Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Herr Rohde wies darauf hin, dass seit ca. 50 Jahren keine neuen Denkmäler in Burgdorf mehr aufgestellt worden seien. Erst im Jahre 1999 habe man sich mit der Aufstellung einer Prioritätenliste zur Renovierung der Denkmäler beschäftigt. Es sei sehr bedauerlich, dass sich in Burgdorf niemand um die vorhandenen Denkmäler z.B. um das Ehrenmal im Stadtpark oder um das Denkmal in Schillerslage gekümmert habe.

 

Erst auf seine Initiative im Jahre 2005 hin habe dann später neben dem Amtsgericht die Gedenktafel für die Burgdorfer Bombenopfer aufgestellt werden können. Zeitgleich dazu habe der Arbeitskreis zum Gedenken an den 9. November weitere Vorschläge u.a. für eine Gedenktafel für die im ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten ins Gespräch gebracht. Auf der Gedenktafel am Eingang der St.-Pankratius-Kirche seien bei den dort genannten gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges auch die Soldaten jüdischen Glaubens mit aufgeführt.

 

Der Arbeitskreis ‚Gedenktag 9. November’ habe dann den Vorschlag gemacht, eine Gedenktafel für die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten und deportierten jüdischen Mitbürger zu installieren. Bei den weiteren politischen Beratungen habe sich allerdings heraus gestellt, dass diese Idee vom Kirchenvorstand abgelehnt wurde. Daraufhin habe man vorgeschlagen, eine solche Gedenktafel im Flur des Obergeschosses des Schlosses anzubringen. Dabei sei jedoch anzumerken, dass außer den Schlosskonzerten und den Ratssitzungen kaum öffentliche Veranstaltungen hier stattfinden und daher die Zahl der Besucher, die eine solche Tafel wahrnehmen, relativ klein bleiben werde. Dennoch habe in den weiteren politischen Beratungen grundsätzlich Einvernehmen über die Notwendigkeit bestanden, was dann in den Ratsbeschluss vom 15.12.2005 mündete. Zum damaligen Zeitpunkt sei allerdings noch nicht bekannt gewesen, dass man für diese Gedenktafel rund 20.000,00 € werde aufwenden müssen. Im Vergleich dazu habe die von ihm initiierte Gedenktafel für die Burgdorfer Bombenopfer die Stadt Burgdorf so gut wie nichts gekostet. Die Tafel sei vollständig durch Eigeninitiative und Spenden finanziert worden. Lediglich bei der Einweihung und der anschließenden Feierstunde habe die Verwaltung mitgewirkt. Er bedauere in diesem Zusammenhang, dass er von Seiten der Stadt Burgdorf nicht mehr Unterstützung erfahren habe.

 

Bei der Gedenktafel für das Schloss habe man innerhalb der CDU-Fraktion lange diskutiert und sich gefragt, ob der Anteil der Stadt mit 6.000,00 nicht etwas zu hoch sei. Man habe 2.000,00 für ausreichend erachtet. Ferner sei man der Meinung, dass in der heutigen Ratssitzung nicht unbedingt ein entsprechender Beschluss gefasst werden müsse, vielmehr sei es sinnvoller, die Frage der Bezuschussung im Zusammenhang mit den Haushaltsplanberatungen noch einmal zu diskutieren. Dazu gehöre auch die Frage, ob für die Gedenktafel nicht ein würdigerer und passenderer Standort gefunden werden könne, als im abgelegenen Flur des Schlosses. Er bitte deshalb darum, wegen der Bereitstellung der entsprechenden Haushaltsmittel die Frage bei den Haushaltsplanberatungen noch einmal aufzugreifen. Ideal wäre es allerdings, wenn das Projekt von der Breite der Bürgerschaft mit finanziert werden könnte und nicht nur von wenigen Großsponsoren unterstützt werde. Damit könnte deutlich gemacht werden, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt hinter dem Projekt Gedenktafel ständen. Die CDU-Fraktion werde sich bei der jetzt anstehenden Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt enthalten.

 

Herr Lüddecke vertrat die Auffassung, dass eine solche Gedenktafel längst überfällig sei und bedauerte den langen Entscheidungsprozess. Zur Frage, ob diese Tafel an der Kirche angebracht werden sollte, sei darauf hinzuweisen, dass der Kirchenvorstand sich einstimmig für eine Gedenktafel ausgesprochen habe, jedoch sollte diese nicht an der St.-Pankratius-Kirche angebracht werden, da es in Burgdorf mehrere Kirchengemeinden gebe, auch mehrere Konfessionen und diese Gedenktafel hingegen für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt von großer Bedeutung sei. Daher gehöre die Gedenktafel in ein Rathaus als öffentlichen Ort. Die Tafel sei ein Symbol des Erinnerns und Mahnens und solle dazu dienen, dass Personen und Einzelschicksale während der Zeit des nationalsozialistischen Unrechtsregimes nicht in Vergessenheit gerieten. Soweit ihm bekannt sei, seien die verlegten Stolpersteine bisher zu 100 % selbstfinanziert, d.h. durch viele kleine Spenden von Bürgern ermöglicht worden. In Anbetracht der Gesamtkosten von 19.000,00 halte er 6.000,00 als Beitrag des Rates für angemessen. Die restlichen 13.000,00 könnten dann über entsprechende Einzelspenden zusammengebracht werden. Auch darin sehe er einen hinreichenden Beitrag der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, sich mit der Gedenktafel zu identifizieren. Die FDP-Fraktion werde daher der Vorlage zustimmen. Lediglich den Standort im Schloss sollte die Verwaltung noch einmal überprüfen. Auch habe es eine sehr frühe Festlegung im Ausschuss für Schule, Kultur und Sport auf einen Künstler gegeben. Hier wäre es besser gewesen, auch noch weitere Künstler bei der Auswahl zu beteiligen.

 

Frau Prof. Wunn äußerte Kritik an der künstlerischen Qualität der in Aussicht genommenen Gedenktafel. Sie bezeichnete die Art der Fertigung als eine Dutzendware im Stil der 70-er Jahre, zumal der Künstler noch nie an maßgeblicher Stelle, noch nicht einmal in einem zweitklassigen Museum, ausgestellt habe. Sie halte sich zwar nicht für eine Kunstexpertin, habe sich jedoch bei einem entsprechenden Fachmann, der etwas davon verstehe, sachkundig gemacht. Auch hätte man vorab mit Vertretern der jüdischen Gemeinde aus Hannover zu dem Thema Kontakt aufnehmen können und sich von dort Rat hinsichtlich der angemessenen und würdigen Auswahl einer Gedenktafel einholen können. Im Übrigen wolle sie sich den Ausführungen ihres Fraktionsvorsitzenden anschließen und bitte darum, ihre Kritik aber nicht misszuverstehen.

 

Bürgermeister Baxmann wies im Hinblick auf die Vorhaltungen des Ratherrn Rohde darauf hin, dass dieser von Anbeginn an erklärt habe, dass er die Gedenktafel für die Bombenopfer selber ohne öffentliche Mittel und Unterstützung von Rat und Verwaltung errichten wolle. Die Verwaltung habe immer wieder während des Projektes ihre Hilfe angeboten, die dann erst bei der Enthüllung und Gedenkveranstaltung angenommen wurde.

 

Zu der Frage, warum dies alles so lange gedauert habe, erklärte Bürgermeister Baxmann, dass er bei der Jubiläumsveranstaltung zur 725-Jahr-Feier im Jahr 2004 darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Stadt Burgdorf ein Gedächtnis haben müsse und es wichtig sei, sich zu erinnern. In der Folge habe er sehr viele Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern und hier insbesondere mit Herrn Bembenneck geführt. Dieser habe sich in einer akribischen Arbeit der historischen Erforschung individueller Schicksale der jüdischen Opfer gewidmet, was allerdings auch sehr viel Zeit gekostet habe. Gerade diesen individuellen Schicksalen solle mit Namen auf der Gedenktafel Raum gegeben werden. Diese Arbeit sei erst jetzt zum Abschluss gekommen, wobei man sagen müsse, dass es vermutlich nicht möglich sein werde, alle Schicksale vollständig aufzuklären. Jetzt sei allerdings der Zeitpunkt gekommen, diese Tafel in Auftrag zu geben. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass neben den Stolpersteinen eine Tafel zum allgemeinen Gedenken im Außenbereich der ehemaligen Synagoge angebracht werde. Bisher habe es Probleme mit der Hauseigentümerin gegeben, die jetzt allerdings durch den Eigentumsübergang ausgeräumt seien, so dass man über dieses Projekt nochmals neu nachdenken könne.

 

Zur Kunstkritik von Frau Prof. Wunn wies Bürgermeister Baxmann darauf hin, dass der Künstler von einem breiten Publikum bei zwei Ausstellungen hier in Burgdorf sehr viel Anerkennung gefunden habe. Es sei nicht unbedingt notwendig, dass ein Künstler eine hohe Reputation genieße und bei internationalen Ausstellungen gefragt sei. Klein könne in diesem Zusammenhang auch fein sein. Man habe sich mit dem Künstler ins Benehmen gesetzt, wobei es sich tatsächlich um eine Auftragsarbeit handele. Man wolle ja gerade authentisch sein und für Burgdorf eine Form des Gedenkens finden, die der Stadt und den ehemaligen jüdischen Mitbürgern angemessen und würdig sei. Der erste Entwurf des Künstlers habe nicht den Vorstellungen entsprochen. Man habe dann unter Beteiligung weiterer kompetenter Personen, u.a. auch von Herrn Dr. Klahr, zusammen mit dem Künstler eine breite Diskussion begonnen, wobei auch die künstlerische Identität gewahrt worden sei. Der jetzt vorgestellte Entwurf sei seines Erachtens ausgesprochen gelungen, auch wenn er vermeintlich - wie es hier formuliert wurde - künstlerischen Anforderungen nicht genügen könne. Zu der Frage, ob die Gedenktafel im Schloss richtig sei, vertrete er die Auffassung, dass es darauf ankomme, das Gebäude zu beleben. Insoweit sehe er den Standort als passend an.

 

Frau Meinig stellte fest, dass Einigkeit im Rat darüber bestehe, dass die Gedenktafel richtig und gewollt sei. Die Berufung eines anderen wesentlich renommierteren Künstlers hätte dazu geführt, dass die Gedenktafel wesentlich teurer geworden wäre. Der Ausschuss für Schule, Kultur und Sport habe dem künstlerischen Entwurf zugestimmt, da das würdige Gedenken in dieser Form sehr überzeugt habe. Der Anteil der Stadt sei angemessen, da ein Großteil der Kosten durch Spenden oder Sponsoren aufgebracht werden müsse. Der Standort sei richtig, da das Schloss Belebung benötige.

 

Herr Pilgrim befand den Standort als in Ordnung. Bei derartigen Projekten sei immer auch eine gewisse soziale Kontrolle notwendig. Es sei angedacht, dass u.a. Schulklassen hier herkommen könnten, es würden Vitrinen mit weiteren Exponaten aufgestellt und Informationen dazu bereitgehalten. Dies biete für die Besucher ein lebendiges ‚Kennenlernen’ der Burgdorfer Vergangenheit. Ferner warne er davor, den Künstler derart abzuqualifizieren. Der Künstler sei im Fachausschuss gewesen, das Projekt sei mehrfach verändert worden. Das jetzt vorliegende Ergebnis sei insoweit in Ordnung. Hinsichtlich der Finanzierung müsse er daran erinnern, dass bei der Aktion Stolpersteine bereits mehr gesammelt worden sei als man für die nächsten Steine benötige. Eine derartige Aktion könnte man bezogen auf die Gedenktafel fortführen, um nicht nur Sponsorengelder von Banken und anderen Großsponsoren zu sammeln, sondern auch die Bürger zu beteiligen.

 

Herr Morich nahm den Künstler gegen Kritik in Schutz und bezeichnete die Idee als längst überfällig, zumal auf dem Kunstwerk die Namen der ehemaligen jüdischen Mitbürger aufgeführt seien.

 

Herr Obst bezeichnete es als unverständlich, in welcher Art und Weise Frau Prof. Wunn den Künstler hier kritisiert habe. Kunstgeschmack sei unterschiedlich und Kunstwerke würden von den Betrachtern ganz individuell wahrgenommen. Der Künstler habe nach den Beratungen im Fachausschuss seinen Entwurf mehrfach geändert und dies sollte in dieser Form jetzt auch akzeptiert werden. Bereits vor Jahren habe das Gymnasium die Geschichte der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und des jüdischen Friedhofs aufgearbeitet und im Rahmen von Ausstellungen seien auch immer wieder im Museum geschichtliche Ausarbeitungen über die verfolgten ehemaligen jüdischen Mitbürger dargestellt worden. Insoweit habe das Erinnern in Burgdorf nicht erst seit dem Jahr 2004 begonnen. Auch bisher habe es eine etwas kleine Informationstafel an der ehemaligen Synagoge gegeben. Die jetzt geplante sehr große Tafel mit Informationen über die Geschichte und den Werdegang des Hauses halte er allerdings für überzogen. Die CDU-Fraktion sei der Auffassung, dass die geplante allgemeine Gedenktafel überfällig sei. Hinsichtlich der finanziellen Beteiligung werde man im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für eine angemessene Beteiligung der Stadt sorgen.

 

Herr Lüddecke bat den Bürgermeister noch einmal zu prüfen, ob der Ort für die Anbringung der Gedenktafel zwischen diesen beiden Türen geeignet sei oder ob es nicht noch einen besseren Platz im Schloss gebe.

 

Frau Prof. Wunn betonte, dass sie sich in Kunstfragen durchaus als kompetent erachte, zumal sie sich bei dem Kunstprofessor Fricke aus Ahrbeck diesbezüglich sachkundig gemacht habe. Sie halte es für erforderlich, dessen Meinung hier kund zu tun, da es durchaus Kriterien für künstlerische Qualität gebe und das in Aussicht genommene Kunstwerk diesen Anforderungen nicht genüge. Mit ihrer Meinungsäußerung habe sie jedoch nicht die Absicht verbunden, den Fortgang des Projekts weiter zu verzögern. Insbesondere habe sie auch niemanden beleidigen wollen.

 

Herr Fleischmann gab zu bedenken, dass er es als positiv empfinde, wenn auch einmal ein ambitionierter Nachwuchskünstler eine Chance erhalte und nicht immer Künstler ausgewählt würden, die ohnehin schon bekannt genug seien.

 

Bürgermeister Baxmann machte deutlich, dass es auch für künstlerische Arbeit Wert- und Qualitätsmaßstäbe gebe, d.h. Kunst dürfe nicht der Beliebigkeit ausgesetzt werden. Es sei allerdings schwierig, Wertmaßstäbe allgemeinverbindlich zu definieren.

 

Nach Beendigung der Diskussion fasste der Rat mit 21 Ja-Stimmen und 11 Stimmenthaltungen den nachfolgenden Beschluss:

 

Für die Erstellung einer Gedenktafel im Burgdorfer Schloss wird über den Haushalt 2008 ein Betrag in Höhe von 6.000,00 € zur Verfügung gestellt.