Herr Plaß übergibt das Wort an Herrn Dr. von Waldthausen.

 

Herr Dr. von Waldthausen erläutert, dass er mit seinem Vortrag eine Grundlage für eine politische Entscheidung geben möchte. Es wird schwierig werden, die „richtige“ Entscheidung zu treffen. Jeder kann sich eine Meinung bilden, jedoch gibt er zu bedenken, dass es verschiedene Meinungen geben wird. Da es sich beim Thema Straßenausbaubeiträge um eine politische Entscheidung handelt, wird er am Ende seines Vortrages keine Empfehlung abgeben. Er hofft jedoch, dass er eine gute Grundlage für die weitere Diskussion geben kann.

 

Herr Dr. von Waldthausen zeigt anhand einer Präsentation, die als Anlage dem Protokoll beigefügt ist, die derzeit diskutierten Varianten zur Finanzierung von straßenbaulichen Maßnahmen auf.

 

Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die erstmalige Herstellung einer Straße im Neubaugebiet ist unstrittig und steht nicht zur Diskussion. Ebenso werden Instandhaltungsmaßnahmen nicht betrachtet, da diese nicht beitragspflichtig sind und sowieso vom Steuerhaushalt getragen werden.

 

Bei der Finanzierung von straßenbaulichen Maßnahmen stellt sich die Frage, wer die Kosten trägt. Ob das Land oder der Bund sich an diesen Kosten beteiligen wird, bleibt fraglich. Weiterhin ist zu klären, ob die Kosten von mehreren zu tragen sind oder nur von einem kleinen Kreis Beitragspflichtiger. Herr Dr. von Waldthausen stellt fest, dass die Finanzierung über den Steuerhaushalt der größtmögliche Verteilungskreis wäre.

 

I. Zunächst erläutert Herr Dr. von Waldthausen die Finanzierungsmöglichkeit über die Grundsteuer und weist auf folgendes hin:  

-      Die Grundsteuer wird zweckfrei erhoben und ist daher nicht an die Finanzierung bestimmter Maßnahmen gebunden.

-      Die Anhebung der Grundsteuer kann im Rahmen der Regionsumlage eine Rolle spielen. Gerade wenn mehrere Kommunen überlegen, die Grundsteuer anzuheben.

-      Das Bewertungssystem der Grundsteuer wird derzeit überarbeitet. Eine abschließende Entscheidung muss im Laufe des Jahres getroffen werden.

-      Die Grundsteuer wird zwar vom Eigentümer gefordert, jedoch wird diese über die Nebenkosten an Mieter weitergegeben.

 

Herr Hinz berichtet, dass der Städtetag zu diesem Thema ebenfalls in einer Veranstaltung informiert hat. Dort wurde mitgeteilt, dass die Kommunalaufsicht im Rahmen eines defizitären Haushaltes die Pflicht zur Erhebung von einmaligen Straßenausbaubeiträgen aufgeben kann.

 

Herr Dreeskornfeld bemängelt, dass ihm die Pro-Argumente für die Grundsteuer im Vortrag fehlen. Er weist darauf hin, dass der Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (Strabs) von seiner Partei gestellt wurde. In dem Rahmen wurde vorgeschlagen, die Steuer anzuheben. Da man in Burgdorf noch am Anfang der Diskussion ist, könnte man sicherlich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zur Grundsteuerbemessung abwarten.

 

Herr Dr. von Waldthausen weist erneut darauf hin, dass er keine Empfehlung abgeben und sich auch nicht in die Diskussion einmischen wird. Er möchte lediglich Informationen zu dem Thema geben.

Ein Vorteil der Grundsteuererhebung ist, dass es eine geringe Belastung für den Einzelnen gibt.

 

Herr Nijenhof befürwortet die Strabs grundsätzlich nicht. Allerdings gibt es auch keine „richtige“ Lösung. Wenn in allen Kommunen die Strabs diskutiert wird, besteht vielleicht doch die Chance, dass das Land sich an den Kosten beteiligt. Herr Nijenhof möchte jedoch nicht, dass Löcher auf den Straßen entstehen, weil die Finanzierung der straßenbaulichen Maßnahmen ungeklärt ist.

 

Herr Dr. von Waldthausen weist darauf hin, dass Kommunen zur Sparsamkeit, aber auch zur Wirtschaftlichkeit angewiesen sind. Wenn man keine Straßenbaumaßnahmen durchführt, ist das sicherlich sparsam. Jedoch können grundsätzliche Erneuerungsmaßnahmen die wirtschaftlichsten Maßnahmen sein. Dies gibt er zu Bedenken.

 

II. Einmalige Straßenausbaubeiträge

 

Herr Dr. von Waldthausen erläutert, dass es keine Pflicht zur Erhebung von Strabs gibt. Allerdings dürfen Kredite erst aufgenommen werden, wenn die sonstigen Einnahmen ausgeschöpft sind, und dazu gehören die Strabs.

Es ist richtig, dass die Kommunalaufsicht einschreiten kann, gerade wenn es darum geht, Kredite aufzunehmen, obwohl die Strabs abgeschafft wurden.

 

Die Aufgabe der Straßenbaumaßnahmen ist die Erhaltung der Erschließung und daraus entsteht der Vorteil für den Eigentümer.

 

Bei einer Anliegerstraße werden die Anlieger mit 75% an den Ausbaukosten beteiligt. Um den Anliegeranteil zu senken könnte man überlegen, diesen Anteilssatz zu reduzieren. Die Stadt Hannover hat diesen Weg ausprobiert, und den Anliegeranteil bei einer Anliegerstraße mit weniger als 75% angesetzt. Jedoch wurde gegen die Abrechnung geklagt. Das Vorteilsprinzip aus § 6 des Nds. Kommunalabgabengesetzes (NKAG) ist zu beachten. Die Einstufung einer Straße richtet sich nach dem Ziel- und Quellverkehr. Eine Sackstraße, die eindeutig eine Anliegerstraße ist, kann daher nicht zur Durchgangsstraße werden. Das Ermessen des Rates wird hier durch gesetzliche Regeln eingeschränkt. Dies hatte das Gericht in der Klage gegen die Stadt Hannover bemängelt.

 

Die Belastung bei den Strabs kann in Einzelfällen sehr hoch ausfallen. Problematisch wird dies z. B. bei Rentnern mit wenig Einkommen. Daher muss überlegt werden, wie man in diesen Fällen als Kommune den Beitragsschuldnern entgegenkommen kann.

 

Herr Dr. von Waldthausen schlägt daher vor, Straßenausbaumaßnahmen zeitnah abzurechnen. Das Verständnis der Anlieger ist eher vorhanden, wenn man den Neubau direkt vor Augen hat. Eine Abrechnung nach vielen Jahren bringt oftmals Eigentümerwechsel mit sich. Dieser hat dann wenig Verständnis für die Abrechnung eines Ausbaues, der schon mehrere Jahre zurückliegt.

Weiterhin schlägt er vor, die Möglichkeit der Ablösungsverträge zu nutzen. Zwar bleibt hier das Problem des einmaligen Beitrages, jedoch kann man die Zeitschiene flexibel gestalten. Solange die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden ist, kann man Raten vereinbaren. Um die Entstehung der Beitragspflicht zugunsten der Anlieger zu verzögern, diese entsteht erst mit der endgültigen Fertigstellung der Baumaßnahme, könnte man z. B. die Straßenbäume erst später pflanzen. Dies kann bereits über das Ausbauprogramm festgelegt werden.

 

Als weitere Möglichkeit könnte man die Stundungsvoraussetzungen anpassen. Bei der aktuellen Verzinsung von 6% ist jeder Bankkredit günstiger.

 

Frau Frick erkundigt sich, wer im Rahmen der Ablösung bei einem Eigentümerwechsel zahlen muss. Herr Dr. von Waldthausen antwortet, dass grundsätzlich der Vertragspartner zur Zahlung verpflichtet ist.

 

Herr Nijenhof verweist auf einen Zeitungsartikel, wobei darüber berichtet wird, dass das Lehrter Krankenhaus einen hohen Straßenausbaubeitrag zu zahlen hat. Vorgeschlagen wird darin, dem Krankenhaus den Beitrag zu erlassen. Er fragt sich, wie man mit solchen Vorschlägen umgeht.

Herr Dr. von Waldthausen rät davon ab, Wirtschaftsförderung über das Abgabenrecht zu tätigen. Jedoch kann von der Politik eine Förderung beschlossen werden, wovon meist allerdings Abstand genommen wird.

 

Herr Morich gibt zu bedenken, dass bei Abschaffung der Beiträge die Erwartungshaltung der Bürger steigt. Wenn alle über die Grundsteuer herangezogen werden, möchte auch jeder seine Straße erneuert haben.

 

Als weiteren Hinweis spricht Herr Dr. von Waldthausen die Fälligkeit des einmaligen Straßenausbaubeitrages an. In der Regel wird der Beitrag laut Satzung einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides fällig. Im Straßenausbaubeitragsrecht gibt es dazu keine gesetzliche Regelung. Diese wurde analog des Erschließungsbeitrages meist übernommen. Hier könnte man als Rat eine andere Regelung beschließen.

 

III. Wiederkehrende Beiträge

 

Bei der Festsetzung von wiederkehrenden Beiträgen (wkB) sind zunächst Erhebungsgebiete zu bilden. Wenn eine Straße in diesem Gebiet erneuert wird, werden auch alle Eigentümer in diesem Gebiet zur Zahlung eines Beitrages herangezogen. Vorteil hierbei ist, dass der Kreis vergrößert wird, der für einen Ausbau einer Straße zahlen muss.

 

Das Grundprinzip der wiederkehrenden Beiträge ist sehr einfach. Allerdings gelten diese nur für Anbaustraßen. Problematisch wird es bei wkB im Außenbereich, diese können für solche Grundstücke nicht festgesetzt werden.

Herr Dr. von Waldthausen erläutert, dass die Erhebung von einmaligen Beiträgen auch bei wkB nicht ausgeschlossen ist. Man könnte außerhalb des Erhebungsgebietes trotzdem noch einmalige Beiträge erheben.

 

Das gesamte Stadtgebiet als Abrechnungsgebiet festzulegen ist nicht möglich. Auch beim wkB muss ein sog. individueller Sondervorteil gegeben sein. Daher kann man unterschiedliche Gebiete nicht zu einem zusammenfassen. Als Beispiel nennt Herr Dr. von Waldthausen, dass Wohngebiete nicht mit Gewerbegebieten zusammengelegt werden dürfen, da diese von unterschiedlicher Struktur sind. Ebenso sind die Gebiete in Innen- und Außenbereich zu trennen.

Bei den wkB ist die rechtssichere Bildung der Abrechnungsgebiete die größte Schwierigkeit. Allerdings ist die Akzeptanz beim Bürger größer, da der Betrag niedriger ausfällt.

 

Herr Dr. von Waldthausen gibt zu bedenken, dass es noch keine Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgericht zu den wkB gibt.

 

Der Gemeindeanteil sollte mindestens 20% betragen. Weiterhin ist zu beachten, dass die Datenerhebung und –pflege ggf. eine Personalaufstockung erfordert.

 

Herr Schulz erkundigt sich, ob man die Anlieger an klassifizierten Straßen bei den wkB außen vor lassen kann. Herr Dr. von Waldthausen antwortet, dass dann die Gefahr der Klage besteht. Jemand aus dem Abrechnungsgebiet könnte gegen die Festlegung des Gebietes klagen und hätte damit sicher Erfolg.

 

Ein Nachteil für Gewerbebetriebe ist, dass sie bei jeder Straße im Abrechnungsgebiet mit dem Gewerbezuschlag herangezogen werden.

 

Herr Dr. von Waldthausen weist darauf hin, dass bei einer Umstellung auf den wkB ein „Zurück zu einmaligen Straßenausbaubeiträgen“ nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Daher sollte man sich im Vorfeld ausreichend Gedanken machen.

 

IV. Allgemeine Fragen

 

Herr Köneke erkundigt sich, ob in Einzelfällen eine zinslose Stundung möglich ist. Dies verneint Herrn Dr. von Waldthausen. Eine Billigkeitsentscheidung, worunter eine Stundung fällt, ist an bestimmte Regeln gebunden. Die Möglichkeiten sind hier sehr eingeschränkt. Er schlägt vor, in solchen Fällen lieber die Ablösung anzubieten. Es kann auch eine Vorausleistung erhoben werden, die sich über mehrere Jahre erstreckt. Dies sind rechtlich sichere Varianten.

 

Herr Baxmann bittet die Ausschussmitglieder darum, sich für eine Entscheidung Zeit zu nehmen. Dies ist seines Erachtens aus dem Vortrag deutlich hervorgekommen. Alle Vor- und Nachteile sollten abgewogen werden, anstatt eine übereilte Entscheidung zu treffen. Es sind sich alle darüber einig, dass eine sozial verträgliche Lösung gefunden werden soll. Eine Möglichkeit wäre, die Strabs mit günstigeren Zahlungsmodalitäten für den Bürger zu behalten. Bei der Variante der Grundsteueranhebung sollte bedacht werden, dass es unsicher ist, wie sich die Bemessungsgrundlage entwickelt. Aus Springe kann er berichten, dass es dort Probleme bei der Umsetzung gibt. Diese bestehen in der Festlegung der Abrechnungsgebiete sowie bei der Ermittlung aller erforderlichen Daten, wie z. B. die Geschossigkeit der Gebäude. Hinweisen möchte er auch darauf, dass sich die Stadt Springe die Unterstützung des Städtetages gesichert hat. Dieser übernimmt die Prozesskosten, die bei Klagen gegen den wkB entstehen.

 

Ein Bürger erkundigt sich nach der Verteilung innerhalb des Abrechnungsgebietes. Herr Dr. von Waldthausen erläutert, dass die Verteilungsregelung in der Satzung festgelegt wird. In der Regel sind die Größe des Grundstückes sowie das Maß und die Art der Nutzung ausschlaggebend.

 

Ein weiterer Bürger stellt fest, dass es nicht einfach ist, den richtigen Weg zu finden. In neuen Baugebieten gibt es meist keinen richtigen Gehweg mehr. Somit muss die Herstellung nicht von den Anliegern gezahlt werden und müssen diesen auch nicht räumen bzw. säubern. Daher tendiert er eher zu den wkB. Allerdings findet er die Anhebung der Grundsteuer einfacher.

 

Herr Dr. von Waldthausen bestätigt, dass die Umsetzung einer Grundsteuererhöhung einfach ist. Bei den wkB muss man aufpassen, wie man das Abrechnungsgebiet festlegt. Besonders eignen würden sich sog. Siedlungsblasen. Als Beispiel nennt er hier den „Lahberg“ in Engensen. Dieser Bereich eignet sich wunderbar für ein Abrechnungsgebiet im Zuge der wkB.

 

Es kommt die Frage auf, ob ein wkB in einer gleichbleibenden Höhe immer wieder festgesetzt werden kann. Dies verneint Herr Dr. von Waldthausen. Die Höhe des wkB richtet sich nach dem konkreten Ausbauaufwand. Und dieser ist immer abhängig davon, wie viele Straßen in dem Gebiet erneuert werden. Daher kann nie der gleiche Beitrag herauskommen.

Ein gleichbleibender Betrag ähnelt wiederum einer Steuer und diese darf eine Kommune in der Art nicht erheben.

 

Ein Bürger findet, dass die Strabs aus Sicht der Bürger die ungerechteste Art von Einnahmen einer Kommune ist, die es gibt. Er bittet darum, dass sich die Politik nicht zu viel Zeit lassen soll, um eine Entscheidung herbeizuführen, damit der Bürger Sicherheit bekommt.

Er erkundigt sich, wie hoch die Beitragseinnahmen sind. Herr Herbst antwortet, dass die Einnahmen vom Aufwand abhängig sind. Durchschnittlich kann man von 350.000 € Beitragseinnahmen ausgehen. Der Bürger ist der Meinung, dass dies im Verhältnis zum städt. Haushalt ein geringer Betrag ist, der auch anders von der Stadt finanziert werden könnte.

 

Herr Köneke gibt zu bedenken, dass bei Beitragseinnahmen in Höhe von 350.000 € im Durchschnitt aber auch lediglich zwei Straßen erneuert wurden. Wenn weiterhin nur zwei Straßen pro Jahr erneuert werden, dauert es ewig, bis alle Straßen im Stadtgebiet erneuert werden. Da viele Straßen in den 1960er/70er Jahren entstanden sind, ist hier bald mit großen Erneuerungsmaßnahmen zu rechnen.

 

Herr Dreeskornfeld stellt fest, dass weiterer Gesprächsbedarf besteht. Die Politik sollte das Thema weiter behandeln und in den Fraktionen in der nächsten Zeit diskutieren.

 

Herr Baxmann schlägt vor, dass der Bürgermeister aus Springe eingeladen werden könne, um von seinen Erfahrungen zu berichten. In Springe wurde die Änderung durch Ratsentscheidung herbeigeführt.

 

Herr Schulz findet, dass der Vortrag sehr gut und ausgewogen war. Bei der Stadt stehen in den nächsten Jahren hohe Investitionen, gerade im Schulbereich, an. Daher hegt er keine große Hoffnung, dass vom Grundsteueranteil Mittel für straßenbauliche Maßnahmen abgezweigt werden können. Zumindest nicht in der erforderlichen Höhe, um alles zu finanzieren.

Er befürwortet, dass die Regelung zur neuen Grundsteuerbemessung abgewartet werden soll.

 

Herr Hinz weist darauf hin, dass ein wichtiger Aspekt ältere Eigentümer sind. Die Kommune muss den Straßenausbau finanzieren, aber auch für den Bürger erträglich und bezahlbar gestalten. Er stellt fest, dass vermutlich weiterhin zumindest anteilig Beiträge von den Anliegern gezahlt werden müssen.

 

Herr Plaß bedankt sich bei Herrn Dr. von Waldthausen für den ausführlichen Vortrag und schließt die Sitzung.