Betreff
Ausweisung neuer Gewerbegebiete und Definierung von Auswahlkriterien für geeignete Potentialflächen
Bezug: Antrag der CDU/FDP-Gruppe vom 21.02.2017 - Vorlage 2017 0173
Vorlage
2017 0436
Aktenzeichen
80-Scho
Art
Beschlussvorlage

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Einmalige Kosten:

 

Laufende Kosten:

 

Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:

 ja

 nein

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Bürgermeister wird beauftragt, anhand der in dieser Vorlage genannten Entscheidungskriterien, vor allem anhand der in Kapitel 5 genannten Zusammenfassung, die in Betracht kommenden Standorte für künftige neue Gewerbegebiete zu ermitteln, einer vergleichenden Bewertung zu unterziehen und zu gegebener Zeit zur weiteren politischen Diskussion vorzustellen.

 

Sachverhalt und Begründung:

 

1. Anlass und einleitende Vorbemerkung

 

Der o.g. Antrag war vom VA am 14.03.2017 angenommen worden. Der Bürgermeister wurde beauftragt, für die Ausweisung neuer Gewerbegebiete Auswahlkriterien für geeignete Potentialflächen zu definieren.

 

Das Erfordernis einer frühzeitigen Befassung mit dieser Frage, d.h. konkret bereits zum jetzigen Zeitpunkt, ist unabhängig von der politischen Auftragsstellung aus Sicht der Wirtschaftsförderung gegeben und erforderlich, und bereits mit der Verwaltungsleitung mehrfach erörtert worden. Die (noch) nicht baureifen, im Flächennutzungsplan abgesicherten gewerblich nutzbaren Flächenreserven umfassen den dritten Planungsabschnitt des Gewerbeparks Nordwest (bis eine Ackerfläche Abstand zur Bahn), eine weitere Süderweiterung der Gewerbegebiete Hülptingsen 3 und 5 (bis zur Straße Im Felde) sowie eine ältere, in der Vergangenheit aber nicht weiter verfolgte Ausweisung südlich von Ahrbeck zwischen der B 443 und der Bahn.

 

Die Erfahrung in der jüngeren Vergangenheit am Beispiel der Entwicklung des neuen Standortes Nordwest hat gezeigt, dass zwischen grundsätzlicher politischer Entscheidung für die Entwicklung eines Gebietes und Sicherstellung der Erschließung für den ersten Abschnitt mehrere Jahre vergehen können (für Grundstücksverhandlungen und Grundstückssicherung, regionalplanerische Abstimmung und in deren Folge Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplan).

 

Die Nachfragesituation in Nordwest zeigt, dass zum einen eine generelle Nachfrage nach Gewerbeflächen aus der Binnennachfrage im Rahmen der existenziell wichtigen Bestandssicherung und -entwicklung vorhanden ist. Zum anderen dient das Vorhalten von gewerblichen Bauflächen der Erweiterung des Unternehmensbestandes durch Neuansiedlungen. Insofern erscheint es sinnvoll, auch im politischen Bereich bereits jetzt über den in der Vorbereitung befindlichen dritten Planungsabschnitt Nordwest hinausgehend grundsätzliche strategische Überlegungen anzustellen, denen dann zum gegebenen und noch genauer zu bestimmenden Zeitpunkt konkrete weitere Schritte folgen sollten.

 

2. Vorgehensweise

 

Fragen der weiteren Gewerbeflächenentwicklung in Burgdorf sind in den letzten rd. 20 Jahren mehrmals thematisiert worden:

 

  • 1994: Untersuchung durch das Institut für Entwicklungsplanung und Struktur-forschung GmbH an der Universität Hannover im Auftrag der Stadt Burgdorf und des Kommunalverbandes Großraum Hannover („Realisierungschancen regional bedeut-samer Flächenausweisungen in Burgdorf unter Vermarktungsaspekten“);
  • 2002: Gewerbeflächenentwicklungskonzept durch das NIW Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. und die Volkswirtschaftliche Abteilung der Nord/LB im Auftrag der Stadt Burgdorf und des Kommunalverbandes Großraum Hannover („Gewerbeflächenentwicklungskonzept Stadt Burgdorf“);
  • 2005: Interne Erstellung einer vergleichenden und bewertenden Betrachtung der Ergebnisse der Gutachten aus 1994 und 2002 durch die Verwaltung (aufgrund zweier zeitgleicher politischer Anträge aus 2004) (seinerzeitige Vorlage 01120/00/05); im Ergebnis Kenntnisnahme der Ausarbeitung und Priorität für die Umsetzung der zu dem Zeitpunkt zwar grundsätzlich entschiedenen, faktisch aber noch nicht begonnenen Entwicklung von Burgdorf-Nordwest;
  • 2010: ISEK-Aussagen vom Büro Ackers Partner Städtebau im Auftrag der Stadt Burgdorf („Integriertes Stadtentwicklungskonzept“).

 

Für diese Vorlage wurden diese Unterlagen nochmals durchgearbeitet. Festzuhalten aus heutiger Sicht ist, dass einzelne in den genannten Ausarbeitungen bereits diskutierte und bewertete Kriterien sich auch jetzt noch in den Auswahlkriterien wiederfinden. Sie sind allerdings aufgrund der inzwischen gewonnenen Erkenntnisse neu bewertet und fort-geschrieben worden.

 

Methodisch werden im Folgenden unter Punkt 3. zunächst verschiedene einzelne Kriterien in drei Gruppen gebündelt und inhaltlich untergliedert. Jede dieser Gruppen führt die einzelnen Kriterien aus einer spezifischen thematischen Sicht zusammen. Die Kriterien spiegeln in ihrer Gesamtheit das umfangreiche Spektrum möglicher heranzuziehender Entscheidungs-parameter wider:

 

  • Nutzerspezifische Anforderungen an neue Wirtschafts- und Gewerbeflächen: Welche Anforderungen an neue Gewerbestandorte und gewerblich nutzbare Grundstücke bestehen aus Sicht der Wirtschaft als potentiellen Kunden für die neuen Flächen, bzw. sind künftig zu erwarten?
  • Angebots- und verkaufsstrategische Aspekte: Welche Zielsetzung kann bzw. will die Stadt als Anbieterin der neuen Flächen verfolgen? Welche Ziele sind realistisch? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus bezogen auf die Standortwahl und die planerische und erschließungstechnische Ausrichtung neuer Gebiete?
  • Städtebauliche und planungsrechtliche Rahmenbedingungen bzw. Aspekte: Welche Einschränkungen oder besonderen Aufwendungen ergeben sich für einzelne Standorte? Entstehen Auswirkungen auf vorhandene Nutzungen und ergeben sich Konsequenzen für künftige Entwicklungen?

 

Einzelne Überschneidungen bzw. Zuordnungen zu zwei Gruppen sind dabei sachlich unvermeidbar.

 

Im Folgenden werden dann unter Punkt 4. zunächst noch einmal die in den eingangs genannten Untersuchungen und Gutachten thematisierten Flächen kurz dargestellt. Eine weitergehende Flächendiskussion erfolgt über diese Vorlage ausdrücklich noch nicht, da zunächst eine Festlegung über die zur Anwendung kommenden Entscheidungskriterien und deren Gewichtung erfolgen soll.

 

Unter 5. folgt dann eine nochmalige Verdichtung der Auswahlkriterien zu Themenbereichen, die als Arbeitsgrundlage für die Bewertung der zu untersuchenden Standorte dienen soll. Eine konkret flächenbezogene Standortdiskussion erfolgt erst danach.

 

3. Kriterienliste im Einzelnen

 

3.1 Nutzerspezifische Anforderungen an neue Wirtschafts- und Gewerbeflächen:

 

3.1.1 Grundstücks- und nutzungsspezifische Aspekte:

 

  • Wichtig für Nachfrager (und auch für die Stadt als Anbieterin) sind zunächst die konkret realisierbaren Grundstücksgrößen und –zuschnitte, die möglichst flexibel sein und eine geeignete Bandbreite von kleineren (ab 1.000 m²) bis größeren Grundstücken abdecken sollten. Voraussetzung dafür ist, ein neues Gebiet in seiner inneren Flächenstruktur so anlegen zu können, dass sich möglichst flexible Flächenzuschnitte realisieren lassen.
  • Für eine breite Nutzungsvielfalt ist das mögliche bzw. zulässige Nutzungsspektrum unter bauplanungsrechtlichen und emissionsrechtlichen Aspekten wichtig: Lässt die Gebietslage das Entstehen von Lärm- und sonstigen Emissionen bis zu dem generell für eine bauplanungsrechtliche Gebietsform, z.B. GE-Gebiet, zulässigen Wert zu und ist das Gebiet selber -im Hinblick auf Büronutzungen- keinen überhöhten Immissionen von außen ausgesetzt? Aus diesen Fragen folgt das Erfordernis zur Beurteilung vorhandener Immissionen und möglicher neuer Emissionen bei der Gebietsauswahl. Planerisch gewünschte bzw. erforderliche Verengungen der baulichen und betrieblichen Nutzungsmöglichkeiten sind zu vermeiden bzw. zu minimieren.
  • Die Frage der Nutzungsvielfalt ist auch perspektivisch für die Einordnung eines Standortes zu sehen: Welche Möglichkeiten und Restriktionen ergeben sich für Unternehmen bei Veränderung von Betriebsabläufen/-tätigkeiten über die Zeit-schiene? Was folgt daraus ggf. für eine spätere Verwertung der Grundstücke? Was ist ggf. an nachteiligen Effekten aus der unmittelbaren Nachbarschaft für den eigenen Betriebsstandort zu erwarten? Flexibilität für die eigenen unternehmerischen Anforderungen tritt hier u.U. in Konkurrenz zu langfristig plan- bzw. berechenbarer Nachbarschaftsentwicklung.
  • Zu den Nutzungsmöglichkeiten zählt auch die grundsätzliche Realisierbarkeit einer Betriebsleiterwohnung in Verbindung mit dem Gewerbebetrieb. Trotz baurechtlicher Einschränkungen[1] und langfristig nicht auszuschließender Konflikte stellen Nachfrager in Burgdorf (wie auch an vergleichbaren Standorten) häufig auf die Kombinationsmöglichkeit von Gewerbe und Betriebsleiterwohnen ab. Konstellationen sind möglich, bei denen eine derartige Kombination auch ausnahmsweise ausgeschlossen sein kann.[2]

 

3.1.2 Erschließungs- und Infrastrukturaspekte aus Nutzersicht:

 

  • Eine schnelle, direkte und möglichst konfliktfreie Anbindung an das überörtliche Straßennetz ist generell sehr bedeutsam. Damit ist v.a. die Anbindung an Hauptachsen wie Autobahnen / B 3 entscheidend – der B 188 kommt dabei v.a. die Funktion eines Zubringers sowie eines wichtigen Verteilers für den kernstadtbezogenen Binnenverkehr zu. Die Bewertung der Anbindung schließt auch vorhandene bzw. erforderlich werdende Ampelkreuzungen und die Vermeidung von Ortsdurchfahrten mit ein, letzteres natürlich auch unter Anwohnerschutzaspekten. Die Anforderungen von Lieferverkehren auch zu unter Lärmaspekten schutzwürdigen Nachtzeiten sind soweit als möglich zu berücksichtigen.
  • Auch spielt hierbei die generelle räumliche Ausrichtung neuer Standorte auf wichtige Wirtschaftsstandorte innerhalb der Region eine Rolle, was im Wesentlichen auf eine Ausrichtung auf andere Gewerbestandorte im Bereich der Stadt Hannover bzw. im unmittelbar angrenzenden ersten Städtering hinausläuft. Dies dürfte im Konkreten aber mit der Ausrichtung auf die Hauptverkehrsbänder korrespondieren.
  • Die Sichtbarkeit neuer Flächen und einzelner Grundstücke von den Verkehrsachsen her ist zu berücksichtigen. Der Aspekt ist erfahrungsgemäß nicht für alle Unternehmen gleichermaßen bedeutsam, wird aber, von wenigen spezifischen Ausnahmen abgesehen, bei Vorhandensein auch nicht als negativ eingestuft. Auch die Möglichkeit, Werbeanlagen in betrieblich erforderlicher Größe und Ausgestaltung zu realisieren, sollte gewährleistet und nicht durch baugestalterische Vorgaben eingeschränkt bzw. durch andere Maßnahmen optisch abgeschottet werden. Im Weiteren spielen hierbei somit auch Fragen von Eingrünungsmaßnahmen und -auflagen im Zuge der konkreten Gebietsplanung eine Rolle. In Nordwest wurden vereinzelt Käuferseitig die im Zuge der Planfeststellung für die B188 festgesetzten straßenbegleitenden Eingrünungen bemängelt.
  • Die Anbindung ans Breitbandnetz muss problemlos sichergestellt werden können; die gestiegenen Anforderungen in diesem Bereich erübrigen eine vertiefte Begründung.
  • Die Möglichkeit bzw. die im Idealfall bereits vorhandene Anbindung an den ÖPNV bekommt auch bei kleineren Unternehmen zunehmende praktische Bedeutung. Neben der Erreichbarkeit der S-Bahn-Haltepunkte beinhaltet das auch die Anbindung an das Busnetz, mit einer Taktung, die den Bedürfnissen der Unternehmen und Beschäftigten entspricht.
  • Im Hinblick auf die demografisch bedingt größer werdende Herausforderung an Unternehmen, Beschäftigte (v.a. Spezialkräfte) für -verglichen mit den urbanen Wirtschaftszentren- eher ländlichere Standorte im Umfeld von Hannover zu gewinnen, kann neben der ÖPNV-Anbindung auch die Nähe zu anderen Nutzungen wie z.B. Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie etc. eine Rolle spielen. (Dieser Faktor wurde bereits mehrfach positiv in Bezug auf Nordwest seitens der Unternehmen genannt.)

 

3.1.3 Sonstige Aspekte

 

  • Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Nordwest wurde unternehmensseitig vereinzelt positiv hervorgehoben, dass das Gebiet mit seinen im Abschluss drei Bauabschnitten über ein Volumen verfügen wird, dass geeignet ist, eine eigene „Adressbildung“ zu erreichen. Dies legt den Schluss nahe, dass auch unter Standortmarketingaspekten für ein neues Gebiet eine gewisse Mindestgröße (die natürlich auch allein schon unter erschließungstechnischen Aspekten von Bedeutung ist) anzustreben ist.

 

3.2 Angebots- und verkaufsstrategische Aspekte:

 

3.2.1 Gebiets- und flächenspezifische Aspekte:

 

  • Zunächst und vor allem ist stadtseitig die Frage nach der angestrebten Gebietstypik zu beantworten. Das bedeutet konkret die Frage der angestrebten bauplanungs-rechtlichen Gebietsausweisung gemäß den in der Baunutzungsverordnung vor-gesehenen Arten der baulichen Nutzung, hier also v.a. „Gewerbegebiet (GE)“, „Industriegebiet (GI)“ oder „Mischgebiet (MI)“.[3] Diese Vorgaben bestimmen sehr konkret, welche Arten von Branchen und Betrieben in dem Gebiet möglich bzw. zulässig sind, welche Nachbarschaften von Betrieben verschiedener Tätigkeiten und Branchen möglich sind, und damit, inwieweit ein möglichst breites Spektrum von Branchen und Unternehmensformen sich in dem betreffenden Gebiet niederlassen kann, oder ob eine mehr oder weniger enge Fokussierung erfolgt. Ggf. können auch Gliederungen von größeren Gebieten zumindest angedacht bzw. untersucht werden.[4]

·         Zur Entscheidung über die angestrebte Gebietstypik gehört – ebenso wie zu den nutzerspezifischen Anforderungen – auch die Frage, ob sich die künftige Strategie stärker als bislang möglich auf die Entwicklung regional bis ggf. überregional bedeutsamer Standorte konzentrieren soll, die dann neben einer signifikanten Flächengröße vor allem anderen eine so unmittelbar wie geografisch mögliche Ausrichtung auf das Autobahnnetz haben müssen. Derartige Flächen wären dann grundsätzlich auch geeignet, auf Nutzungsaspekte wie die Entwicklung eines GI-Gebietes z.B. für Logistik untersucht zu werden.

·         Die Alternative hierzu besteht in einer Strategie, die eher die mit Nordwest begonnene Ausrichtung fortsetzt, Flächen zu entwickeln, die sich primär an eine lokale bis begrenzt regionale Zielgruppe wenden, und die damit als ein mögliches weiteres strategisches Ziel weiterhin die räumliche Nähe und Anbindung zu den entwickelten Siedlungskernen wahrt.

  • Unter 3.1.1 wurde bereits aus Nutzersicht der Aspekt “breite Nutzungsvielfalt“ genannt. Dieses soll hier noch einmal aufgegriffen werden, weil die Art der Ausweisung auch später für Unternehmen bei einer Veränderung der Betriebstätigkeit ggf. Möglichkeiten, aber auch Restriktionen zur Folge haben kann.
  • Vor dem Hintergrund der eingangs geschilderten zeitlichen Erfordernisse ist abzuschätzen, mit welchen realistischen Realisierungszeithorizonten zu rechnen ist, unter Berücksichtigung von ggf. vorhandenen Restriktionen bei der Flächen-mobilisierung, im Planungsprozess und bei der Erschließung.
  • Möglichkeiten zur Abschnittsbildung und damit der schrittweisen Entwicklung eines Gebietes sind als vorteilhaft anzusehen. Eine mehrstufige Entwicklung wird immer eine mittelfristig eher größere Dimension eines neuen Standortes mit sich bringen. Der Erschließungsaufwand wird damit auf eine neue Gebietsentwicklung konzentriert, was aber auch den unter 3.1 genannten Aspekten wie z.B. der Adressbildung und der Erfordernis, eine gewisse Angebotsbreite realisieren zu können, entgegen kommt. Die Erfahrungen aus Nordwest sprechen dabei durchaus für eine Entwicklung in einzelnen Abschnitten, sofern möglich und sinnvoll.

3.2.2 Wettbewerbliche Aspekte:

 

  • Im Hinblick auf die Positionierung eines neuen Standortes im interkommunalen Wettbewerb sind zielgruppenspezifische Fragen zu beachten. Insbesondere im Gewerbeflächenentwicklungskonzept aus 2002 sind potentielle Standorte auch unter dem Aspekt betrachtet worden, inwieweit diese aufgrund von Lage- und Erschließungskriterien grundsätzlich mehr oder weniger geeignet erscheinen, auch eine eher regional bis ggf. überregional orientierte Zielgruppe anzusprechen.[5]
  • Die Preispolitik für künftige Flächen ist ebenfalls zu beachten. Gewerbeflächen sind durchaus preissensible Produkte; dies gilt für die Binnennachfrage, aber mindestens genauso für Ansiedlungsentscheidungen im Wettbewerb zwischen den Standorten. Den öffentlichen Anbietern von Flächen sind bekanntlich durch die einschlägigen kommunal-, haushalts- und beihilferechtlichen Vorgaben Grenzen in der Preisbildung nach unten gesetzt. Nach oben allerdings geben der Wettbewerb und die Nachfrage die Grenzen vor. Das bedeutet konkret, dass sowohl der Ankauf für das Bauerwartungsland zu „adäquaten“ Preisen möglich sein muss, was eine gewisse positive Verkaufs- und Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer erfordert, als auch, dass sich der notwendige Erschließungsaufwand in finanziell vertretbaren Grenzen halten sollte.

3.3 Städtebauliche Aspekte und Rahmenbedingungen:

 

3.3.1 Übergeordnete planungs- bzw. raumordnungsrechtliche Aspekte

 

  • Bei der Entwicklung neuer Standorte ist zwangsläufig abzuklären, ob es standort-spezifische raumordnungsrechtliche Vorgaben bzw. Restriktionen aus der Landesraum-ordnung, dem Regionalen Raumordnungsprogramm RROP oder beispielsweise konkrete naturschutzfachliche Belange gibt. Sind solche in einzelnen Suchräumen vorhanden, kann das von vorne herein längere bzw. komplizierte Verfahren zur Gebietsausweisung bedeuten, oder auch die Möglichkeit eines Scheiterns beinhalten. Daher müssen derartige Aspekte im Rahmen der Standortauswahl mit berücksichtigt werden.

 

3.3.2 Stadtentwicklungsbezogene Aspekte

 

  • Hier sind zu erwartende konkrete Nutzungskonflikte mit vorhandenen Nutzungen in relevanter Nähe zu neuen Gebieten zu beachten. Hieraus können sich Einschränkungen bzw. der Ausschluss bestimmter gewerblicher Nutzungen ergeben, was im Wider-spruch zu den unter 3.1.1 formulierten Anforderungen stünde. Ein Teilaspekt hierzu sind Fragen der möglichst konfliktfreien Führung der neu entstehenden Verkehrs-bewegungen gegenüber dem vorhandenen Siedlungsbestand.
  • Aus Gesichtspunkten der Stadtentwicklung können sich Überschneidungen mit und Konkurrenzen zu alternativen Ausweisungsmöglichkeiten bzw. -entwicklungszielen ergeben, so dass abzuwägen ist, welchen Nutzungen perspektivisch an der einen wie der anderen Stelle erforderlichenfalls der Vorzug einzuräumen wäre. Auch Freiraumbelange, wie sie z.B. das ISEK darstellt, sind abzuwägen.
  • In enger Verbindung hierzu (und durchaus auch zu den unter 3.1.3 - Volumen und Adressbildung - genannten Überlegungen) steht die städtebauliche Integration eines neuen Gebietes, damit konkret die Anbindung an bestehende Siedlungsräume und vorhandene Nutzungen. Dies kann bei der Nähe zu anderen Unternehmen von Vorteil sein, kann aber wiederum bei schützenswerten Nutzungen wie Wohnen zu den oben geschilderten Konflikten beitragen.[6] Allerdings ergibt sich hierbei ein Zielkonflikt im Hinblick auf eine evtl. zum Ziel erklärte GI-Ausweisung, wie Eingangs in 3.2.1. angesprochen.
  • Die schon beschriebene Abschnittsbildung beinhaltet auch die Frage der möglichen perspektivischen Erweiterbarkeit über anfangs zu definierende Gebietsgrenzen hinaus. Bestehen solche - ggf. auch erst später aufzugreifende - perspektivischen Erweiterungsmöglichkeiten, könnte das unter langfristigen Gesichtspunkten die Suche nach weiteren, völlig neuen Standorten zumindest für längere Zeit obsolet machen.

 

3.3.3 Erschließungsbezogene Aspekte aus Sicht des Erschließungsträgers:

 

  • Bei allen Belangen der Verkehrserschließung ebenso wie bei der Erschließung mit Ver- und Entsorgungsinfrastruktur sind die sich an den jeweiligen Standorten bietenden Möglichkeiten, die jeweils gegebenen Restriktionen und mit der Erschließung verbundenen Kosten zu beachten. Bei den Kosten ist nicht nur auf die Erst-erschließung, sondern auch auf Folgekosten zu achten, z.B. bei der Frage der Abwasserableitung. (Sind z.B. dauerhaft kostenverursachende Pumpstationen erforderlich? Welche Leitungslängen sind zu unterhalten?)
  • Die Erschließung beinhaltet auch die Frage nach den jeweiligen Bodengegebenheiten im Hinblick auf die Niederschlagswasserentsorgung. Sickerfähiger Boden lässt zumindest die Möglichkeit zur Versickerung auf den privaten Grundstücken offen, je nach Betriebstyp und verwendeten bzw. gelagerten Stoffen. Hierzu ist allerdings auch Punkt 3.3.4 zu beachten.
  • Die Fragen der verkehrlichen Erschließung unter Berücksichtigung vorhandener Siedlungsstrukturen und Verkehrsbeziehungen wurden schon mehrfach angesprochen. Insbesondere eine Nutzung von Ortsdurchfahrten ist dabei als kritisch anzusehen.

 

3.3.4 sonstige Aspekte:

 

  • Im Hinblick auf die Zulässigkeit einzelner gewerblicher Nutzungen ist bei der Standortwahl auch zu beachten, ob ein Suchraum sich in Wassereinzugs- bzw. Schutzgebieten befindet und welche Forderungen sich hieraus von Seiten der Region Hannover als zuständiger Wasserbehörde ergeben. Konkret ist z.B. in den Bebauungsplänen für den Gewerbepark Nordwest der Umgang mit wasser-gefährdenden Stoffen eingeschränkt, woraus sich wiederum Einschränkungen für einzelne gewerbliche Nutzungen ergeben. Solche Einschränkungen haben damit auch Folgen für die bereits geschilderten Aspekte zur Nutzungsvielfalt.

 

4. In der Vergangenheit diskutierte sog. Vorschauflächen und künftig zu untersuchende Flächen

 

In den eingangs genannten Untersuchungen wurden in der Vergangenheit verschiedene Flächen einer mehr oder weniger dezidierten Analyse und Untersuchung auf Eignung unterzogen:

 

  • Standorte mit unmittelbarer Anbindung an die Kernstadt:                                Primär Burgdorf-Nordwest, daneben allgemein auch weitere Standorte entlang der seinerzeit projektierten B 188 N
  • Standort mit direktem Autobahnanschluss:

Beinhorn, gegenüber Ortslage an der A 37-Abfahrt

 

  • Standorte entlang der B 3:

Schillerlage, Otzer Kreuz, Ehlershausen östl. B 3

 

  • Ausbau vorhandener Standorte:

V.a. Weiterentwicklung der vorhandenen Gewerbegebiete in Hülptingsen, z.T. im F-Plan dargestellt

 

  • Sonstige:

Ältere Flächennutzungsplanreserve in Ahrbeck zwischen B 443 und Bahn mit Ausrichtung auf die A 2 in Lehrte

 

Für die Ermittlung künftig in Frage kommender Entwicklungsflächen sollten diese Vorschauflächen u.a. anhand der anzuwendenden Auswahlkriterien neu beurteilt werden (mit Ausnahme des entwickelten bzw. über den dritten Planungsabschnitt zur Entwicklung anstehenden Bereichs Burgdorf-Nordwest zwischen B 188 und Siedlungsrand).

 

Zu prüfen ist natürlich eine Ergänzung der o.g. Liste nach neueren Kriterien, d.h., ob es Standorte beispielsweise entlang der jetzigen B 188 (die zum Zeitpunkt der Erstellung aller früheren Untersuchungen nur im mehr oder weniger konkreten Projektierungsstadium war) gibt, die gleichfalls in eine Bewertung einbezogen werden sollten bzw. können.

 

5. Vorschlag zum weiteren Vorgehen / nochmalige Verdichtung der genannten Kriterien

 

Die vorstehenden Ausführungen zu den möglichen Kriterien verdeutlichen, dass bei einer Gesamtbetrachtung eine Vielzahl von Beurteilungskriterien heranziehbar ist, anhand derer eine dann konkrete flächenbezogene Bewertung für weitere Gewerbestandorte im Stadtgebiet vorgenommen werden kann.

 

Führt man die unter 3. differenziert dargestellten Kriterien unter dem Aspekt der Erstellung strategischer Entscheidungsstufen zusammen, könnte wie folgt vorgegangen werden:

 

5.1 Beurteilung der Eignung neuer Flächen für bestimmte Nutzergruppen

Diese wirtschaftsorientierte Beurteilung würde vorgenommen werden anhand von

  • Lage und Verkehrsanbindung,
  • möglicher planungsrechtlicher Ausweisung sowie bestehender bzw. zu erwartender Restriktionen,
  • Größenordnung der Gebietsentwicklung insgesamt und der möglichen Flächen,
  • prognostizierter Einschätzung des Standortes aus externer Nachfragersicht,
  • wettbewerblicher und angebotsstrategischer Einschätzung einschl. Preise.

 

5.2 Beurteilung anhand von erwartetem Entwicklungsaufwand und zeitlicher Perspektive

Für diese Einschätzung sind wesentlich

  • das mögliche Flächenvolumen und die Aufteilbarkeit in Entwicklungsabschnitte,
  • der Erschließungsaufwand inkl. Ver- und Entsorgung,
  • eine Einschätzung der tatsächlichen Flächenverfügbarkeit, die Stadt ist ja vorab nicht im Eigentum neu zu entwickelnder Gebiete,
  • der Aufwand und das Erfordernis von Kompensationsmaßnahmen.

 

5.3 Städtebauliche Beurteilung

Hierfür sind u.a. zu berücksichtigen

  • die Ziele der Raumordnung,
  • Belange des Natur- und Umweltschutzes,
  • Vereinbarkeit mit städtebaulichen Zielen,
  • ggf. unmittelbar konkurrierende städtebauliche Ziele bzw. Entwicklungsabsichten,
  • erwartete Auswirkungen auf andere städtebauliche Planungen oder Aspekte.


[1] Derartige Wohnungen können z.B. nur ausnahmsweise zugelassen werden, wenn betriebliche Gründe die unmittelbare Nähe zum Betrieb erfordern und die Wohnung dem Betrieb räumlich deutlich untergeordnet ist.

[2] In Burgdorf betrifft dies z.B. Teilbereiche des Gewerbegebietes „Hülptingsen 2“ zwischen Wollenweberstraße und B 188, sowie im Gewerbepark Nordwest einen Streifen unmittelbar südlich der B 188 – in beiden Fällen aus Lärmgründen.

[3] Der Vollständigkeit halber sei noch verwiesen auf die v.a. für  großflächigen Einzelhandel relevanten „Sondergebiete (SO)“ bzw. den v.a. für hoch verdichtete Stadtgebiete neu in die BauNVO aufgenommenen Typ „Urbanes Gebiet“.

[4] Der Gewerbepark Nordwest beispielsweise ist überwiegend Gewerbegebiet GE, beinhaltet aber auch ein Sondergebiet SO.

[5] Bei einer Fokussierung auch auf überregionale Zielgruppen ist allerdings anzumerken, dass alle bisherigen externen Expertisen für Burgdorf nur ein eingeschränktes Potential gegenüber generell verkehrlich anders angebundenen Wettbewerbsstandorten attestiert haben. Dies wurde auch in einer früheren Stellungnahme der Region Hannover aus dem Jahr 2005 zur regionalen Einordnung des Standortes Beinhorn bereits so aufgegriffen (B-Lage im Vergleich zu den verkehrsgünstigsten Standorten in der Region) (Stellungnahme im Zuge der Erstellung der eingangs genannten zusammenfassenden Vorlage Nr. 01120/00/05).

[6] Konkret machte im Gewerbepark Nordwest die Nähe zu den vorhandenen Siedlungsstrukturen, die ansonsten wie beschrieben auch als Vorteil zu sehen ist, einschränkende Festsetzungen bei den zulässigen Schallemissionen im Bebauungsplan notwendig.