Beschluss: mehrheitlich beschlossen

 

Der Rat stimmte dem Antrag auf Überweisung der Anträge zu den TOP 7 und TOP 8 in den Ausschuss für Schule, Kultur und Sport mit 31 Ja-Stimmen sowie 1 Stimmenthaltung zu.

 

 


Herr Baxmann teilte mit, dass vor dem Hintergrund einer evtl. Verlegung des Denkmals von Seiten der Abteilung 66 (Tiefbauabteilung) eine Stellungnahme der Unteren Denkmalschutzbehörde angefordert wurde. Im einzelnen habe man insgesamt vier Themenbereiche abgefragt :

 

>            Verlegung des Völkerschlachtdenkmals

>            Entfernung der Umfassungsmauer

>            Umfeldgestaltung des Denkmals

>            Errichtung einer Erläuterungstafel zum Denkmal

 

Bezüglich der evtl. Verlegung des Denkmals sei durch Herrn Brunke von der Unteren Denkmalschutzbehörde mitgeteilt worden, dass es sich um ein Einzeldenkmal handele, welches in der Grundliste der Baudenkmale gem. § 3 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz (NDSchG) verzeichnet sei. Eine Verlegung bzw. Veränderung des Denkmals bedürfe daher einer denkmalrechtlichen Genehmigung gem. § 10 NDSchG. Sollte ein Antrag auf Translozierung des Denkmals  gestellt werden, sei gem. vorliegender Stellungnahme der zuständige Konservator des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, Herr Dr. Jäger,  im Rahmen des § 26 NDSchG frühzeitig zu beteiligen. Herr Dr. Jäger habe jedoch in einem mit ihm bereits geführten Telefonat darauf hingewiesen, dass ein solches Translozierungsbegehren (versetzen) wohl wenig erfolgversprechend sei. Nach seiner Vorabeinschätzung seien die Voraussetzungen für eine evtl. Verlegung des Denkmals im vorliegenden Fall nicht gegeben. Diese Sichtweise werde auch von der Unteren Denkmalschutzbehörde geteilt, da die Grundlage für die Beurteilung der geplanten Maßnahmen durch ein Landesgesetz vorgegeben sei, so dass einer Verlegung des Völkerschlachtdenkmals bei sachgerechter Anwendung des Gesetzes eine Genehmigung nicht in Aussicht gestellt werden könne.

 

Die Umfassungsmauer aus dem Jahre 1928 bilde aus denkmalpflegerischer Sicht mit dem ursprünglichen Denkmal von 1913 eine Einheit und sei daher zu erhalten. Eine Entfernung würde gemäß dem NDSchG zu einer Beeinträchtigung des Denkmals führen.

 

Ferner dürften gem. § 8 NDSchG in der Umgebung eines Baudenkmales Anlagen weder errichtet, geändert oder beseitigt werden, wenn dadurch das Erscheinungsbild des Baudenkmales beeinträchtigt werden könnte.

Bauliche Anlagen in der Umgebung eines Baudenkmals seien so zu gestalten und instand zu halten, dass eine solche Beeinträchtigung nicht eintrete. Aus Sicht der Unteren Denkmalschutzbehörde sei eine Beeinträchtigung des Denkmals durch die Entwurfsplanung der Tiefbauabteilung nicht zu befürchten. Die Planung könne im ursprünglichen Sinne ausgeführt werden, da aus denkmalrechtlicher Sicht keine Bedenken bestünden.

 

Hinsichtlich der Errichtung einer Erläuterungstafel am/zum Denkmal sei § 8 NDSchG zu beachten. Eine solche Erläuterung sei aus Sicht der Unteren Denkmalschutzbehörde vorstellbar. Vor Ausführung sei jedoch eine frühzeitige Beteiligung erforderlich, zumal die Maßnahme gegebenenfalls einer denkmalrechtlichen Genehmigung bedürfe. Gegen die von der Stadtverwaltung vorgelegte Planung, bei der das Denkmal integriert werde, bestünden von Seiten der Unteren Denkmalschutzbehörde keine Einwände. Die Verlegung des Völkerschlachtdenkmals sei nicht genehmigungsfähig.

 

Herr Pilgrim wies vor Erläuterung des Antrages der SPD-Fraktion vom 29.02.08 darauf hin, dass sein Wortbeitrag sich auf das Denkmal beziehe, Frau Gersemann im Anschluss eine Erläuterung zu der beantragten Umbenennung des Hindenburgwalls geben werde.

 

Herr Pilgrim hob hervor, dass die weit verbreitete Unkenntnis über den Sinn und Zweck dieses Denkmales bei den Überlegungen für die Neugestaltung der Grünanlage die Idee aufkommen lassen habe, das Denkmal in den Stadtpark zu versetzen, möglicherweise in einem Ensemble mit weiteren Gedenksteinen  bzw. Denkmalen. So könne die Grünanlage ohne das Denkmal wesentlich schöner gestaltet werden. Lediglich diese Überlegung sei Ausgangspunkt für den Antrag seiner Fraktion gewesen und nicht irgendwelche, in der öffentlichen Diskussion, unterstellten Absichten über mögliche Motivationen. Seine Fraktion sei weder geschichtslos, noch fehle es ihr an Traditionsbewusstsein. Herr Pilgrim verdeutlichte nochmals, Ziel des Antrages sei nicht die Beseitigung des Denkmales gewesen, sondern lediglich die Verlegung an einen anderen Ort. Man habe in dem Antrag die Verwaltung um Prüfung gebeten, inwieweit unter Denkmalschutzgesichtspunkten eine Umsetzung des Denkmals in den Stadtpark möglich sei und welche Kosten im Falle einer Umsetzung entstünden. Im Falle höherer Kosten wäre von diesem Antrag Abstand genommen worden.

Aus diesem Grunde verstehe er die Diskussion um den Antrag seiner Fraktion nicht, erhoffe sich im Laufe der Ratssitzung, insbesondere von Seiten der CDU-Fraktion, jedoch eine Aufklärung.

Die SPD-Fraktion respektiere die Entscheidung der Unteren Denkmalschutzbehörde und ziehe den Teil ihres Antrages zurück, der sich mit der Umsetzung des Denkmales befasse.

Dieses Denkmal könne in der Zukunft nur noch als „Mahnmal“ gesehen werden, zumal ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger von Burgdorf der geschichtliche Hintergrund des Denkmals nicht bekannt sei. Insofern bleibe der Teil des Antrages bestehen, eine Tafel in der Nähe des Denkmals anzubringen, auf der über die geschichtlichen Hintergründe und Zusammenhänge informiert werde.

 

Vor Erläuterung des Antrages hinsichtlich der Umbenennung des Hindenburgwalls  durch Frau Gersemann schlug Herr Baxmann vor, zunächst den Themenbereich „Denkmal“ abzuhandeln.

 

Herr Obst erklärte, es möge durchaus der Fall sein, dass dieses Denkmal kaum bekannt sei. Allerdings treffe dies auch auf andere Denkmale in der Stadt Burgdorf zu, wie beispielsweise das Denkmal am Schwarzen Herzog oder das Löns-Denkmal. Man könne eine Verlegung nicht damit begründen, dass bei der Bevölkerung Unkenntnis über den geschichtlichen Hintergrund bestehe. Mit dem Denkmal werde nicht nur an eine kriegerische Auseinandersetzung erinnert, sondern man müsse es letztlich auch als Mahnmal sehen, errichtet zu einer Zeit eines Krieges innerhalb Europas, welche als Völkerschlacht zu Leipzig in die Geschichte eingegangen sei.  

Die CDU-Fraktion habe von Anfang an deutlich gemacht, dass es nicht für sinnvoll gehalten werde, ein Denkmal, in welcher Form auch immer, umzusetzen. Dies hätte man vielleicht auch vorab in einem Gespräch mit der Unteren Denkmalschutzbehörde klären können. Jetzt habe man die Möglichkeit im Rahmen der Umgestaltung diesen Bereich entsprechend zu gestalten und eine Hinweistafel anzubringen.

 

Herr Baxmann räumte sein Versäumnis ein, vorab mit der Denkmalschutzbehörde Kontakt aufgenommen zu haben, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu klären. Dies sei ihm nicht bewusst gewesen und er bekenne sich auch als einer der Initiatoren des Vorschlages, dieses Denkmal in den Stadtpark zu translozieren. Gleichwohl halte er dieses Denkmal nach wie vor für einen „entsetzlich hässlichen Steinhaufen“. Jenseits der Diskussion über das Denkmal sei es wichtig zu verdeutlichen, dass es nie Ausdruck des Friedens, der Völkerverständigung und der europäischen Zusammenarbeit gewesen sei. Vielmehr sei es Ausdruck national-chauvinistischen Denkens gewesen, sozusagen Teil der idelogischen Vorbereitung und der Förderung der Kampfmoral für den Ersten Weltkrieg, spezielle für den Kampf gegen den Erzfeind Frankreich. Die Bedeutung des Denkmals solle auf der geplanten Tafel unbedingt verdeutlicht werden. Es müsse bewusst werden, dass es ein „Ungeist“ war, welcher zu der Errichtung des Denkmals geführt habe.

 

Herr Lüddecke merkte an, dass die formalen Dinge nunmehr geregelt seien.  Man habe auch über Inhalte diskutiert, was aus seiner Sicht zum Teil leider etwas oberflächlich erfolgt sei. Seiner Fraktion gehe es nicht um das Jahr 1913, sondern um das Jahr 1813. Die Folgen dieser Schlacht seien im 19. Jahrhundert ablesbar, in dem in Europa neue Grenzen festgelegt worden seien. Ferner sei bekannt, dass im Jahre 1815 mit dem Wiener Kongress noch keine demokratischen Strukturen Einzug gehalten hätten. Er schließe sich der Ansicht des Herrn Bürgermeisters an, ein solches Denkmal pädagogisch zu begleiten und über die historischen Ereignisse zu informieren, insbesondere auch im schulischen Bereich.

Abschließend erklärte Herr Lüddecke, er wolle nunmehr zwei politische Folgen aus der besagten Schlacht ziehen, welche sich nicht unmittelbar im Jahre 1813 vollzogen hätten, sondern im Jahrhundert danach. Aus der Neuordnung des Wiener Kongresses sei eine liberale Bewegung des Bürgertums gegen die Monarchen hervorgegangen. Hierbei habe es sich um die ersten Ansätze demokratischen Denkens in Deutschland gehandelt. 30 Jahre später, mit Beginn der Industrialisierung Europas seien sodann die ersten Ansätze durch die Arbeiterbewegung erfolgt, soziale Gesetze und soziale Errungenschaften einzubringen. Er wolle damit verdeutlichen, dass man aus einem solchen Ereignis, welches Folgen im politischen Prozess gehabt habe, eine Menge herauslesen könne. Aus diesem Grund halte er es für wichtig, ein Denkmal, welches an die Ereignisse im Jahr 1813 erinnert, zu erhalten, aufzuwerten und pädagogisch zu begleiten.

 

An Herrn Lüddecke gewand, wies Herr Baxmann darauf hin, dass die Untere Denkmalschutzbehörde zwar festgestellt habe, das Denkmal sei Ausdruck von Zeitgeist, sie sich hier jedoch auf das Jahr 1913 beziehe.

 

Herr Rohde bat darum, den TOP 7 und TOP 8 zusammenzuführen. Er wies darauf hin, dass er sich vorab mit sachkundigen Personen in Verbindung gesetzt habe und warf Herrn Baxmann gleichzeitig vor, er habe von vornherein dafür plädiert, das Denkmal zu versetzen. Des Weiteren halte er die Äußerung, das Denkmal sei völlig unbekannt, für unsinnig.

Sodann nahm Herr Rohde Bezug auf seinen Antrag vom 28.03.2008. Der Antrag seiner Fraktion, das Denkmal an Ort und Stelle zu belassen, habe sich nunmehr erübrigt, genauso wie der Abriss der Umfassungsmauer sowie des Kleinpflasters. Hier sei die Fraktion im Übrigen davon ausgegangen, durch die Umfassungsmauer werde evtl. zu viel Fläche in Anspruch genommen. Die großräumige Beseitigung sämtlichen Buschwerks, die Einfassung des Denkmals mit einem Blumenbeet sowie die Aufstellung eines Hinweisschildes über die Bedeutung des Denkmals müssten jedoch auf jeden Fall erfolgen. 

Abschließend verwies Herr Rohde darauf, das Denkmal stehe nunmehr 95 Jahre an diesem Ort. Es mache überhaupt keinen Sinn, jetzt noch zu hinterfragen, warum es sich dort befindet oder ob es versetzt werden sollte. Er schlage daher vor, in den Fachausschüssen über die Gestaltung und Inhalte der Gedenktafel zu beraten.

 

Herr Morich verwies darauf, dass während der Herrschaft Napoleons in Europa grausame Kämpfe mit Millionen Toten stattfanden. Die wenigsten würden jedoch bedenken, dass in dieser Zeit rd. 1 Million Pferde grausam zu Tode gekommen seien. Er erwähne dies vor dem Hintergrund, dass die Stadt Burgdorf Marketingmaßnahmen zusammen mit dem Burgdorfer Pferdeland e.V. forciere.

 

Herr Baxmann machte noch einmal deutlich, dass hinsichtlich der Anträge der SPD-Fraktion sowie der CDU-Fraktion lediglich der Teil in die Fachausschüsse überwiesen werden könne, der sich mit der Aufstellung einer Gedenktafel befasse, da für die übrigen Inhalte dieser Anträge die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr gegeben seien.

 

Frau Gersemann erläuterte im Anschluss den Teil des Antrages der SPD-Fraktion, welcher sich mit der Umbenennung des Hindenburgwalles befasst. In diesem Rahmen wies sie darauf hin, dass das Handeln historischer Persönlichkeiten viel zu oft in Vergessenheit gerate bzw. durch Legendenbildung unkritisch bewertet werde. Paul von Hindenburg sei Teil einer solchen deutschen Legende und sein historisches Handeln müsse sich unbequemen Wahrheiten stellen. Eine Legende sei die Darstellung Hindenburgs als „Held von Tannenberg“. Hindenburg habe für sich in Anspruch genommen, den Sieg in der Schlacht um Tannenberg errungen zu haben. Hierdurch sei er zum Obersten Chef der Heeresleitung aufgestiegen. Die Niederlage im Ersten Weltkrieg sei ihm nicht angelastet worden. Seine Rechtfertigung habe in der von ihm erfundenen „Dolchstoßlegende“ bestanden.

Eine weitere Legende sei die von Hindenburg als „seniler Greis“. Hierzu erklärte Frau Gersemann, dass Hindenburg am Tag der Machtergreifung Hitlers am 30.01.1933 seine Genugtuung über die erzielte Einigung mit den „Rechten“ geäußert habe. Ein Jahr später habe er in seinem politischen Testament erklärt, dass nun endlich die Stunde angebrochen sei, die er ersehnt habe. Die parlamentarische Staatsform entspreche nicht den wahren Bedürfnissen und Eigenschaften des deutschen Volkes. Die Zukunft Deutschlands habe Hindenburg bei Adolf Hitler in guten Händen gesehen, da dieser alle Ziele vereinigt habe, die auch Paul von Hindenburg für sich als erstrebenswert ansah, wie die Abschaffung der Demokratie, Einigung in einem Einparteienstaat sowie eine autoritäre Führung. Paul von Hindenburg habe dem Ermächtigungsgesetz Hitlers, wie auch alle anderen bürgerlichen Parteien, außer der SPD, zugestimmt. Hitlers Handeln habe Hindenburgs ureigensten Wünschen entsprochen. Man sei daher verpflichtet, das Bild von Hindenburg und den Mythos als Kriegsheld scharf zu beleuchten. Er sei eine Schlüsselfigur der deutschen Geschichte gewesen und habe durch sein Handeln die erste, noch junge Demokratie in Deutschland dem nationalsozialistischen Terrorregime ausgeliefert.

Frau Gersemann erklärte weiter, man müsse sich aufgrund dieser historischen Fakten fragen, ob Paul von Hindenburg die mit der Namensgebung verknüpfte Ehrung heute noch gebühre. Die Umbenennung und traditionelle Einführung des Namens „Am Wall“ sei aus Sicht der SPD-Fraktion nur konsequent und darüber hinaus mit keinerlei Kosten verbunden. Zusammenfassend stellte Frau Gersemann fest, es sei wichtig, dass man sich der Geschichte mit all ihren guten und auch dunklen Kapiteln stelle. Paul Hindenburg jedoch sei es wert, als historische Persönlichkeit bekannt zu sein. Aber er sei in den Augen ihrer Fraktion nicht würdig, dass ein Ort in Burgdorf nach ihm benannt werde.

 

Herr Lüddecke erklärte gegenüber Frau Gersemann, dass der von ihr vorgetragene Beitrag unerträglich für ihn gewesen sei. In Hannover gebe es im Übrigen eine Straße mit dem Namen „Hindenburgstraße“. Der sich an diese Straße anschließende Stadtteil heiße im Volksmund „Hindenburgviertel“. Hieran nehme keiner Anstoß. Von 1948 bis heute sei die Stadt Hannover durchgehend von sozialdemokratischen Bürgermeistern regiert worden. Auch von diesen habe bisher keiner Anstoß genommen. Hindenburg sei ein erfolgreicher General im Ersten Weltkrieg gewesen, da er durch militärisches Können und seine strategische Ausrichtung in der „Schlacht bei Gilgenburg“ eine in Zahlen wesentlich größere russische Armee geschlagen habe. Das könne man nicht so „runterspielen“, wie Frau Gersemann das in ihrem Vortrag gemacht habe. Der Mythos sei dadurch entstanden, dass die „Schlacht bei Gilgenburg“ umbenannt worden sei in „Schlacht bei Tannenberg“, da 1410 an dem gleichen Ort der deutsche Ritterorden eine Niederlage gegen litauische und polnische Heere erlitten habe. Nur dadurch sei der Mythos entstanden, und dies sei nicht zu beanstanden.

Weiterhin merkte Herr Lüddecke an, dass die Nationalsozialisten diese Symbolkraft, abgeleitet aus dem Ersten Weltkrieg, für ihre Zwecke benutzt und missbraucht hätten. Das könne man nicht Hindenburg zurechnen, denn dies hätten die Nationalsozialisten mit vielen anderen Dingen auch getan. Der Zeitraum 1933/1934 sei strittig und werde im Moment von Historikern aufbereitet. Die Sichtweise und die Art, in der Frau Gersemann diesen Zeitraum dargestellt habe, sei auf jeden Fall sehr strittig. Des Weiteren stehe in dem Antrag der SPD-Fraktion vom 29.02.08, dass 1955 konservative Kräfte die Wiederbenennung der Straße in „Hindenburgwall“ hätten durchsetzen können.  Zu dieser Zeit habe es in Burgdorf bereits einen demokratisch gewählten Rat gegeben. Wenn dieser Rat beschlossen habe, diese Straße „Hindenburgwall“ zu nennen, dann sei dies ein demokratischer Vorgang gewesen. Man müsse sich dazu bekennen, was in der Vergangenheit ein demokratischer Rat beschlossen habe. Wäre die Darstellung Hindenburgs so eindeutig, wie von Frau Gersemann beschrieben, könne man über eine Umbenennung diskutieren. Aber diese Darstellung sei nun mal sehr strittig.

 

Herr Obst räumte gegenüber Frau Gersemann ein, dass Paul von Hindenburg sicherlich eine umstrittene Person gewesen sei. Er gebe Frau Gersemann zumindest in der Hinsicht recht, dass die Benennung von Straßen einer kritischen Betrachtung Stand halten müsse. Dies gelte seiner Ansicht nach jedoch für Straßen, welche im Stadtgebiet neu benannt werden. Er gab ferner zu Bedenken, die Problematik nur auf Paul von Hindenburg zu beziehen, sei etwas kurzsichtig. Hindenburg sei nicht die einzige politische Person der damaligen Zeit gewesen. Es habe während der Weimarer Republik mehrere Regierungen sowie mehrere Parteien gegeben. Aus heutiger Sicht könne man feststellen, dass alle Parteien mit dazu beigetragen hätten, die Weimarer Republik zugrunde gehen zu lassen. Die Machtübernahme Hitlers sei nicht Paul von Hindenburg zuzuschreiben. Im März 1930 habe noch die Möglichkeit bestanden, eine demokratische Regierung zu bilden, um Hitler zu verhindern. Dies aber hätten alle Parteien nicht erreicht. Zwar sei Hindenburg eine zwielichtige Persönlichkeit gewesen, gleichwohl stehe es dem Rat nicht zu, Straßen lediglich aus dem Zeitgeist heraus umzubenennen. Seine Fraktion sei der Ansicht, dass dieses kurze Stück Straße als „Hindenburgwall“ weiterhin Bestand haben sollte, man sich aber parallel  dazu, mit der Geschichte beschäftigen müsse.

 

Herr Baxmann merkte hierzu an, dass allein die Aussage, dass es sich bei Paul von Hindenburg um eine „zwielichtige“ Person handele, bereits ausreichen müsse, eine Straße nicht nach einer solchen Person zu benennen. Er wolle nochmals verdeutlichen, dass es sich bei Paul von Hindenburg um eine intrigante Figur von mäßigem Verstand gehandelt habe, die es verstanden habe, sich immer in das „rechte Licht“ zu rücken. Die von Hindenburg in die Welt gesetzte „Dolchstoßlegende“, sei eine verbrecherische Legende gewesen und habe letztlich zur Zerstörung der Weimarer Demokratie durch die Nationalsozialisten geführt. Es gebe hier zwar viele Aspekte zu berücksichtigen, aber Fakt sei, dass Hindenburg sozusagen „die Axt an die Wurzel“ dieser jungen Demokratie gelegt habe. Dies bestreite heutzutage kein ernsthafter Historiker mehr. Die Straße „Hindenburgwall“ habe zudem seit urdenklichen Zeiten „Am Wall“ geheißen. Als jedoch am 13.04.1933 die Nationalsozialisten zum ersten Male im Rat die Mehrheit erreicht hätten, sei sofort beantragt worden, den Wall zum „Hindenburgwall“ umzubenennen. Für diese Namensgebung hätten die Nationalsozialisten sicherlich ihre Gründe gehabt. Ferner habe Hindenburg nicht dazu überredet werde müssen, Hitler an die Macht zu bringen. Er habe vielmehr zielgerichtet seit 1931 darauf hingearbeitet, das demokratische System zu zerstören. Dies sei den Nationalsozialisten bekannt gewesen, so das am 13.04.1933 in Burgdorf, wie in vielen anderen Orten auch, Straßen nach der Person Hindenburg benannt wurden. Erst im Jahre 1947 sei die Umbenennung in den traditionellen Namen „Am Wall“ durch einen demokratisch gewählten Rat erfolgt. Im Jahre 1955 habe das Geschichtsbild von 1933, zumindest in Ansätzen, erneut Einzug in den Rat gehalten. Hieraus müsse man die Konsequenzen ziehen, wenn man über ein Geschichtsbild, welches alle Facetten aufzeige, nachdenke.

 

Frau Ethner bat darum, die ausschweifende und kontrovers geführte Diskussion zu beenden. Sie wies darauf hin, dass sich etliche Bürger der Stadt in den vergangenen Wochen sicherlich gefragt hätten, ob ihre gewählten politischen Vertreter nichts Wichtigeres zu tun hätten, als über jahrzehntelang bestehende Gegebenheiten zu diskutieren.

Frau Ethner schlug Herrn Baxmann vor, die Straßenschilder am Hindenburgwall abzumontieren und die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Burgdorf über die Namensgebung entscheiden zu lassen. Sie bat abschließend darum, zu den wirklich wichtigen Aufgaben des Rates überzugehen.

 

 

Frau Dr. Wunn bat darum, zu Anfang ein kleines Statement über Dietrich Bonnhöfer abgeben zu dürfen. Etliche Jahre nach seinem Tode habe es den Vorschlag gegeben, eine Straße nach ihm zu benennen. Daraufhin habe die evangelische Pfarrschaft in einem Brief an die Eltern Dietrich Bonnhöfers darum gebeten, hiervon Abstand zu nehmen, da sein Widerstand ein politischer und kein theologischer gewesen sei. Frau Dr. Wunn erklärte weiter, sie wolle ihre Meinung in dieser Angelegenheit ganz klar voranstellen. Sie sei, wie auch die Mitglieder ihrer Fraktion der Ansicht, den Namen „Hindenburgwall“ für das Denkmal beizubehalten. Zur Begründung gab sie an, es gebe eine Verpflichtung, die Menschen aus ihrer Zeit heraus zu betrachten. Das gleiche schulde man auch einem Mann wie Hindenburg. Er sei sicherlich kein Demokrat gewesen, sondern ganz klar ein Monarchist. Im Übrigen sei er nicht in den Ersten Weltkrieg eingetreten, um die Demokratie zu verteidigen, sondern für Kaiser und Vaterland. Sie wolle nur darauf hinweisen, dass die aktuelle Hindenburg-Forschung an einer Universität, welche in Geistes – und sozialwissenschaftlicher Hinsicht ganz klar „links“ tendiere, Hindenburg heute anders bewerte, nämlich als einen Mann, der Hitler soweit wie möglich zu verhindern versucht habe. Als dies nicht mehr möglich erschien, habe er versucht, die Folgen so weit wie möglich einzuschränken. Frau Dr. Wunn warnte davor, die Geschichte umdeuten zu wollen. Die Menschen würden nur zu leicht dazu neigen, wenn es um Dinge gehe, welche mit dem Dritten Reich in Zusammenhang ständen. Sie forderte die Anwesenden daher dazu auf, die Last der Geschichte sowie den Namen Hindenburg zu ertragen. Ferner forderte sie dazu auf, zu den Leistungen und auch den Schwächen Hindenburgs zu stehen.

 

 

An Herrn Lüddecke gerichtet wies Frau Gersemann darauf hin, er tue ihr Unrecht, wenn er versuche, sie in eine radikale Historikerecke zu drängen und ihr zu unterstellen, sie stehe mit ihren geäußerten Ansichten alleine da. Nicht nur ein in Bielefeld tätiger Historiker vertrete die selbe Meinung wie sie, sondern auch etliche neue Biografien über Hindenburg zielten in die gleiche Richtung, wie von ihr und Herrn Baxmann in die Debatte eingebracht wurden. Dies klarzustellen, sei ihr sehr wichtig.

 

 

Herr Alker erklärte, Frau Gersemann habe seinen vollen Respekt und seine Anerkennung für ihre anfänglichen Äußerungen. Er sei zudem grundsätzlich der Ansicht, dass die von Herrn Lüddecke bezeichneten Militärführer für den Tod tausender von Menschen und Soldaten verantwortlich seien und daher keine Denkmäler bräuchten. Er befürworte die Benennung der Straße mit der Bezeichnung „Am Wall“. Weiterhin halte er es nicht für sinnvoll, dieses Thema im Rahmen einer Ratssitzung so intensiv zu diskutieren. Dies heiße jedoch nicht, dass er dieses Thema nicht für wichtig halte, man müsse jedoch mit der Diskussion zum Ende kommen.  

 

Herr Rohde warf ein, er stelle sich die Frage, wo die Ratsmitglieder ihr geschichtliches Wissen erworben hätten. Er gehe davon aus, dass die Informationsbeschaffung durch entsprechende Lektüre oder über das Internet erfolgt sein müsse. Allerdings gab er zu Bedenken, dass niemand der Ratsmitglieder diese Zeit selber miterlebt habe. Demzufolge müsse man nicht alles glauben, was bisher vorgetragen worden sei. Er wies weiter darauf hin, dass Martin Luther der größte Antisemit seiner Zeit gewesen sei, gleichwohl gäbe es heute noch Kirchen welche den Namen „Martin-Luther-Kirche tragen würden. Sodann bekräftigte er nochmals den Wunsch der CDU-Fraktion auf Umbau des Hindenburgwalles. Im Zuge des Umbaus des Hindenburgwalles müssten die beiden einzigen Straßenschilder in Burgdorf, welche den Namen Hindenburgwall tragen, abgenommen werden. Dies würde ohnehin nicht weiter auffallen, da es keine postalische Anschrift zu dieser Straße gebe. Daher verstehe er nicht den Grund für die geführte Diskussion. Wenn man aber darüber diskutiere, dann solle man auch bei der Wahrheit bleiben.

Herr Rohde verlas sodann auszugsweise Passagen eines Zeitungsartikel aus einer Tageszeitung über ein Interview mit einem bekannten Historiker, welcher sich mit der Biografie Hindenburgs beschäftigt habe. Im Anschluss daran gab er zu bedenken, dass es aus heutiger Sicht schwer sei, objektiv über die damalige Zeit zu urteilen. Letztlich müsse man im Zuge des Umbaus des Hindenburgwalles lediglich darüber diskutieren, ob man nach dem Umbau die Straßenschilder erneut aufstelle oder nicht. Er sehe diese Notwendigkeit zumindest nicht. Dies solle jedoch nicht heißen, dass die CDU-Fraktion dies aus dem Grund mache, da man irgendwas gegen Hindenburg hätte. Hiergegen möge er sich verwahren.

 

Herr Braun erklärte, die Diskussion gehöre nicht in eine Ratssitzung, sondern in die Fachausschüsse. Zumal es lediglich um die Planung eines Platzes nebst Neuanlage eines 200 m langen Weges, mit mehr Parkraum sowie Grünfläche gehe. Daraus habe sich jedoch eine typisch deutsche Diskussion entwickelt. Es handele sich im vorliegenden Fall um einen kurzen Weg, an den keine Gebäude angeschlossen seien. Er sehe keine Notwendigkeit für eine Benennung dieses Weges,  so dass die Schilder abgenommen werden sollten.

 

Herr Baxmann erklärte, er habe teilweise die Wortmeldungen als unangemessen empfunden. Weiterhin stellte er fest, er sehe kein Problem darin, Menschen in ihren Zeitbezügen zu interpretieren. Ihm sei völlig klar, dass man hier nicht undifferenziert die heute geltenden Maßstäbe anlegen könne. Ein historisches Herangehen sei ein differenziertes Herangehen, welches den konkreten historischen, d. h. politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen der jeweiligen Zeit Rechnung tragen müsse. Es gehe nicht um die Klärung der Frage, ob ein Mann wie Hindenburg seinen Platz in der Geschichte habe, sondern darum, ob es sinnvoll sei, eine Straße nach einer solchen Person zu benennen. Abschließend erklärte Herr Baxmann, er habe keine Einwände gegen den Vorschlag, die  besagten Straßenschilder abzunehmen. Allerdings verwies er auf das Bestehen eines offiziellen Straßenverzeichnisses für die Stadt Burgdorf, so dass zunächst abgeklärt werden müsse, ob diesbezüglich Hinderungsgründe bestünden.

 

Im Anschluss an die Diskussion bat Herr Walter um Abstimmung darüber, den unter TOP 7 behandelten Antrag der SPD-Fraktion vom 29.02.08 sowie den unter TOP 8 behandelten Antrag der CDU-Fraktion vom 28.03.08 in den Fachausschuss für Schule Kultur und Sport zu überweisen, soweit es sich um die Bereiche der Anträge handele, welche sich mit der Aufstellung einer Gedenktafel sowie der Fragestellung hinsichtlich der Namensgebung befassten.