Betreff
Aufstellung eines Doppelhaushaltes für die Haushaltsjahre 2019 und 2020
Vorlage
BV 2018 0506
Art
Beschlussvorlage

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Ein Beschlussvorschlag wird im Rahmen der Beratungen formuliert.

Sachverhalt und Begründung:

 

In der Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Finanzen und Verwaltungsangelegenheiten am 27.11.2017 wurde die Verwaltung gebeten zu prüfen, ob gerade im Hinblick auf den Wechsel des Bürgermeisters und des Ersten Stadtrates im Jahr 2019 ein Vorteil für die Erstellung eines Doppelhaushaltes 2019/2020 zu erkennen sei.

 

 

Die Möglichkeit zur Aufstellung eines Doppelhaushaltes ergibt sich aus § 112 Abs. 3 Satz 2 NKomVG. Danach kann die Haushaltssatzung Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, enthalten. Dementsprechend ist in § 7 KomHKVO weitergehend ausgeführt, dass im Haushaltsplan die Erträge und Aufwendungen, die Einzahlungen und die Auszahlungen und die Verpflichtungsermächtigungen für jedes Haushaltsjahr getrennt veranschlagt werden, wenn in der Haushaltssatzung Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre getroffen werden. Folglich sind sämtliche Haushaltsansätze auf ein Jahr zu beschränken, eine kumulierte Inanspruchnahme ist nicht möglich. Da sämtliche Vorschriften für den Haushaltausgleich, Kreditaufnahmen, Inanspruchnahme von Haushaltsansätzen, Mittelübertragungen etc. für jedes Haushaltsjahr getrennt anzuwenden sind, besteht die Haushaltsplanung für zwei Jahre daher de facto aus zwei Haushaltsplänen, die für zwei aufeinander folgende Jahre zusammengefasst und nebeneinander dargestellt werden.

 

 

Durch einen Doppelhaushalt würden sich im Wesentlichen folgende Vorteile ergeben:

 

Ø  Die Verwaltung und auch die politischen Gremien würden im zweiten Jahr vom aufwendigen Haushaltsplanaufstellungs- und -beratungsverfahren entlastet werden, was insbesondere im Hinblick auf den Wechsel der Verwaltungsleitung einen Vorteil darstellt. Zwar erhöht sich der Planungsaufwand für die Erstellung des Doppelhaushaltes für die Verwaltung, jedoch bleibt der Aufwand insgesamt geringer als bei der Aufstellung von zwei einzelnen Haushalten.

 

Ø  Es wäre hierdurch eine längerfristige Planungssicherheit gegeben.

Die Verwaltung kennt die umzusetzenden Maßnahmen für die kommenden zwei Jahre, damit ist ein wesentlich größerer Planungshorizont geschaffen, der einen besseren und wirtschaftlicheren Einsatz sachlicher und personeller Ressourcen ermöglicht.

 

Ø  Im zweiten Jahr entfällt die Phase der vorläufigen Haushaltsführung.

Da die Haushaltssatzung des Folgejahres bereits genehmigt und in Kraft ist, kommen die einschränkenden Regelungen der vorläufigen Haushaltsführung nicht zur Anwendung. Dies erleichtert und beschleunigt den Haushaltsvollzug, da hierfür dann ein volles Jahr zur Verfügung steht. Dies brächte vor allem im Hoch- und Tiefbaubereich erhebliche Vorteile, da Ausschreibungen früher vorgenommen und Baumaßnahmen entsprechend früher begonnen werden könnten. Hierdurch könnten ggf. auch bessere Ausschreibungsergebnisse erzielt werden, da die Ausschreibungen nicht in einen Zeitraum fielen, in dem viele Ausschreibungen auf dem Markt sind bzw. die bauausführenden Firmen ihre Kapazitäten anders auslasten könnten.

 

Der Nachteil eines Doppelhaushaltes liegt vor allem in der zum Zeitpunkt der Haushaltsplanaufstellung relativ großen Planungsunsicherheit für das zweite Planjahr. Steuerschätzungen, Gesetzesänderungen, unerwartete konjunkturelle Veränderungen, Tarifabschlüsse, Erkenntnisfortschritte bei Projekten und Schwerpunkten des Investitionsprogramms u. ä. können zu erheblichen Veränderungen führen.

 

Die Daten zur Berechnung der Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich, die eine der bedeutendsten Ertragsquellen der Stadt darstellen, liegen regelmäßig erst im November eines Jahres vor, so dass die Erträge des zweiten Haushaltsjahres nur grob geschätzt werden können.

 

Für das hinten anzufügende weitere Jahr der mittelfristigen Planung entsteht eine noch größere Ungewissheit als beim letzten Planungsjahr zum einjährigen Haushalt, da für dieses Jahr weder Orientierungsdaten noch Zahlen aus der Steuerschätzung vorliegen.

 

 

Sofern diese Veränderungen eine Korrektur von Haushaltsansätzen erfordern, kommen bei einem Doppelhaushalt generell die gleichen gesetzlichen Regelungen nach dem NKomVG und der KomHKVO zur Anwendung, wie bei einem einjährigen Haushalt. Als Anpassungsinstrumente stehen danach Umsetzungen innerhalb der allgemeinen Deckungsregeln (z. B. innerhalb der Teilhaushalts-Budgets) und über- bzw. außerplanmäßige Mittelbereitstellungen zur Verfügung. Auf Grund der geschilderten Unwägbarkeiten wird es voraussichtlich erforderlich sein, im zweiten Planjahr einen (voraussichtlich umfangreichen) Nachtragshaushalt zu beraten und zu beschließen.

 

 

Die Aufstellung eines Doppelhaushaltes bedingt in technischer Hinsicht einen zeitlichen Vorlauf, da die Voraussetzungen in der von der Stadt eingesetzten Finanzwesensoftware H&H erst eingerichtet werden müssen. Zudem sind alle Anlagen und Bestandteile des Haushaltes, sämtliche Berichte und Ausdrucke, Vorlagen und Formulare sowie die Darstellung der Produkte ebenfalls zu überprüfen und anzupassen.

 

 

 

Der Zweijahreshaushalt ist im kommunalen Bereich in Niedersachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern (z.B. Nordrhein-Westfalen, Hessen, Bayern) bzw. dem staatlichen Bereich (z.B. Landeshaushalt Niedersachsen) noch nicht so stark verbreitet.

 

U. a. folgende Kommunen haben aktuell oder hatten in der Vergangenheit eine Haushaltssatzung für zwei Jahre (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

 

 

Stadt Lehrte (ca. 43.000 EW)

Erstmaliger Doppelhaushalt 2018/2019. Abschließende Erkenntnisse konnten noch nicht gewonnen werden.

 

Stadt Pattensen (ca. 15.000 EW)

Nach Aussagen der Verwaltung sind die Erfahrungen sehr positiv. Die Stadt Pattensen hat im Rahmen des Doppelhaushaltes nur eine Nachtragshaushaltssatzung für 2017 beschlossen.

 

Die Stadt Hannover hat für die Haushaltsjahre 2017 / 2018 aktuell einen Doppelhaushalt beschlossen. In einer Pressemitteilung im Rahmen des Aufstellungsverfahrens weist die Stadt Hannover auf folgendes hin:

„Doppelhaushalt spart mehr als 10 Mio. Euro

Mit dem Doppelhaushalt für zwei Jahre erhöht sich die Planungssicherheit für Politik und Verwaltung. Zugleich erzielt die Stadt damit erhebliche Einsparungen. Denn viele Sachkosten, die nicht zwingend an Tariferhöhungen oder andere Kostensteigerungen gebunden sind, bleiben für zwei Jahre stabil. Der Stadtkämmerer erwartet deshalb daraus für das Haushaltssicherungskonzept (HSK) Einsparungen zwischen 10 und 20 Mio. Euro.“

 

Stadt Varel (ca. 25.000 EW)

Im Jahresbericht 2015 der Stadt Varel findet sich folgende Aussage:

„Ein Doppelhaushalt beinhaltet Festsetzungen gleich für zwei Haushaltsjahre und spart nicht nur personelle Ressourcen im Rahmen der Haushaltsaufstellung sondern gibt Politik und Verwaltung auch über einen längeren Zeitraum Planungssicherheit.“

 

Stadt Melle (ca. 47.000 EW)

Die Stadt Melle führt im Vorbericht zum Doppelhaushalt 2016 / 2017 folgendes aus:

„Durch die Beschlussfassung über eine Haushaltsplanung für 2 Jahre besteht Planungs- und Ausführungssicherheit über den Zeitpunkt der Kommunalwahl 2016 hinaus. Ergänzungen oder Schwerpunktänderungen können mittels eines Nachtragshaushaltes gegebenenfalls nachgesteuert werden, sodass dem Rat der kommenden Wahlperiode dennoch alle Handlungsmöglichkeiten gegeben sind. „

 

Stadt Uetze (ca. 20.000 Einwohner)

Die Stadt Uetze plant für die Jahre 2019 / 2020 einen Doppelhaushalt aufzustellen.