
kommunalen Finanzausgleich, die eine der bedeutendsten Ertragsquellen der Stadt
darstellen, liegen regelmäßig erst im November eines Jahres vor, so dass die
Erträge des zweiten Haushaltsjahres nur grob geschätzt werden können.
Für das hinten anzufügende weitere Jahr der
mittelfristigen Planung entsteht eine noch größere Ungewissheit als beim
letzten Planungsjahr zum einjährigen Haushalt, da für dieses Jahr weder
Orientierungsdaten noch Zahlen aus der Steuerschätzung vorliegen.
Sofern diese Veränderungen eine Korrektur von
Haushaltsansätzen erfordern, kommen bei einem Doppelhaushalt generell die
gleichen gesetzlichen Regelungen nach dem NKomVG und der KomHKVO zur Anwendung,
wie bei einem einjährigen Haushalt. Als Anpassungsinstrumente stehen danach
Umsetzungen innerhalb der allgemeinen Deckungsregeln (z. B. innerhalb der
Teilhaushalts-Budgets) und über- bzw. außerplanmäßige Mittelbereitstellungen
zur Verfügung. Auf Grund der geschilderten Unwägbarkeiten wird es voraussichtlich
erforderlich sein, im zweiten Planjahr einen (voraussichtlich umfangreichen) Nachtragshaushalt
zu beraten und zu beschließen.
Die Aufstellung eines Doppelhaushaltes bedingt in
technischer Hinsicht einen zeitlichen Vorlauf, da die Voraussetzungen in der von
der Stadt eingesetzten Finanzwesensoftware H&H erst eingerichtet werden
müssen. Zudem sind alle Anlagen und Bestandteile des Haushaltes, sämtliche
Berichte und Ausdrucke, Vorlagen und Formulare sowie die Darstellung der
Produkte ebenfalls zu überprüfen und anzupassen.
Der Zweijahreshaushalt ist im kommunalen Bereich in
Niedersachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern (z.B. Nordrhein-Westfalen,
Hessen, Bayern) bzw. dem staatlichen Bereich (z.B. Landeshaushalt
Niedersachsen) noch nicht so stark verbreitet.
U. a. folgende Kommunen haben aktuell oder hatten in der
Vergangenheit eine Haushaltssatzung für zwei Jahre (ohne Anspruch auf
Vollständigkeit):
Stadt
Lehrte (ca. 43.000 EW)
Erstmaliger Doppelhaushalt 2018/2019. Abschließende
Erkenntnisse konnten noch nicht gewonnen werden.
Stadt
Pattensen (ca. 15.000 EW)
Nach Aussagen der Verwaltung sind die Erfahrungen sehr
positiv. Die Stadt Pattensen hat im Rahmen des Doppelhaushaltes nur eine
Nachtragshaushaltssatzung für 2017 beschlossen.
Die Stadt Hannover hat für die Haushaltsjahre 2017 / 2018
aktuell einen Doppelhaushalt beschlossen. In einer Pressemitteilung im Rahmen
des Aufstellungsverfahrens weist die Stadt Hannover auf folgendes hin:
„Doppelhaushalt spart mehr als 10 Mio. Euro
Mit dem Doppelhaushalt für zwei Jahre erhöht sich die
Planungssicherheit für Politik und Verwaltung. Zugleich erzielt die Stadt damit
erhebliche Einsparungen. Denn viele Sachkosten, die nicht zwingend an
Tariferhöhungen oder andere Kostensteigerungen gebunden sind, bleiben für zwei
Jahre stabil. Der Stadtkämmerer erwartet deshalb daraus für das
Haushaltssicherungskonzept (HSK) Einsparungen zwischen 10 und 20 Mio. Euro.“
Stadt Varel (ca.
25.000 EW)
Im Jahresbericht
2015 der Stadt Varel findet sich folgende Aussage:
„Ein Doppelhaushalt beinhaltet Festsetzungen gleich für zwei
Haushaltsjahre und spart nicht nur personelle Ressourcen im Rahmen der
Haushaltsaufstellung sondern gibt Politik und Verwaltung auch über einen
längeren Zeitraum Planungssicherheit.“
Stadt Melle (ca.
47.000 EW)
Die Stadt Melle führt im Vorbericht zum Doppelhaushalt 2016 / 2017
folgendes aus:
„Durch die Beschlussfassung über eine Haushaltsplanung für 2
Jahre besteht Planungs- und Ausführungssicherheit über den Zeitpunkt der
Kommunalwahl 2016 hinaus. Ergänzungen oder Schwerpunktänderungen können mittels
eines Nachtragshaushaltes gegebenenfalls nachgesteuert werden, sodass dem Rat
der kommenden Wahlperiode dennoch alle Handlungsmöglichkeiten gegeben sind. „
Stadt Uetze (ca. 20.000 Einwohner)
Die Stadt Uetze plant für die Jahre 2019 / 2020 einen
Doppelhaushalt aufzustellen.