Bezugsvorlage: A 2018 0654, Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung, Antrag der FDP
Die FDP-Ratsfraktion hat am 21.07.2018 den
Antrag auf Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung gestellt.
Mit dieser Vorlage soll daher zunächst ein
erster Überblick über die Historie der Entstehung der Straßenausbaubeiträge und
die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten von straßenbaulichen Maßnahmen
gegeben werden. Des Weiteren wird zu der Begründung des Antrages Stellung
genommen. Zunächst soll die Reihenfolge der Finanzmittelbeschaffung erläutert
werden.
I.
Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung
1.
Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG)
Nach § 111 Abs. 5 NKomVG haben die
Gemeinden die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel,
1. soweit
vertretbar und geboten, aus speziellen Entgelten für die von ihnen erbrachten
Leistungen,
2. im
übrigen aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht
ausreichen.
Eine Rechtspflicht zur Erhebung von
Straßenausbaubeiträgen oder wiederkehrenden Beiträgen für Verkehrsanlagen
besteht nicht.
Die
Kommunen dürfen nach § 111 Abs. 6 NKomVG nur dann Kredite aufnehmen, wenn eine
andere Finanzierung nicht möglich oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.
2.
Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (NKAG)
Nach § 3 NKAG Abs. 5 sollen Gemeinden
Steuern erheben, wenn ihre sonstigen Einnahmen (z. B. spezielle Entgelte für die
von ihnen erbrachten Leitungen) zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen.
Zu den sonstigen Einnahmen
zählen die sog. Einmalbeiträge (Straßenausbaubeiträge nach § 6 NKAG) sowie
wiederkehrende Beiträge (nach § 6 b NKAG) zur Deckung des Aufwandes für u. a.
die Erneuerung oder Verbesserung ihrer öffentlichen Einrichtungen (öffentlichen
Straßen, Wege, Plätze).
3.
Rechtliche Würdigung
Aus den vorgenannten Rechtsvorschriften
ergibt sich folgende Rangfolge der Finanzmittelbeschaffung:
1.
Sonstige
Finanzmittel
Alle Einnahmen, die nicht den Entgelten oder Steuern zuzuordnen sind,
z. B. Erträge auf Vermögensnutzung (z. B. Grundstücksverkäufe) und staatliche
Zuweisungen (z. B. Fördermittel)
2. Spezielle
Entgelte soweit Erhebung vertretbar
und geboten (dazu
gehören
auch Straßenausbaubeiträge)
-> § 110 Abs. 2 NKomVG Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit
und
Sparsamkeit
3. Im
übrigen Steuern
->
subsidiär
-> ebenfalls: § 3 Abs. 5 Satz 1 NKAG: Gemeinden sollen nur Steuern
erheben, soweit sonstige Einnahmen (s. Ziff. 1 und 2) nicht
ausreichen
4. Kredite
II.
Finanzmittelbedarf (überschlägige Ermittlung)
Das Straßennetz der Stadt Burgdorf verfügt
über rd. 480 Straßen und hat eine Gesamtlänge von rd. 160 km. Eine Straße wird
über 50 Jahre abgeschrieben. Das bedeutet, dass rein rechnerisch jährlich etwa
3 km Straße (9-10 Straßen) erneuert werden müssten (letztlich ist hier der
technische Zustand maßgeblich). Für einen Straßenkilometer würden
durchschnittliche Ausbaukosten in Höhe von ca. 1,8 Mio € (ohne
Kanalerneuerung) entstehen. Der jährliche Finanzmittelbedarf bei einer
kontinuierlichen Erneuerung der Straßen würde somit rd. 5,4 Mio € betragen. Zur
Zeit werden rd. 50 % der beitragsfähigen Kosten über Straßenausbaubeiträge
finanziert.
Der Grundsteuerhebesatz beträgt in
Burgdorf derzeit 490 v. H. Im Haushaltsplan sind für 2018 Grundsteuereinnahmen
(Grundsteuer B) in Höhe von 5,61 Mio € vorgesehen.
Um den Ausfall der Straßenausbaubeiträge
in Höhe von 2,7 Mio € zu kompensieren, wäre eine Erhöhung um 235 v. H. auf 725
v. H. erforderlich. 2017 betrug der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz in
der Region Hannover 472,3 v. H. (Laatzen: 600 v. H., Barsinghausen: 560 v. H.,
Seelze: 550 v. H., Gehrden, Uetze, Wunstorf: 490 v. H.).
Tatsächlich wurden sowohl aus technischen
Erwägungen sowie aus personellen und finanziellen Gründen in den vergangenen
Jahren durchschnittlich zwei Straßen erneuert. Auch wenn weniger befahrene
Straßen in der Regel länger als 50 Jahre halten, besteht ein Investitionsstau im
Bereich der städtischen Straßen.
Soweit die Straßenerneuerung im bisherigen
Umfang (durchschnittlich zwei Straßen/Jahr) weitergeführt wird, ist von einem
jährlichen Finanzmittelbedarf von rd. 600.000 -700.000 € und
durchschnittlichen Beitragseinnahmen in Höhe von rd. 300.000 € - 350.000 €
auszugehen. Um diese Einnahmen über Grundsteuern zu generieren, wäre der
Hebesatz um 27 v. H. (=517 v. H.) anzuheben. Im Gegenzug könnten in der
Tiefbauverwaltungsabteilung voraussichtlich Stellenanteile von ca. 0,5 Stellen
(ca. 34.000 €/Jahr) eingespart werden.
III.
Erläuterungen zu den unterschiedlichen Finanzmitteln
1.
Grundsteuern nach § 3 NKAG
Nach § 3 Abs. 5 NKAG sollen die Gemeinden
Steuern erheben, soweit ihre sonstigen Einnahmen zur Deckung der Ausgaben nicht
ausreichen. Steuern sind nicht
zweckgebunden, sondern werden über den allgemeinen Haushalt verteilt.
Insbesondere in Jahren mit einem nicht ausgeglichenen Haushalt besteht die
Gefahr, dass gerade die Straßenbaumaßnahmen verschoben werden. Der Investitionsstau
würde somit weiter anwachsen.
Bei einer Finanzierung der
straßenbaulichen Maßnahmen über eine Erhöhung der Grundsteuern wird der
erforderliche Finanzierungsbedarf auf alle grundsteuerpflichtigen Grundstücke
verteilt. Dabei ist zu beachten, dass z. B. städtische (z. B. Schulen,
Kindergärten, Friedhöfe, Verwaltungsgebäude, Dienstwohnungen, Sportanlagen
usw.) sowie kirchliche Grundstücke (Kirchen, Gemeindehäuser,
Verwaltungsgebäude, Dienstwohnungen usw.) grundsteuerbefreit sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit
Urteil vom 10.04.2018 entschieden, dass die Grundsteuern einer grundlegenden
Überarbeitung bedürfen. Die Verfassungsrichter bemängelten, dass die
Einheitswerte für Grundstücke und Häuser seit 1964 bestehen und seitdem nicht
mehr angepasst wurden. Es sind in näherer Zukunft sämtliche Grundstücke neu zu
bewerten. Welche Änderungen sich durch die Neubewertung ergeben, ist derzeit
nicht abzusehen.
Durch die erheblichen Unterschiede in der
Höhe der Einheitswerte ergeben sich auch große Unterschiede bei den jährlichen
Grundsteuern. In der nachstehenden Tabelle werden beispielhaft
Einfamilienhäuser alt/neu und Eigentumswohnungen alt/neu mit dem derzeitigen
Hebesatz von 490 v. H. und einem angenommenen Hebesatz von 517 v. H.
(Erneuerung im bisherigen Umfang) bzw. 725 v.H. (Erneuerung nach
Abschreibungszeitraum) gegenübergestellt.
Beispiele |
Einfamilienhaus
Altbau (ca. 1960) |
Einfamilienhaus Neubau |
Differenz Alt-/Neubau |
Hebesatz 490 v.H |
265,09 € |
489,36 € |
= 224,27 € |
Hebesatz 517 v.H. |
279,70 € |
516,32 € |
= 236,62 € |
Hebesatz 725 v.H |
392,23 € |
724,05 € |
= 331,82 € |
|
Eigentumswohnung Altbau (ca.
1980) |
Eigentumswohnung Neubau |
Differenz Alt-/Neubau |
Hebesatz 490 v.H |
306,89 € |
405,97 € |
= 99,08 € |
Hebesatz 517 v.H |
323,80 € |
428,34 € |
= 104,54 € |
Hebesatz 725 v.H |
454,07 € |
600,67 € |
= 146,60 € |
Die vorstehenden Zahlen machen deutlich,
dass die Eigentümer von Altbauten aufgrund ihrer niedrigeren Einheitswerte
erheblich weniger Grundsteuern zahlen, als die Eigentümer von Neubauten.
Bei einer Aufhebung der
Straßenausbaubeitragssatzung und einer Finanzierung der Straßenbaumaßnahmen
über Grundsteuern ist eine Verschonungsregel für Neubaugebiete oder die
Grundstücke an gerade erneuerten Straßen gesetzlich nicht vorgesehen.
Das bedeutet, Grundstückseigentümer von
Neubauten in Neubaugebieten haben erst kürzlich für den Neubau ihrer Straße
Erschließungsbeiträge gezahlt. Für diese Straßen fallen viele Jahre lediglich
geringe Unterhaltungskosten an. In den älteren Wohngebieten sind die Straßen
teilweise älter als 50 Jahre und die Erneuerung steht bevor.
Bei einer Erhöhung der Grundsteuern würden
die Eigentümer in Neubaugebieten somit unverhältnismäßig hoch belastet und
gegenüber den Eigentümern in alten Wohngebieten erheblich benachteiligt.
Gleiches gilt bei Straßen, die in den letzten Jahren erneuert wurden und deren
Eigentümer zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen wurden.
Grundsteuern können von den Vermietern auf
ihre Mieter umgelegt werden. Für die Eigentümer von selbst bewohnten
Wohneigentum (insbesondere von Neubauten) und Mieter entstehen somit
zusätzliche Belastungen. Immobilieninvestoren und Wohnungsbaugesellschaften
werden dagegen erheblich entlastet, da sie keine Rücklagen für
Straßenausbaubeiträge bilden müssen.
2.
Wiederkehrende Beiträge nach § 6 b NKAG
Mit der Änderung des Nieders.
Kommunalabgabengesetzes (NKAG) zum 01.04.2017 und der damit verbundenen
Einführung des § 6 b hat der Landesgesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass
Kommunen Beiträge für straßenbauliche Maßnahmen nicht nur in Form von
einmaligen Straßenausbaubeiträgen, sondern auch in Form von jährlichen
„Wiederkehrenden Beiträgen“ erheben können. Dabei können auch hier nur
investive Maßnahmen auf die Grundstückseigentümer der jeweiligen
Abrechnungsgebiete umgelegt werden. Reine Unterhaltungsmaßnahmen dürfen nicht
umgelegt werden.
Die Refinanzierungsquote bei
wiederkehrenden Beiträgen liegt bei bis zu 80 % (lt. NKAG ist ein
Gemeindeanteil von mindestens 20 % vorgesehen). Dabei ist jedes
Abrechnungsgebiet individuell zu betrachten und der Gemeindeanteil für den
Fremdverkehr ist gegenüber dem Ziel- und Quellverkehr entsprechend zu
gewichten. Insbesondere die Bildung der Abrechnungsgebiete beinhaltet eine hohe
Rechtsunsicherheit. Die Abrechnungsgebiete sind unter Beachtung der tatsächlichen
örtlichen Gegebenheiten zu bilden. Topographische Merkmale sind dabei ebenso zu
berücksichtigen wie andere trennende Merkmale (z. B. Bahnlinie, größere
Flussläufe, große Straßen mit trennender Wirkung, größere Außenbereichsflächen
usw.). Für die Kernstadt wird derzeit davon ausgegangen, dass mindestens acht
Abrechnungsgebiete zu bilden wären (s. Anlage 1).
Der Verwaltungsaufwand bei der Umstellung
von Einmalbeiträgen auf wiederkehrende Beiträge ist sehr hoch, da jedes
Grundstück im Gemeindegebiet aufgrund seiner baulichen Nutzung bewertet werden
muss. Des Weiteren ist es erforderlich, nach der Ersterfassung die Daten
aktuell zu halten.
Bei einer Umstellung von Einmalbeiträgen
auf wiederkehrende Beiträge können Verschonungsregelungen aufgestellt werden,
so dass Eigentümer von Grundstücken, die gerade mit Erschließungs- oder
Straßenausbaubeiträgen belastet wurden, für eine bestimmte Zeit (bis zu 20
Jahre) beitragsfrei gestellt werden.
In Rheinland-Pfalz werden bereits seit
Mitte der 1990-er Jahre wiederkehrende Beiträge erhoben. Weitere Bundesländer
haben in den vergangenen Jahren ebenfalls wiederkehrende Beiträge eingeführt.
Viele Satzungen wurden jedoch von den Verwaltungsgerichten beanstandet,
insbesondere weil die Abrechnungsgebiete falsch gebildet wurden. Für
Niedersachsen besteht noch keine Rechtsprechung und somit noch hohe
Rechtsunsicherheit.
3.
Straßenausbaubeiträge nach § 6 Abs. 1 NKAG (Einmalbeiträge)
Die Kommunen können nach § 6 Abs. 1 NKAG
zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung,
Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (öffentliche
Straßen, Wege und Plätze) Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben,
denen die Inanspruchnahmemöglichkeit besondere wirtschaftliche Vorteile bietet
(Vorteilsprinzip: Es zahlen nur die, die einen Erschließungsvorteil haben,
Allgemeingebrauch wird abgezogen).
Bereits seit Inkrafttreten der
Straßenausbaubeitragssatzung vom 15.07.1959 erhebt die Stadt Burgdorf einmalige
Straßenausbaubeiträge für den Ausbau ihrer öffentlichen Straßen.
Beiträge werden nur für
Investitionsmaßnahmen erhoben. Es können auch Beiträge für bestimmte
Teilmaßnahmen im Rahmen der Aufwandsspaltung erhoben werden (z. B. Erneuerung
der Gehwege, Verbesserung der Beleuchtung durch den Austausch der
Leuchtenaufsätze). Sanierungs- und Unterhaltungsarbeiten wie z. B.
Deckensanierungen, Reparaturen von Schlaglöchern oder defekten Leuchtmitteln
sind dagegen nicht beitragsfähig.
Je nach Straßentyp und Teileinrichtung
(Fahrbahn, Gehweg, Beleuchtung usw.) werden von den Anliegern unterschiedliche
Anteilssätze (Anliegerstraße: 75 %, Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr:
40 - 70 %, Durchgangsstraße: 30 – 60 %) erhoben. Dabei hat die Stadt den Anteil
der zu erwartenden Benutzung der ausgebauten Straße durch den Ziel- und
Quellverkehr der Anlieger sowie durch den Fremdverkehr gegenüberzustellen und
zu gewichten.
In Anlage 2 sind die drei Möglichkeiten
der Straßenbaufinanzierung in einer Tabelle mit Vor- und Nachteilen
dargestellt. Es ist dabei zu beachten, dass diese Vorlage lediglich einen
kleinen Überblick über die Finanzierungsmöglichkeiten geben kann, da es sich um
ein sehr komplexes und tiefergehendes Thema handelt.
IV.
Anmerkungen zur Begründung des FDP-Antrages
1. Es wird gefordert, zukünftig auf die
Inanspruchnahme von Anliegerbeiträgen zu verzichten und vorgeschlagen, die
notwendige Finanzierung über anderweitige Steuern und Abgaben, wie zum Beispiel
Grundsteuern und Erschließungsbeiträge sicherzustellen.
Hinsichtlich der
Finanzierung über Grundsteuern wurde unter Punkt III.1 bereits ausführlich
Stellung genommen.
Erschließungsbeiträge werden
für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen erhoben. Das
Baugesetzbuch sieht vor, dass bis zu 90 % der Herstellungskosten auf die
erschlossenen Grundstücke umgelegt werden können. Mindestens 10 % der Kosten
werden von der Kommune getragen. Die Erschließungsbeitragssatzung der Stadt
Burgdorf sieht diese Beteiligung der bevorteilten Grundstücke ebenso vor. Eine
Kompensation der Einnahmeverluste durch die Erhöhung der Erschließungsbeiträge
ist daher ausgeschlossen.
2. Nach einer NDR-Umfrage machen nur 2/3 der
niedersächsischen Gemeinden Gebrauch von der Möglichkeit, Straßenausbaubeiträge
zu erheben.
Wie bereits ausgeführt wurde, erhebt die
Stadt Burgdorf bereits seit inkrafttreten der Regelung im Nieders.
Kommunalabgabengesetz im Jahr 1959 Straßenausbaubeiträge für die Erneuerung und
Verbesserung ihrer öffentlichen Straßen. Sehr viele Grundstückseigentümer
wurden in den letzten fast 60 Jahren für den Erhalt ihrer Straßen zu
Straßenausbaubeiträgen herangezogen. Eine Abschaffung der Beiträge würde zu
einer Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen führen, die für den Ausbau
bezahlt haben.
Viele Gemeinden haben
bereits seit vielen Jahren keine Straßenausbaubeitragssatzung oder haben
niemals Straßenausbaubeiträge erhoben, z. B weil die Gemeinden über ein höheres
Gewerbesteuereinkommen verfügen und Straßenbaumaßnahmen über den allgemeinen
Haushalt beglichen werden können. Viele Gemeinden denken allerdings auch
darüber nach, z. B. wiederkehrende Beiträge einzuführen.
Da es sich bei der
NDR-Umfrage lediglich um eine pauschale Abfrage aus dem Jahr 2015 (vor Einführung
der wiederkehrenden Beiträge)handelt, stellt es keine repräsentative Umfrage
dar. Aus diesem Grund kann man diese Umfrage nicht pauschal auf Burgdorf
übertragen.
3. Die Höhe der Beiträge, die von den
Grundstückseigentümern erhoben werden, kann für die Betroffenen, insbesondere
sozial schwächere und ältere Menschen, existenzbedrohende Ausmaße annehmen.
Wer in einem Neubaugebiet gebaut hat und
dort zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Herstellung der Straße
herangezogen wurde, wird in der Regel frühestens nach mehr als 40 Jahren wieder
zu Straßenausbaubeiträgen (für den weiteren Erhalt der Straße) herangezogen
(Ausnahme z. B.: Beiträge im niedrigen dreistelligen Bereich für die Erneuerung
der Beleuchtung).
Durch die frühzeitige Anliegerinformation
(s. unter Nr. 5 und 6) erhalten die Anlieger in der Regel rund ein Jahr zuvor
Kenntnis von der bevorstehenden Beitragserhebung. Im Rahmen der
Informationsveranstaltung wird auch über die Möglichkeit von Ratenzahlungen und
Stundungen Auskunft gegeben bzw. es wird geraten, im jeweiligen Fall Kontakt
mit dem zuständigen Sachbearbeiter aufzunehmen. Da
jedoch nach Abgabenordnung 0,5 % Zinsen/Monat erhoben werden müssen, wurden in
den vergangenen Jahren nur sehr selten Stundungen beantragt. Nach den hiesigen
Kenntnissen ist bisher kein Fall bekannt, dass ein Hausverkauf wegen
Anliegerbeiträgen erforderlich gewesen ist.
4. Anlieger von Bundes-, Landes- und
Kreisstraßen sind von Straßenausbaubeiträgen nicht betroffen.
Auch Anlieger von klassifizierten Straßen
werden für die in der Baulast der Stadt liegenden Teileinrichtungen (Gehweg,
Parkstreifen und Beleuchtung) zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen (z. B.
aktuell in der Hauptstraße in Sorgensen). Diese Aussage ist daher falsch.
Des Weiteren hat auch die Region die
Möglichkeit, für ihre Kreisstraßen Straßenausbaubeiträge zu erheben. Sie hat
von dieser Möglichkeit nur bisher keinen Gebrauch gemacht und keine
Straßenausbaubeitragssatzung erlassen.
5. Die betroffenen Grundstückseigentümer haben
trotz der finanziellen Beteiligung keine Eigentums- und Mitwirkungsrechte an
der Ausbaumaßnahme. Die Straße kann potentiell von jedermann zu jeder Zeit
genutzt werden.
Die Stadt führt seit vielen
Jahren vor den politischen Beratungen zum Ausbauprogramm eine
Anliegerversammlung durch, in welcher die Planungen vorgestellt werden und bei
denen auch Anregungen der betroffenen Grundstückseigentümer entgegengenommen
und – sofern rechtlich und technisch möglich – auch in die Ausbauplanungen
aufgenommen werden. Dieses Verfahren hat sich bewährt, weil die direkten
Anlieger oftmals Kenntnisse haben, die der Verwaltung in dieser Form nicht
bekannt sind. In den vergangenen Jahren konnte festgestellt werden, dass durch
die frühzeitige Anliegerinformation eine hohe Akzeptanz für die Ausbaumaßnahmen
erreicht wird. In den Anliegerversammlungen wird weiterhin das Beitragsrecht in
seinen Grundzügen dargestellt und angeboten, bei weiteren Fragen,
Einzelgespräche mit den jeweiligen Sachbearbeitern zu führen.
Eigentumsrechte an den
öffentlichen Straßen werden tatsächlich nicht erworben. Sie stehen der
Allgemeinheit dauerhaft zur Verfügung.
Bei Privatstraßen liegt der
Anteil der Baukosten für die Grundstückseigentümer bei 100 %. Bei diesen
Straßen können die Eigentümer selbständig entscheiden, wie und wann die Straßen
ausgebaut werden und wer diese Straße benutzen darf. Diese Eigentümer zahlen
jedoch neben den Baukosten auch sämtliche Unterhaltungskosten für Beleuchtung,
Reparaturen an der Straße und der Entwässerung, 100 % der Kosten für den
Winterdienst und die Straßenreinigung usw.
Bei öffentlichen Straßen
wird, je nachdem, wie hoch das Verhältnis zwischen Anlieger- und Fremdverkehr
liegt, der beitragsfähige Aufwand für Investitionsmaßnahmen zwischen der Stadt
und den bevorteilten Grundstücken aufgeteilt. Die Kosten für die laufende
Unterhaltung wie Reparaturen an der Straße und der Entwässerung, Stromkosten
und Instandhaltung der Beleuchtung, Pflege der Grünanlagen usw. werden zu 100 %
von der Stadt und somit von der Allgemeinheit – die diese Straßen auch nutzen
darf – getragen.
6. Anwohner können nicht mitentscheiden, ob
eine Ausbaumaßnahme überhaupt in Angriff genommen werden soll, sowie wann und
auf welche Art und Weise dies geschieht. Darüber entscheidet ausschließlich der
Stadtrat.
Wie bereits unter Nr. 5 erläutert, haben
Anlieger bei den Anliegerversammlungen Gelegenheit, zu den Planungen Anregungen
und Vorschläge einzubringen. Die Anlieger werden auch darüber informiert, wann
die politischen Gremien in öffentlicher Sitzung über das Ausbauprogramm beraten
und die Möglichkeit besteht, an diesen Beratungen teilzunehmen.
Ob eine Straße ausgebaut
werden muss, richtet sich zunächst nach dem Zustand des Kanals und der Straße.
Anhand von Kamerabefahrungen wird eine Bestandsaufnahme der Schäden in den
Abwasserkanälen erstellt, in der die Anzahl und Art der Schäden beurteilt wird.
Daraus ergibt sich eine Prioritätenliste, welche den politischen Gremien in
regelmäßigen Abständen vorgelegt wird und aus der sich die Reihenfolge der
notwendigen Straßenausbaumaßnahmen ergibt (zuletzt 2017 unter der Vorlagen-Nr.
2017 0244). Diese Prioritätenliste ist im Bürgerinformationsportal jederzeit
einsehbar, so dass interessierte Grundstückseigentümer diese Informationen in
der Regel bereits Jahre vor der eigentlichen Baumaßnahme entnehmen können.
Wann eine Straße ausgebaut
wird, hängt letztlich von der Bereitstellung der finanziellen Mittel durch den
Rat ab.
V.
Zusammenfassung und Fazit
Eine Abschaffung der
Straßenausbaubeitragssatzung mit dem einhergehenden Verzicht auf die Erhebung
von Straßenausbaubeiträgen erfordert mit dem Blick auf den seit Jahren
defizitären Haushalt eine Refinanzierung der Einnahmeausfälle. Dies auch im
Hinblick darauf, dass die Begehrlichkeiten für den Ausbau der „eigenen“ Straße
bei einem über Grundsteuern finanzierten Straßenausbau nicht zu überschauen
sind. Die einmaligen Straßenausbaubeiträge tragen seit fast 60 Jahren zu einer
vorausschauenden und sinnvollen Erneuerung unserer Stadtstraßen bei.
Für weitere Ausführungen, ggf. auch wegen
den Möglichkeiten zu einer evtl. Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen, wird
vorgeschlagen, einen Fachanwalt für Abgabenrecht (Herrn Dr. J. Christian von
Waldhausen, Kanzlei Versteyl & Partner) für einen Vortrag einzuladen.
(Baxmann)
Anlage 1: Plan „mögliche
Abrechnungsgebiete Kernstadt“
Anlage 2: Übersicht
„Straßenbaufinanzierung“