Betreff
Dritte Kraft in den Krippengruppen in Burgdorf
Vorlage
2013 0434
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Finanz. Auswirkungen in Euro

Produktkonto

ErgHH

FinHH

Einmalige Kosten:

 

Laufende Kosten:

 

Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:

 ja

 nein

 

 

Beschlussvorschlag:

 

In der Sitzung zu erarbeiten.

Sachverhalt und Begründung:

 

Auf der Grundlage des Antrages der SPD-Fraktion vom 29.11.2012, der der Vorlage Nr. 2012 0278 beigefügt war, hat der Rat der Stadt Burgdorf in seiner Sitzung am 13.12.2012 folgenden Beschluss gefasst:

 

„Der Bürgermeister wird mit der Prüfung beauftragt, unter welchen Voraussetzungen Drittkräfte in den Krippen eingestellt werden können. Dabei ist auch die Möglichkeit von ehrenamtlicher Arbeit zu prüfen.“

 

Insbesondere folgende Gesichtspunkte sind bei der Fragestellung, ob und in welchem Umfang dritte Kräfte in Krippengruppen eingesetzt werden sollen, zu berücksichtigen:

 

 

Allgemeines

 

In Krippen werden Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr betreut. Die Größe der Gruppen beträgt höchstens 15 Kinder; bei mehr als 7 Kindern unter 2 Jahren in der Gruppe dürfen insgesamt 12 Kinder in der Gruppe betreut werden.

 

Krippengruppen werden nach den vom Land Niedersachsen vorgegebenen Standards von 2 Fachkräften betreut. Die Gruppenleitung darf nur einer sozialpädagogischen Kraft (Erzieherin oder Erzieher) übertragen werden. Daneben muss in jeder Gruppe eine zweite geeignete Fach- oder Betreuungskraft regelmäßig tätig sein. Sie soll in der Regel Erzieherin oder Erzieher mit staatlicher Anerkennung sein; sie kann auch Kinderpflegerin oder Kinderpfleger, Sozialassistentin oder Sozialassistent sein. Eine Pflicht zur Beschäftigung von dritten Kräften in Krippengruppen besteht nicht.

 

Bei dem Einsatz einer dritten Kraft in Krippengruppen müssten zeitlicher Umfang und insbesondere auch der konkrete Aufgabenbereich festgelegt werden. Der festgelegte Aufgabenbereich bzw. die Qualität der zu erledigenden Tätigkeiten ist Grundlage für die Bezahlung. Die nachfolgenden Berechnungen gehen von einer täglichen Arbeitszeit von 2 Stunden, abzuleisten in den mittäglichen „Stoßzeiten“, aus.

 

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auszuführen, dass die Stadt Burgdorf in den Kindertagesstätten neben den Fachkräften Personal (Küchenhilfen) beschäftigt, welches für die Essensausgabe zuständig ist. Konkret werden in den Kindertagesstätten Otze, Sorgensen und Gartenstraße jeweils 10 Wochenstunden geleistet, in der Kindertagesstätte Ramlingen-Ehlershausen grundsätzlich 12,5, in der Kindertagesstätte Freibad 15 und in der Kindertagesstätte West 20. In der Kindertagesstätte Südstern wird eine Kochhilfe mit 29,25 Wochenstunden beschäftigt.

 

 

Vertragliche Grundlagen/Tarifgebundenheit

 

Die Stadt Burgdorf ist Mitglied in der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber und somit bei der Einstellung von Beschäftigten bzw. beim Abschluss von Arbeitsverträgen mit diesem Personenkreis grundsätzlich verpflichtet, den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst anzuwenden.

 

Der Tarifvertrag gilt allerdings nicht für geringfügig Beschäftigte im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV (Sozialgesetzbuch). Hier können abweichende Regelungen vereinbart werden, die gesondert formuliert werden müssten.

 

 

Geringfügige Beschäftigung

 

Eine geringfügige Beschäftigung (auch Mini-Job oder 450,00 €-Job genannt) ist nach dem gültigen Sozialversicherungsrecht ein Beschäftigungsverhältnis mit einer geringen absoluten Höhe des Arbeitsentgelts (geringfügig entlohnte Beschäftigung) oder ein Beschäftigungsverhältnis von kurzer Dauer (kurzfristige Beschäftigung).

 

Ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis ist für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei, auch im Lohnsteuerrecht gibt es Besonderheiten. Die Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügig entlohnter Beschäftigung wurde zum 01. Januar 2013 von 400,00 € auf 450,00 € angehoben.

 

Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung liegt nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches IV vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 € nicht überschreitet. Die wöchentliche Arbeitszeit und die Anzahl der monatlichen Arbeitseinsätze sind dabei unerheblich. Hat eine Person zwei oder mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse und beträgt das Entgelt hieraus insgesamt mehr als 450,00 €, so ist keine dieser Beschäftigungen geringfügig. In diesen Fällen wäre das Tarifrecht anzuwenden.

 

 

Entlohnung bzw. zu erzielendes Entgelt

 

Unterstellt, die oder der geringfügig Beschäftigte wäre täglich an 2 Stunden in der Gruppe tätig, ergäben sich wöchentlich 10 Arbeitsstunden, monatlich 43,48. Bei einem Verdienst von 450, 00 € monatlich ergäbe sich ein Netto-Stundenlohn von 10,35 €.

 

Bei einer Bezahlung nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst müsste eine Eingruppierung in Entgeltgruppe S 2 erfolgen Der Nettostundenlohn würde bei den Lohnsteuerklassen I und III knapp 10 € betragen, bei Lohnsteuerklasse V knapp 9 €. Je nach Dauer der Zugehörigkeit zur Stadt Burgdorf würden diese Beträge geringfügig ansteigen, die Arbeitgeberkosten im Übrigen auch.

 

 

Mehraufwand/Finanzierung des Mehraufwandes

 

Bei den geringfügig Beschäftigten hat der Arbeitgeber ca. 31 % der Entgeltsumme an die Bundesknappschaft abzuführen. Das würde je Beschäftigter/Beschäftigtem zu einem Bruttoaufwand für den Arbeitgeber von rund 590 € monatlich führen. Die sich durch die Anwendung des TVöD ergebenden Bruttokosten des Arbeitgebers wären vergleichbar hoch, je Kraft rund 600 € monatlich.

 

Eine – auch nur teilweise – Finanzierung der Drittkräfte in Krippengruppen aus allgemeinen städtischen Finanzmitteln kann vor dem Hintergrund der mehr als angespannten finanziellen Situation nicht empfohlen werden.

 

Bei einer Krippengruppe mit 15 Plätzen müssten zur Deckung des Aufwandes pro Platz 40 € monatlich erhoben werden, was die Änderung der Gebührensatzung voraussetzt. Für den Fall, dass lediglich 50 % der Mehrkosten von den Eltern zu tragen sein würden, würde sich der monatliche Betrag auf 20 € belaufen. Der städtische Anteil würde sich dann je Gruppe auf ca. 3.600 € jährlich belaufen.

 

Der durch den Einsatz von Drittkräften sich ergebende Elternbeitrag wäre entsprechend der Abstufung der Sozialstaffel zu bemessen. Die Anwendung der Sozialstaffel würde insofern bedeuten, dass in Stufe 1 der monatliche Beitrag mit zusätzlich 30,00 € zu bemessen wäre, dann würden die anderen Stufen in 3,00-€-Schritten entsprechend höher veranlagt, in Stufe 6 wären monatlich 45,00 € festzusetzen.

 

 

Auswirkungen auf die den freien Trägern gewährten Betriebskostenzuschüsse

 

Wenn die Eltern die Mehrkosten in voller Höhe tragen, wären Betriebskostenzuschüsse für die freien Träger in unveränderter Höhe zu zahlen (‚0-Summen-Spiel‘), bei lediglich 50 %-iger Beteiligung der Eltern müssten je Krippengruppe jährlich 3.600 € zusätzlich in den Haushalt eingestellt werden, um entsprechend erhöhte Betriebskostenzuschüsse an die freien Träger zahlen zu können.

 

Bei derzeit 18 Krippengruppen würde sich der jährliche Gesamtaufwand der Stadt auf ca. 64.800 € belaufen.

 

 

Stellenplan

 

Nach § 5 Abs. 1 der Gemeindehaushalts- und –kassenverordnung weist der Stellenplan die erforderlichen Stellen der nicht nur vorübergehend Beschäftigten aus. Neben der Anzahl der Stellen ist auch die Wertigkeit anzugeben. Es müssten Stellen der Entgeltgruppe S 2 vorgehalten werden, in die Beschäftigte in der Tätigkeit von Kinderpflegerinnen/Kinderpflegern mit staatlicher Anerkennung eingruppiert sind.

 

Bei Beschäftigung von Drittkräften in den Krippengruppen der städtischen Krippengruppen müssten für den Stellenplan der Stadt Burgdorf zunächst für den Stellenplan 2013 0,5 Stellen eingerichtet werden (ist bereits geschehen), ab 01.01.2014 müssten 1,5 Stellen nachgewiesen werden.

 

 

Einbindung von Ehrenamtlichen

 

Die dritten Kräfte wären zur Unterstützung/Entlastung in den am meisten Arbeitsaufwand beinhaltenden Tageszeiten gedacht, um die Mittagszeit.

 

Bei derzeit 18 Krippengruppen in der Stadt Burgdorf würde sich schon die Gewinnung geeigneten Personals zumindest schwierig gestalten, weil die Beschäftigungsverhältnisse (mit 10 Wochenarbeitsstunden) nicht als attraktiv bezeichnet werden können.

 

In ausreichender Zahl ehrenamtliche Kräfte zu gewinnen, dürfte so gut wie aussichtslos sein. Es wird immer schwieriger, ehrenamtliche Kräfte für dauerhaft auszuübende Aufgaben zu gewinnen. Gerade zur Mittagszeit und am frühen Nachmittag würde ein zusätzliches Angebot geschaffen, das insofern eine Konkurrenz zur Offenen Ganztagsschule darstellen würde.

 

Eine Mischform, nämlich der Einsatz von ehrenamtlichen und beruflich tätigen Kräften ist nicht anzustreben.

 

 

Sonstiges

 

Mehrere Leiterinnen von Kindertagesstätten haben sich mit der Thematik befasst und sich zur Mindestanwesenheitszeit der Drittkräfte dahin gehend geäußert, dass diese mit 3,5 Stunden je Tag zu bemessen sei. Das würde zu einer annähernden Verdoppelung der vorgenannten Beträge führen.

 

Geringfügig Beschäftigte würden naturgemäß von allgemeinen Entgeltsteigerungen nicht profitieren, was dem „Betriebsfrieden“ abträglich sein könnte.

 

Daneben muss auch berücksichtigt werden, dass Bedarfe im Hinblick auf Stundenausweitung geweckt werden, sobald die dritten Kräfte vor Ort im Einsatz sind und ihre Arbeitskraft einbringen. Je länger die tägliche Arbeitszeit der dritten Kräfte wäre, desto mehr dürften sich die Tätigkeitsfelder angleichen. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die Bezahlung der Kräfte und auf die Höhe der Elternbeiträge haben.

 

Ebenfalls problematisch und bei den obigen Ausführungen und Berechnungen nicht berücksichtigt ist die Thematik Vertretung der Drittkräfte.

 

Die Verwaltung hat zum Beginn des Kindertagesstättenjahres 2013/2014 eine regionsweite Umfrage zu dem Themenkomplex „Beschäftigung von Drittkräften in Krippengruppen“ durchgeführt.

 

An dieser am 01.08.2013 initiierten Umfrage haben sich 12 Städte und Gemeinden beteiligt. In 9 Städten und Gemeinden (Gehrden, Hemmingen, Laatzen, Neustadt/Rbge., Pattensen, Uetze, Wennigsen, Wedemark und Wunstorf) werden Dritte Kräfte in Krippengruppen eingesetzt. Von 5 Städten und Gemeinden ist ausdrücklich ‚Nein‘ angegeben bei der Frage nach einem für die Drittkraft gesondert erhobenen Krippenbeitrag. Aus den Antworten von 2 Gemeinden ist zu schließen, dass der durch den Einsatz von Drittkräften erhöhte Finanzaufwand teilweise von den Eltern zu tragen ist.

 

Das von der Stadt Hannover initiierte Modell des Einsatzes von Drittkräften ist mit Schreiben der Verwaltung vom 06.06.2013 (Anlage zur Vorlage 2013 0386) beantwortet worden.

 

Zu den Einsatzzeiten der Drittkräfte ist auszuführen, dass dies von Gemeinde zu Gemeinde stark variiert. Hier wird auf die als Anlage beigefügte Zusammenfassung des Ergebnisses der Umfrage zum Einsatz von Drittkräften in Krippengruppen vom 01.08.2013 verwiesen.