Betreff
Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart des Gebietes - Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Innenstadt (Altstadt), Aufstellungsbeschluss
Vorlage
2011 0967
Art
Beschlussvorlage

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Einmalige Kosten:

 

Laufende Kosten:

 

Haushaltsmittel stehen zur Verfügung:

 ja

 nein

 

 

Beschlussvorschlag:

 

1.       Der Bauausschuss empfiehlt dem Verwaltungsausschuss, den unter 2. formulierten Beschluss zu fassen.

2.       Der Verwaltungsausschuss

a)     beschließt, das Aufstellungsverfahren für die „Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart des Gebietes – Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Innenstadt (Altstadt)“ einzuleiten (§ 2 Abs. 1 BauGB),

b)     beschließt die Durchführung einer Informationsveranstaltung zur Erhaltungssatzung als freiwillige Beteiligung der Öffentlichkeit im Zuge des Aufstellungsverfahrens.

 

 

 

 

(Baxmann)

 

 

Sachverhalt und Begründung:

 

Burgdorfs historische Fachwerk-Innenstadt und sein Baubestand unterliegen seit Jahren einem latenten und aperiodisch wiederkehrenden Veränderungsdruck. Die überlieferten Fachwerkbauten entsprechen häufig nicht den Wünschen und modernen Anforderungen an bauliche Anlagen und deren Nutzbarkeit, so dass sie ganz oder teilweise sowohl in ihrer Substanz als auch in ihrem Erscheinungsbild gefährdet sind.

Diese Gefahr hat aber weiterreichende Konsequenzen als den schon beklagenswerten Verlust allein eines der wertvollen und die Altstadt Burgdorfs prägenden Fachwerkbauten. Mit jedem veränderten oder abgebrochenen Haus ändert sich der vorhandene bauliche Zusammenhang und das städtebauliche Erscheinungsbild von Burgdorfs wertvollstem Erbe – dem einheitlich und weitgehend geschlossen erhaltenen Altstadtkern. Ein schrittweiser Verlust der funktionalen und stadträumlichen Werte droht.

In der Addition der Bauten mit ihren jeweils typischen Erscheinungsformen, der Platz- und Freiraumsituationen und der Straßenräume vermittelt der Altstadtbereich ein attraktives und stimmungsvolles Erscheinungsbild. Der Bereich verfügt in seiner Eigenart über eine besondere Qualität, welche seine Funktion und Anziehungskraft als Handels- und Dienstleistungszentrum der Stadt und des Umlandes, aber auch als Wohnstandort stützt, ja geradezu ausmacht und für die Bewohner Burgdorfs eine identitätsstiftende Rolle übernimmt.

Zur Bewahrung von als erhaltungswürdig betrachteten Gebieten hält das Baugesetzbuch das Rechtsinstrument der Erhaltungssatzung (§ 172 ff BauGB) bereit. Ausschlaggebend für die Unterschutzstellung eines Gebietes unter die Ziele und Inhalte einer Erhaltungssatzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind allein städtebauliche Gründe: Um der Funktion, der Qualität sowie dem Bezug zur heutigen Stadtgestalt und der städtebaulichen Entwicklung Willen, können städtebaulich wertvolle Gebiete durch den Schutz von mit dem Baubestand nicht vereinbaren Bauvorhaben in ihrem Gesamtzusammenhang (der städtebaulichen Gestalt und Eigenart) bewahrt werden. Der Schutz des Bestandes wirkt sich auch positiv auf das jeweilige Eigentum aus, da eine insgesamt hohe Qualität und der Wert der baulichen Anlagen gesichert bzw. möglicherweise gesteigert wird.

Das Verfahren der Unterschutzstellung ist ein zweistufiges Verfahren:

Durch den ersten Schritt der Ausweisung eines Erhaltungsgebietes (mittels Erlass der Erhaltungssatzung) unterliegen nach § 172 Abs. 3 BauGB bauliche Anlagen, die allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägen oder die von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind, einem präventiven Erlaubnisvorbehalt bzgl. äußerlich sichtbarer baulicher Veränderungen. Die Schutzwirkung ist sowohl flächenbezogen als auch objektbezogen. Stets sind jedoch nur die städtebauliche Funktion und das äußere Erscheinungsbild der Anlagen geschützt.

Im Falle der Beantragung einer Genehmigung von erhaltungsrechtlich genehmigungspflichtigen Vorhaben erfolgt in einem zweiten Schritt eine konkretisierte und individualisierte Überprüfung des Einzelfalls an den Erhaltungszielen und Genehmigungstatbeständen. Liegen keine Versagensgründe vor, muss die Genehmigung erteilt werden, liegen Versagungsgründe vor, handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, d.h. das Vorhaben muss versagt werden.

Durch den speziellen erhaltungsrechtlichen Genehmigungsvorbehalt können auch Vorhaben an baulichen Anlagen versagt werden, die ansonsten nach den Vorschriften des BauGB und der NBauO  zulässig wären, sich aber negativ auf die städtebauliche Gestalt auswirken.

Die Versagung einer Genehmigung und damit das Aussprechen des Erhaltungsgebotes kann nach § 173 Abs. 2 BauGB seitens des Eigentümers ein Übernahmeverlangen auslösen. Das Erhaltungsgebot kann ohne Rückgriff auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Eigentümer ausgesprochen werden, d.h. es ist eine objektbezogene Beurteilung. Der Nachweis über die wirtschaftliche Unzumutbarkeit ist seitens des Eigentümers durchzuführen.

Das Risiko bzgl. eines Übernahmeanspruchs für die Stadt Burgdorf ist als relativ gering einzuschätzen, wie die Erfahrungen in anderen Städten zeigen. Ein „vernünftiger Eigentümer“ ist i.d.R. an der Erhaltung des speziellen und finanziellen Wertes seines Gebäudes interessiert. Für die Stadt besteht zudem nach § 89 BauGB eine Wiederveräußerungspflicht für entsprechende Gebäude. Es handelt sich also um einen Zwischenerwerb.

Für die Aufstellung einer Erhaltungssatzung besteht kein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren. Wird jedoch ein Aufstellungsbeschluss für eine solche Satzung gefasst, ist die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 ff BauGB möglich und somit kann vom Tage der Beschlussfassung an, die Sicherung des Erhaltungsgebietes vor dem Hintergrund der Erhaltungsziele erfolgen. Durch die Vorschriften des BauGB gelten die Änderung und der Rückbau einer baulichen Anlage im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung ohne Genehmigung als Ordnungswidrigkeit, welche mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden kann.

 

Im Zuge der Beratung über die Vorlage ist über das weitere Verfahren der Aufstellung der Erhaltungssatzung zu entscheiden. Der Gesetzgeber sieht keine Beteiligung der Öffentlichkeit oder der Behörden, analog zu Bauleitplanverfahren, vor. Aus Gründen der Bürgernähe und der bestehenden Betroffenheit von Eigentümerinteressen innerhalb des festzulegenden Erhaltungsgebietes durch die Inhalte der Satzung, regt die Verwaltung an, dennoch eine Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Empfehlenswert ist es aus ihrer Sicht, eine Informationsveranstaltung durchzuführen, auf der alle Interessierten über die Inhalte und Rechtswirkungen einer Erhaltungssatzung informiert werden.

 

Der räumliche Geltungsbereich der Satzung (vgl. Anlage der Satzung) umfasst den zentralen Bereich der Innenstadt Burgdorfs, die bebaute Altstadt und den Bereich des Stadtparks. In seiner Umfassung orientiert sich der Geltungsbereich an der vorhandenen geschlossenen städtebaulichen Struktur. In seiner äußeren Begrenzung orientiert er sich im Wesentlichen an den umgebenden Straßen und dem Flusslauf der Aue. In Teilbereichen erstreckt sich der Geltungsbereich auf einen Straßenzug, unter Einbeziehung der vorderen Gebäudezeile entlang des Straßenzugs.

Innerhalb des Geltungsbereichs befinden sich drei kleinere Teilbereiche mit einer unterschiedlichen, von der für das Erhaltungsgebiet typischen städtebaulichen Eigenart (s.o.) abweichenden Prägung (vgl. Anlage A zur Begründung). Diese fügen sich jedoch weitestgehend gut in das Gesamtensemble ein bzw. ergänzen dieses und tragen so zum unverwechselbaren Charakter des Erhaltungsgebietes bei. Insgesamt betrachtet, verfügt dieses über eine homogene städtebauliche Struktur, welche in Summe und im Zusammenspiel mit den vorhandenen Nutzungen die besondere städtebauliche Eigenart ausmacht.

Innerhalb des Erhaltungsgebietes befinden sich knapp 300 Grundstücke, auf denen bestimmte Vorhaben durch den Erlass der Erhaltungssatzung der erhaltungsrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen. Es handelt sich nach § 172 Abs. 1 BauGB um den Rückbau, die Änderung oder Nutzungsänderung sowie die Errichtung baulicher Anlagen. Eine Konkretisierung der gesetzlich nicht näher bestimmten Tatbestände ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber machbar. Sie soll im weiteren Aufstellungsverfahren erfolgen.

Mit der Erhaltungssatzung hat die Stadt Burgdorf das erforderliche Rechtsinstrument an der Hand, um den Altstadtbereich vor unerwünschten baulichen Veränderungen im Erhaltungsgebiet, die sich negativ auf die städtebauliche Gestalt und Eigenart auswirken, zu versagen.

 

Aufgrund der Zweistufigkeit des Verfahrens der Unterschutzstellung eines Gebietes und seiner baulichen Anlagen unter die Ziele und Inhalte einer Erhaltungssatzung besteht in Bezug auf den Satzungserlass (Schritt 1) nur eine eingeschränkte Abwägungspflicht. D.h. die Erhaltungsbedürftigkeit für den räumlichen Geltungsbereich muss festgestellt und im Verhältnis zu den generellen Eigentümerinteressen (wie der maximalen Ausnutzbarkeit des Eigentums) betrachtet werden.

Das öffentliche Interesse an der Erhaltung der städtebaulichen Gestalt und Eigenart des Altstadtbereichs und seiner baulichen Anlagen rechtfertigt die Aufstellung und den Erlass der vorliegenden Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Innenstadt (Altstadt).

 

 

Anlagen:

-          Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart des Gebietes – Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Innenstadt (Altstadt); Vorentwurf, Stand 03.08.2011

-          Begründung zur Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart des Gebietes – Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Innenstadt (Altstadt); Vorentwurf, Stand: 03.08.2011